Schriesheim im Bild 2023

11.10.2008

„Man muss den Verkehr besser verteilen"

Von Carsten Blaue.

Schriesheim-Altenbach. Der Branichtunnel kommt. Grund genug für die Fraktion von Altenbacher Liste (AL) und Freien Wählern (FW) im Ortschaftsrat, gemeinsam mit den Bürgern darüber zu beraten, wie Altenbach vor noch mehr Verkehr auf der Hauptstraße, der L 596, verschont werden kann – vor allem, was Lastwagen angeht. Daher laden AL und FW am Sonntag, 12. Oktober, ab 10.30 Uhr, zum Meinungsaustausch ins Sängerheim in Altenbach ein. Die RNZ sprach im Vorfeld mit Dr. Herbert Kraus und Alfred Burkhardt. Kraus ist niedergelassener Arzt in Altenbach sowie Ortschaftsrat und Stadtrat der FW, Burkhardt ist beruflich als Architekt tätig und ist FW-Stadtrat sowie Ortsvorsteher des Ortsteils.

Herr Burkhardt, wie stellt sich die Verkehrssituation auf der Altenbacher Ortsdurchfahrt heute dar?

Burkhardt: In den letzten Jahren hat der Verkehr zugenommen. Während der Stoßzeiten in den Morgen- und Abendstunden ist es schwer, über die Straße zu kommen.

Und Sie glauben, mit dem Branichtunnel wird das noch mehr?

Burkhardt: Auf jeden Fall. Der Tunnel wird Verkehr anziehen – gerade auch in der Freizeit an den Wochenenden. Aber wir freuen uns, dass der Branichtunnel kommt und die Talstraße entlastet wird. Er wird zudem für eine schnellere Anbindung des Vorderen Odenwalds an die Rheinebene sorgen.

Kraus: Wir, die Freien Wähler, haben uns immer für den Branichtunnel eingesetzt. Aber es muss uns als Altenbachern erlaubt sein, über die Folgen nachzudenken. Eine bessere Anbindung bedeutet nun mal mehr Verkehr. Jüngst haben es ja auch die Stellungnahmen von Bürgern in der Ortschaftsratssitzung gezeigt: Die Altenbacher sind besorgt. Wir suchen mit ihnen daher frühzeitig das Gespräch, um ihre Ideen zu sondieren.

Wo soll denn der zusätzliche Verkehr herkommen?

Burkhardt: Etwa aus Wilhelmsfeld, Schönau oder Altneudorf. Wer früher über Ziegelhausen fuhr, wird durch den Branichtunnel schneller die Autobahn erreichen.

Kraus: Uns geht es zudem um den Fernlastverkehr, der durch den Branichtunnel den Odenwald ansteuern wird. Wir müssen uns frühzeitig zusammensetzen, um darüber nachzudenken, wie wir Altenbach für Brummis unattraktiv machen.

Burkhardt: Schwerlastverkehr, der nicht nach Altenbach muss, soll eben auch nicht durch Altenbach fahren.

Wie wollen Sie denn erreichen, dass sich der Vekehr in Grenzen hält?

Kraus: Wir brauchen als innerörtliche Maßnahme eine Verkehrsberuhigung im Zuge der Umgestaltung des Ortsmittelpunkts. Aber auch außerörtlich muss etwas getan werden. Da werden wir gemeinsam mit der Verwaltung Jahre der Diskussionen brauchen, um die Verkehrsbehörde zu überzeugen. Es handelt sich bei der Ortsdurchfahrt und den Straßen nach Wilhelmsfeld ja um Landesstraßen.

Burkhardt: Es wird beispielsweise zu diskutieren sein, ob man die L 536 in Richtung Wilhelmsfeld besser ausbaut.

Um das Problem nach Wilhelmsfeld zu verlagern? Da dürfte es den nächsten Konflikt geben.

Burkhardt: Das sehe ich nicht. Wir wollen niemanden ärgern. Man darf aber auch die Autofahrer nicht schikanieren. Es geht darum, den Verkehr dort, wo er ankommt, gezielt zu lenken.

Kraus: Man muss den Verkehr einfach besser verteilen.

Wie kann man die Ortsmitte so gestalten, dass sie für den Durchgangsverkehr weniger attraktiv wird?

Burkhardt: Zum Beispiel durch optische Schwellen, wie Fahrbahnmarkierungen. Auch die Oberflächengestaltung der Straße ist wichtig, wobei ich mit einer Pflasterung vorsichtig wäre. Da bekommen wir ein Lärmproblem. Außerdem gibt es im Ortschaftsrat einen Konsens darüber, die Bushaltestellen auf beiden Seiten auf die Straße zu verlegen. Es gibt auch Möglichkeiten, auf die Geschwindigkeit der Autofahrer einzuwirken.

Kraus: Dieses Problem geht aber schon bei der Ortseinfahrt aus Richtung Wilhelmsfeld los. Auch dafür brauchen wir eine Lösung. Zu schnelles Fahren muss man in Zukunft einfach im Geldbeutel spüren.

Taugt denn die Verkehrsproblematik im Zuge des Tunnelbaus überhaupt zum Thema im Kommunalwahlkampf?

Burkhardt: Das ist kein Wahlkampfthema. Es gibt ja einen breiten Konsens.

Kraus: Dafür ist das Thema auch zu wichtig.

Wie weit sind Sie denn in der Planung des neuen Ortsmittelpunkts?

Burkhardt: Wir werden noch dieses Jahr über die fertige Entwurfsplanung reden. Mit der Schulhofgestaltung könnten wir nächstes Jahr beginnen, und ich denke, wir müssen jetzt auch mal anfangen.

Das Ganze kostet aber eine Menge Geld. Woher soll die Stadt das nehmen?

Kraus: Über fünf oder sechs Haushaltsjahre lässt sich das alles finanzieren. Früher ist der Tunnel auch nicht fertig.

Burkhardt: Wobei die Altenbacher Ortsmitte früher abgeschlossen sein sollte. Wir haben in den letzten Jahren keine überzogenen Forderungen gestellt. Daher muss man jetzt auch mal eine Priorität auf Altenbach setzen. Die Zeit ist reif. Dafür muss Schriesheim eben auch mal etwas zurückstehen.

Ist es nicht unrealistisch zu glauben, dass Bund oder Land für Verkehrsmaßnahmen rund um Altenbach Geld in die Hand nehmen?

Burkhardt: Hätten Sie gedacht, dass der Tunnel kommt?

Hätte man die verkehrstechnischen Folgen des Tunnelbaus nicht gleich damals im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens mitberücksichtigen müssen?

Burkhardt: Das ist vollkommen richtig. Wie sich der Tunnel auswirken würde, wurde überhaupt nicht zu Ende gedacht.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung