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17.09.2008

Schlüter verurteilt Gewalt am Genmaisfeld

Schriesheim. (cab) Zum umstrittenen Dank von Landwirt und CDU-Altstadtrat Ludwig Jäck an das Wachpersonal am Ladenburger Genmais-Versuchsfeld (wir haben berichtet) äußern sich jetzt Schriesheims Grüne Liste sowie Bündnis 90/Die Grünen. Unverständnis zeigen die Wählervereinigung und die Partei vor allem über das Verhalten der Schriesheimer CDU sowie von deren langjährigem Fraktionschef im Gemeinderat, Siegfried Schlüter. Der Erste Bürgermeisterstellvertreter hatte Jäcks Aktion zugestimmt.

Dieser hatte den Sicherheitsleuten sechs Flaschen "Luisecco" vorbeigebracht, um ihnen dafür zu danken, dass sie am 7. September "privates Eigentum und die Freiheit der Wissenschaft" gegen Demonstranten des vierten "Sonntagsspaziergangs" geschützt hätten.

Zur Demo am Genmaisfeld hatten BUND, Grüne und Aktionsgemeinschaft Bürger für eine gentechnikfreie Landwirtschaft ("BürGenLand") aufgerufen. Dabei kam es zu Handgreiflichkeiten und körperlichen Attacken seitens des Wachpersonals, das die hartnäckigen Demonstranten an einem Weg durch das Feld nicht passieren lassen wollte. Auch die Polizei war vor Ort. In mindestens einem Fall ermittelt das Dezernat Staatsschutz beim Polizeipräsidium Mannheim.

Gisela Reinhard, die selbst bei der Demonstration war, betonte für Bündnis 90/Die Grünen, dass sowohl Zeitpunkt als auch Inhalte der Protestaktion bekannt gewesen seien. Die Demonstration sei angemeldet und genehmigt gewesen. Zu keinem Zeitpunkt habe die Freiheit der Wissenschaft geschützt werden müssen, da es auf dem Versuchsfeld gar nicht um Wissenschaft gehe, noch sei Privateigentum bedroht worden, so Reinhard. Eine Besetzung des Feldes sei nie geplant gewesen. Reinhard sagte: "Als Stadträtin bin ich schockiert über die Reaktion der örtlichen CDU auf das gewalttätige Verhalten des sogenannten ’Sicherheitsdienstes’". Die Schriesheimer CDU müsse erklären, ob das ihr neues Verständnis von Rechtsstaat und Schutz der Demonstrationsfreiheit sei, so Reinhard, die sich fragte, ob das künftig "die Basis demokratischen Miteinanders im Gemeinderat der Stadt" sein solle.

"Bedenklich, wie das Recht auf Meinungsfreiheit hier verletzt wurde", meinte Dr. Barbara Schenk-Zitsch für die Grüne Liste Schriesheim. Die "öffentliche Würdigung" der gesetzwidrigen Vorgänge am Genmaisfeld sei provokant. Es mache sie aber "sprachlos", so Schenk-Zitsch, dass die Aktion mit Schlüter abgestimmt gewesen sei: "Wie kann man eine solche Aktion tolerieren und sogar befürworten? Man muss sich doch über die Tragweite einer solchen Handlung im Klaren sein. Sie ist eines Demokraten unwürdig. Eine klare Distanzierung von dieser unangemessenen Aktion wäre dem Klima im Gemeinderat sicherlich förderlich", sagte die Stadträtin.

Schlüter schilderte die Sache gestern auf RNZ-Anfrage aus seiner Sicht. Jäck habe ihn gefragt, was er von der Aktion halte: "Und ich habe gesagt: ’Wenn du der Meinung bist. Warum nicht?’". Die Wachleute seien auf eine Diskussion mit den Demonstranten völlig unvorbereitet gewesen, so Schlüter: "Die müssen sich mit denen herumstreiten und werden dabei eigentlich alleine gelassen." Daher sei auch eine Anerkennung der Arbeit des Sicherheitsdienstes in Ordnung: "Und es ging doch darum zu zeigen, wie schade und schlimm es eigentlich ist, dass so ein Forschungsprojekt überhaupt bewacht werden muss", sagte Schlüter.

Von den Handgreiflichkeiten und der Anzeige habe er allerdings nichts gewusst, als er mit Jäck gesprochen habe, so der Erste Bürgermeisterstellvertreter: "Sonst hätte ich sicher anders reagiert. Unter diesen Umständen hätte man das nicht machen sollen", so Schlüter über Jäcks Aktion. Jede Art der Gewalt sei zu verurteilen, "und dass ich Gewalt nie gutheißen würde, sollte eigentlich bekannt sein", sagte Schlüter.

Für Bürgermeister Hansjörg Höfer ist das Thema mit dieser Stellungnahme seines Ersten Stellvertreters erledigt: "Denn er distanziert sich von der Gewalt." Schlüter könne man keinen Vorwurf machen. Er sei im Vorfeld vielleicht einfach "nicht gut informiert" gewesen.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung