Schriesheim im Bild 2023

06.06.2009

In den Weinbergen blüht es kräftig

Von Nicoline Pilz.

Es gibt Rebstöcke, die sehen aus wie dicke Knorren, ehrfurchtgebietende, gerade Stämme aus festem Holz: "Die sind bestimmt 40 Jahre alt", bemerkt Harald Weiss. Der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Schriesheim (WG) ist mit der RNZ in den Weinbergen am Dossenheimer Ölberg unterwegs. Winfried Krämer, der größte Winzer in der WG und deren Aufsichtsratsvorsitzender, ist dabei. Neben den alten Veteranen stehen ein Stückchen weiter oberhalb zarte Stöcke auf einem Jungfeld. Hier hat Krämer vor kurzem den Hang mühsam geglättet und dabei zig Kubikmeter Erde bewegt, um die Parzelle neu anlegen zu können.

Wie die neuen Stöcke im nächsten Jahr aussehen werden, sieht man am Nachbarfeld. Den "Sauvignon Blanc" hat Krämer im letzten Jahr gepflanzt, und die Reben sind zu seiner Freude "extrem gut gewachsen". Wichtig ist, dass die Stämme gerade bleiben, weshalb sie immer wieder geheftet und gebunden werden. Weiss zollt Respekt: "Da stecken viel Liebe und Arbeit drin."

Das Schöne an Schriesheims Weinbergen ist ihre Lage von der Ebene hoch bis in die Vorberge. Das hat schon etwas Romantisches, wenn hinter den akkurat angelegten Feldern Wald und Wildnis beginnen. Der Urwald aus Beerenhecken und Gebüsch ist den Winzern aber ein Ärgernis. "Dort heraus kommen die Wildschweine, die auf unseren Weinbergen viel Schaden anrichten", beklagt Krämer. Nur die besten Trauben sind den Wutzen gut genug, doch die Wildschweinproblematik will die WG nun gemeinsam mit den Jägern angehen.

In den Weinbergen blüht es derzeit schon kräftig: Mehr als 50 Prozent der Reben sind dabei. "Der Austrieb war recht früh, obwohl der Winter so lang war", schildert Krämer. Doch die Übergangszeit von Minusgraden bis auf 25 Grad an Ostern war kurz, der Austrieb dann umso stürmischer. Innerhalb von einer Woche gab’s die erste Blattentfaltung. "Wir müssen die Triebe jetzt in die Drahtrahmen einbringen", sagt Krämer. Nach dem Rebschnitt im Winter sind das die Arbeiten, die aktuell anstehen.

Kümmer- und Doppeltriebe sind bereits von Hand entfernt, die Stämme geputzt. Aber hier muss immer wieder nachgebessert werden. Winfried Krämer kontrolliert den Boden: Im Sauvignon-Jungfeld lugen erste Grashalme und der Steinklee hervor, der zur Bodenverbesserung ausgesät wurde. Das "Gipfeln", der Beschnitt der Laubwand, erfolgt so spät wie möglich.

"Unser Anliegen ist es, die Qualitätsbestrebungen der WG tatkräftig zu unterstützen", betont der Winzer. Zur Qualitätsförderung gehört es beispielsweise, die Trauben des Grauburgunders zu halbieren, um den Ertrag zu begrenzen und Fäulnis keine Chance zu geben. Durch den Schnitt kommt Luft an die Fruchtstände – beim Wachsen können sich die Trauben gegenseitig nicht mehr abdrängen und faulen. "Wenn es der WG gut geht, geht es den Winzern gut, weil der Verkauf stimmt." Weiss ergänzt: "Das ist das, was wir alle in den letzten Jahren zusammen entwickelt haben – unser Sortiment geht über den Standard hinaus."

Schriesheims Weinberge sind nicht so leicht zu bearbeiten wie die Anlagen in der Rheinhessen-Ebene. Doch die WG füllt mit ihren Winzern eine Nische und bedient Kunden am Markt, die hochwertige Sorten wollen. Trotz des Einsatzes von Maschinen bleibt in Schriesheim viel Handarbeit übrig. Regelmäßige Rebrundgänge, Schulungsrundgänge mit der Weinbauberatung ("Weinbauinstitut on tour") sind Teil des Qualitätsprogramms. "Vier Rundgänge sind bereits gelaufen", sagt Weiss.

Als Winfried Krämer, Vater von Ex-Weinkönigin Christina, 1980 in den Familienbetrieb (Weinbau, Obst, Tabak, Mais und Vieh) einstieg ("mein Opa hatte bereits Weinberge"), betrug die Rebanbaufläche 1,8 Hektar. Heute sind es mehr als 25 Hektar und mehr als 60 Parzellen. 6000 junge Stöcke kamen in diesem Frühjahr in den Boden. "Bei zwei Leuten macht das 3000 Mal bücken – das gibt Muskelkater", schmunzelt Krämer. Zum Betrieb, der als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts geführt wird, gehören Ehefrau Ilse, inzwischen auch Tochter Christina und Schwiegersohn Frank. Zu den Hauptsorten gehören Spätburgunder auf neun Hektar, Riesling mit sieben Hektar und Grauburgunder auf fast zwei Hektar Anbaufläche.

Spezielle Weißweinsorten sind Silvaner, Sauvignon Blanc und Chardonnay, beim Rotwein Dornfelder und St. Laurent. Der Silvaner, ausgezeichnet mit einer Goldmedaille, ist etwas Besonderes: Derzeit begleitet er höchst geschmackvoll das königliche Gemüse Spargel, andererseits ließ er sich vor nicht allzu langer Zeit vor dem Aussterben "retten". Ein hochwertiger Wein, der allerdings im Ertrag streng begrenzt wird. "Der Erfolg gibt uns recht", meint Krämer.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung