Schriesheim im Bild 2023

09.08.2008

Der gute Wein hält ihn gesund

Der gute Wein hält ihn gesund

Von Nicoline Pilz

Vor kurzem wurde Valentin Treiber eine Ehrung zuteil, die es bei der Winzergenossenschaft Schriesheim (WG) noch nie gegeben hat: Die Genossenschaft würdigte Treibers 60-jährige Mitgliedschaft, die der 84-Jährige schon von seinem Vater übernommen hat. "Er ist bislang der Einzige, der dieses Jubiläum feiern konnte", meint Harald Weiss. Der Geschäftsführer der WG, Valentin Treiber und die RNZ trafen sich kürzlich am Kuhberg in der "Steinschleife", wo der Nebenerwerbswinzer seinen Weinberg von 15 Ar im vergangenen Jahr an Sohn Gerhard übergab. Aber auch heute noch ist der 84-Jährige zwei oder drei Mal in der Woche im Wingert, um dort für rund drei Stunden zu arbeiten. Das hält ihn beweglich: "Nach Herzproblemen trinke ich nun auf Empfehlung einen halben Liter Wein täglich, und es geht mir gut."

Dann erinnert er sich an frühere Zeiten, als in den Weinbergen seiner Familie alles per Handarbeit erledigt werden musste. Vier Wingerte mit 40 Ar Anbaufläche, also 4000 Quadratmeter, – "das war viel". Landwirtschaft ernährte die Familie, und dabei waren die Kirschen die erste Einnahnmequelle. Gab’s in Dossenheim einen Pfennig mehr für das Kilo, pilgerte Treiber mit dem Handwagen dorthin, verkaufte seine Ware und lief wieder zurück. Egal, bei welchem Wetter.
Schon die Großeltern betrieben Weinbau, und Treiber denkt an die Zeiten zurück, als für den Eigenbedarf 1500 Liter Traubenwein gekeltert wurden. Jeder, der vorbeikam, hatte eben Durst und bekam ein Schlückchen ab. Früher wurden die Trauben von Mitgliedern der Winzergenossenschaft in den Weinbergen vor Ort gemahlen, das heißt, mitsamt Stiel durch die Mühle gedreht und dann eingemaischt. Ins Normfass der Winzergenossenschaft passten 420 Liter.

Zu den Nichtmitgliedern kamen die Wirte direkt auf den Wingert, um sich den Ertrag anzusehen, ihn zu verkosten und dann zu kaufen. Allerdings gibt es die Sorten "Blaufranken" und "Schwarzelbling", die Treiber damals anbaute, heute nicht mehr. "Heute sind die Sorten viel anspruchsvoller", meint Weiss. Und: Die Parzellen waren in jenen Tagen deutlich kleiner. Valentin Treiber lernte ursprünglich bei der Post, als er 1942 zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Er durchlief zahlreiche Ausbildungsgänge, war unter anderem bei der Luftwaffe und wurde doch nie an die Front geschickt. Grund dafür könnte sein, dass der junge Mann alleine war. Eltern und drei Geschwister starben früh, und als Treiber 1945 nach Hause kam, war er 21 Jahre alt und die Landwirtschaft lag danieder.

"Es war kein Vieh mehr da, nicht einmal ein einziger Rechen", erinnert er sich. Er nahm die Arbeit als Postler wieder auf und stieg nebenbei mit Ehefrau Dina in den Obstanbau ein. "Kirschen, Johannisbeeren, Zwetschgen und Himbeeren." Zunächst erledigten beide alles in Handarbeit, bis die handgeführten Motorgeräte als Hackersatz Einzug hielten. Mit den Zweitaktern knatterte man die Weinberge hoch und runter, die Abgase waren dabei beträchtlich. Neben aller Arbeit gab’s das Vergnügen: "Das Herbsten war ein Volksfest, und es wurde lange gefeiert", lächelt der dreifache Familienvater Treiber und denkt zurück an schön geschmückte Pferde mit ihren glänzenden Schellen.
Und was für Wein trinkt er selbst gerne? "Weißburgunder", meint er, worauf Weiss spontan zur kleinen Weinprobe lädt. Neben seiner langen Treue zur WG freut sich auch die Eintracht über seine Kameradschaft. Seit 62 Jahren singt er im Chor und ist zudem noch Mitglied im Obstbauverein.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung