Schriesheim im Bild 2023

12.07.2011

Kein Zentimeter mehr für die Gebäude

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Jetzt haben also die sogenannten Träger öffentlicher Belange das Wort. Im Rahmen der Offenlage der ersten Änderung des Bebauungsplans zur Zukunft des OEG-Areals können sie Bedenken und Anregungen vorbringen – wahrscheinlich ab 21. Juli und dann vier Wochen lang. Am Mittwochabend fand der Gemeinderat unterm Strich eine gemeinsame Linie, wie es mit den baurechtlichen Rahmenbedingungen für das 3,2 Hektar große Gelände rund um den Bahnhof weitergehen soll. Bei den Bauhöhen untermauerten die Stadträte ihre bisherige Linie: maximal 12,50 Meter und keinen Zentimeter mehr.

Von dieser Entwicklung zeigte sich der Investor der Wohnbebauung, die Bouwfonds Immobilienentwicklung GmbH, gestern irritiert: "Da wird es nicht ausbleiben, unsere komplette Investition nochmals zu überdenken", sagte der Leiter der Bouwfonds-Niederlassung Stuttgart, Antonius Kirsch.

Auch Bürgermeister Hansjörg Höfer folgte der Höhenbegrenzung des Gemeinderates und distanzierte sich damit von der eigentlichen Verwaltungsposition, die den Investoren technisch begründbare Erhöhungen der Gebäude eingeräumt hätte – plus 50 Zentimeter bei den Wohnhäusern von Bouwfonds, plus 1,25 Meter beim Ärztehaus von Burkhardt/Witteler. Höfer trug sogar mit, die Wohnungsbauten auf einem zunächst als Gewerbefläche ausgewiesenen Grundstücksteil auf zwei Geschosse zuzüglich Dachgeschoss zu reduzieren.

Höfer, SPD und Grüne (GL) hätten sich gewünscht, dass die Parkplätze im Erdgeschoss des Betreuten Wohnens von Burkhardt/Witteler nicht offen unter einer von Säulen getragenen Architektur angeordnet werden. Doch hier wurden sie von der Mehrheit von CDU, Freien Wählern (FW) und FDP überstimmt. Zuvor hatte es eine 45-minütige Sitzungsunterbrechung gegeben, in der sich die Fraktionssprecher und Höfer zurückzogen, um eine gemeinsame Linie zu finden. Union und FW bestanden danach aber darauf, das "Parken unter Stelzen" gesondert zu behandeln und nicht alle Anträge im "Paket" zu verabschieden.

Für Christian Wolf (GL) kam das überraschend: "Schade. Das wäre eine Chance gewesen." Auch Hans-Jürgen Krieger (SPD) schüttelte den Kopf und sagte zur CDU: "Wir haben eine wunderbare Kompromisslinie gefunden. Gehen Sie den Weg doch mit!" Doch CDU und FW bestanden auf der getrennten Abstimmung. Ebenfalls mit Billigung Höfers wurde die Verwaltung einstimmig aufgefordert, auf dem OEG-Areal nach weiteren Flächen für "Park+Ride"-Parkplätze zu suchen. Die 20 öffentlichen, südlich des Betreuten Wohnens vorgesehenen Stellplätze waren dem Gemeinderat zu wenig. Allerdings wurden die Fragen nicht fertig diskutiert, wo solche Parkplätze noch eingerichtet werden könnten und wer sie bezahlen soll.

Eingangs gab Höfer die Stellungnahmen der Schriesheimer Ärzte sowie den Brief der Bürger inhaltlich wieder, die gefordert hatten, bei einer maximalen Bauhöhe von 12,50 Metern zu bleiben und die Parkplätze unter Säulen zu verhindern. Zudem erläuterte er, dass der Fußweg zwischen Bahnhof sowie Ärzte- und Seniorenkomplex doch komplett erhalten bleiben soll.

Stadtbaumeisterin Astrid Fath begründete vor der Aussprache der Fraktionen noch einmal die von den Investoren gewünschten Gebäudeerhöhungen. Eine neue Garagenverordnung sowie der Einbau einer kontrollierten Lüftung nach den Standards der Energieeinsparverordnung 2009 seien die Ursachen bei den Wohnhäusern, technische Einbauten beim Ärztehaus. Beide Investoren würden wirtschaftlich nicht von höheren Baukörpern profitieren. Der Gemeinderat ließ sich davon nicht überzeugen.

"Wir sind äußert irritiert und enttäuscht über die im Gemeinderat getroffene Entscheidung", sagte Antonius Kirsch gestern über die Beschlüsse. Bouwfonds plant in Schriesheim bisher zwei Wohnquartiere mit insgesamt 14 Häusern und etwa 90 Wohnungen: "Inwiefern 50 Zentimeter mehr Gebäudehöhe, ausgelöst durch eine vom Gesetzgeber neu initiierte Garagenverordnung, eine solche Bedeutung bekommen, ist mir nicht ganz begreiflich", so Kirsch auf RNZ-Anfrage. Aber noch problematischer werde es im südlichen Bereich, "wo eine komplette Etage gestrichen wurde", sagte der Niederlassungsleiter. Dass Bouwfonds abspringt, ist jetzt nicht mehr ausgeschlossen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung