Schriesheim im Bild 2023

13.08.2009

„Wir denken bestimmt nicht nur an uns"

Von Carsten Blaue.

Schriesheim. Die große Terrasse des Clubhauses hat sich ziemlich schnell gefüllt. Es ist kurz nach sechs an jenem Donnerstagabend vor einer Woche. Die Sonne scheint noch warm herab aus einem dunkelblauen Himmel. Nur einer der acht Plätze des Tennisclubs Schriesheim (TCS) ist nicht belegt, wobei gerade zwei Herren auf dem Weg in Richtung Court sind. Damit sind dann alle Plätze voll. "Hier ist um diese Zeit in den Ferien wesentlich mehr Betrieb als noch vor ein paar Jahren", sagt TCS-Vorsitzender Michael Henseler. Im RNZ-Gespräch kritisiert er, dass sich in der Frage der Sozialunterkünfte am Wiesenweg nichts bewegt. Deren Zukunft ist mit der nötigen Court-Erweiterung des TCS verbunden.

Herr Henseler, ganz schön was los hier. Ich dachte, in den Ferien ist es ruhiger.

Abends ist es auf der Anlage immer voll. Und in der Schulzeit haben Sie um diese Zeit sowieso keine Chance mehr ohne längere Wartezeit einen Platz zu kriegen. Drei Plätze sind ja alleine jeden Tag für das Training der Tennisschule Thorsten Wolff reserviert.

Das ist sicher frustrierend, wenn man hier spielen will.

Zumal die Jugendlichen inzwischen immer später spielen, weil sie eben auch später aus der Schule kommen. Und das kollidiert dann mit den Erwachsenen, die am Feierabend spielen wollen.

Sie haben ja schon öfter darauf hingewiesen, dass Sie dringend zwei Plätze mehr bräuchten. Wird das Problem des TCS vom Rathaus und vom Gemeinderat zu wenig ernst genommen?

Absolut! Wir haben rund 530 Mitglieder und spielen auf acht Plätzen. Dossenheim hat elf Plätze, Leutershausen hat zwar auch acht, aber rund 200 Mitglieder weniger als wir. Das gibt’s eigentlich gar nicht, unter welchen Umständen wir hier erfolgreiche Vereinsarbeit leisten.

Es ist ja allgemein bekannt, dass Ihr Problem mit der Zukunft der Sozialunterkünfte, den "Hollandhäusern" am Wiesenweg, zusammenhängt. Denken Sie in dieser Frage zu sehr an sich?

Genau das Gegenteil ist doch der Fall! Wir sind es doch, die zuletzt gemeinsam mit dem Push-Verein und dem Jugendgemeinderat eine mögliche Lösung für uns, für die Jugendlichen und für die Obdachlosenunterkünfte vorgeschlagen haben!

Schon klar. Sie haben vor Wochen angeregt, entlang des Ladenburger Fußwegs etwa die Hälfte der Bedürftigen in festen, neuen Häusern unterzubringen und die übrigen Bewohner der "Hollandhäuser" an anderen Stellen im Stadtgebiet, also dezentral. Der Push-Verein müsste etwas Gelände abgeben, und Sie könnten im Nordwesten erweitern. Nur hat man von diesem Vorschlag seitdem nichts mehr gehört.

Das liegt nicht an uns, wir haben alle Fraktionen und die Verwaltung über unsere Idee informiert.

Was wurde daraus?

Nichts. Es kam nichts zurück. Null. Unsere Idee wurde komplett ignoriert.

Was schließen Sie daraus?

Dass das ganze Thema entweder nicht ernst genommen oder ausgesessen wird. Wir wissen nur, dass der Gemeinderat einhellig gegen Massivbauten für die Sozialhäuser hier im Sportzentrum ist und dafür eine Verteilung der Bewohner in der Stadt will. Dieser Ruf nach einer dezentralen Lösung ist aber nur ein Argument, um das Ganze noch weiter vor sich her zu schieben. Denn so eine Variante wird sich niemals realisieren lassen! Höchstens teilweise. Daher unser kombinierter Vorschlag aus Massivbauten und dezentraler Unterbringung. Solange sich der Gemeinderat für so eine Lösung nicht offen zeigt, ist das Thema tot.

Welchen Eindruck haben Sie von der Verwaltung bezüglich dieser Sache?

Im Winter vor zwei Jahren hieß es noch in einer dramatischen Rede des Bürgermeisters, dass es bei den Obdachlosenunterkünften auch aus Sicherheitsgründen schnellstens und dringend Handlungsbedarf gebe. Seitdem ist nichts passiert außer Flickschusterei. Lassen Sie da unten in den Häusern mal was passieren! Können Sie sich vorstellen, was dann los ist? Noch einmal: Wir denken in dieser ganzen Sache bestimmt nicht nur an uns. Aber wir erinnern uns eben auch an die Zusagen der Verwaltung, dass die Fläche der Obdachlosenunterkünfte nach der Zeit des Provisoriums mit den "Hollandhäusern" unsere Erweiterungsfläche ist.

Wie ist Ihr Draht zu den Jugendlichen in der Nachbarschaft auf dem Push-Gelände?

Mit den Jungs kann man reden. Wir haben bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht. Wir waren uns sicher, dass wir mit der gemeinsam gefundenen Lösung weiterkommen, geht es doch auch bei uns um etwa 200 Jugendliche. Seitens der Verwaltung wurde ja immer vorgebracht, dass der Push-Verein gegen unsere Erweiterung sei.

Was verlangen Sie?

Dass das Thema endlich wieder auf die Tagesordnung des Gemeinderats kommt. Unser Verein wird in seiner sportlichen Entwicklung trotz der großen Erfolge eingebremst. Andere Vereine müssen was weiß ich für Anstrengungen unternehmen, um Mitglieder zu bekommen. Wir müssen uns über einen Aufnahmestopp Gedanken machen, wenn sich nicht bald was tut.

Aber bei der aktuellen Haushaltslage der Stadt wird es ohnehin keine großen Spielräume für Investitionen in neue Obdachlosenunterkünfte geben.

Das ist doch kein Argument! Das Geld dafür wurde doch schon vergangenes Jahr eingestellt. Abgesehen davon, zahlen wir unsere Plätze selber.

Wie lange werden Sie sich das jetzt noch anschauen?

Spätestens bis zum Beginn der nächsten Saison.

Und wenn bis dahin nichts passiert ist?

Unser neuer Trainer Thorsten Wolff hat Anfragen ohne Ende. Hier wird qualitativ hochwertig trainiert. Das sieht man alleine an den Mannschaftsergebnissen dieses Jahres und an den Erfolgen unserer Spieler, wie beispielsweise Christopher Merkel. Sollen wir einfach mit der Jugendförderung aufhören? Bei uns trainieren regelmäßig 170 Kinder. Bei der Grundschulkooperation waren dieses Jahr 160 Schüler dabei, das erste Ferien-Tenniscamp ist mit 50 Kindern voll, für das zweite gibt es schon 25 Anmeldungen. Das alleine zeigt, was sich bei uns im Jugendbereich tut. Da müssen wir dann vielleicht Abstriche machen.


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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung