Schriesheim im Bild 2023

01.02.2013

"Es ist eine kleine Geste mit großer Wirkung"

Schriesheim. (cab) Geht es nach der FDP, dann werden Schriesheimer Bürger ausländischer Herkunft, die im Verlauf eines Jahres Deutsche wurden, künftig per Handschlag durch den Bürgermeister und Vertreter der Gemeinderatsfraktionen in die "politische Gemeinde aufgenommen" - und das im Rahmen der ersten Sitzung des Gremiums im darauf folgenden Jahr. Einen entsprechenden Antrag werden Stadtrat Wolfgang Renkenberger und FDP-Ortschef Ingo Kuntermann stellen (wir berichteten). Die RNZ sprach darüber mit den beiden Kommunalpolitikern.

Herr Renkenberger, Herr Kuntermann, was haben Sie für eine Auffassung von Integration, wenn ein ausländischer Mitbürger erst dann in die "politische Gemeinde" aufgenommen werden soll, wenn er Deutscher geworden ist?

Kuntermann: Das Kernproblem ist, dass es doch rein gar nichts in dieser Richtung gibt. Eine Einbürgerungsfeier gibt es nur vom Rhein-Neckar-Kreis. Davon bekommt man in den Heimatgemeinden der Neubürger aber nichts mit. Das wollen wir ändern durch eine Geste des Willkommens. Die Neubürger werden bekannt gemacht mit den Personen, die an der Spitze von Politik und Verwaltung stehen - und umgekehrt! Es geht um eine symbolische Handlung. Angenommen werden und mitmachen können.

Aber vielleicht brauchen Eingebürgerte so einen Akt gar nicht, weil sie sich längst in Schriesheim aufgenommen und zugehörig fühlen. Weil sie schon lange hier leben, arbeiten und sich in ihrer Freizeit einbringen?

Kuntermann: Mag sein. Vielleicht ist unser Antrag auch der Beginn einer Debatte, wie man mit Neubürgern künftig umgeht.

Sie sprechen die ganze Zeit von Neubürgern, also Zugezogenen. Sie meinen aber doch eigentlich Mitbürger, die Deutsche geworden sind.

Renkenberger: Vielleicht könnte man dieses Willkommen ja gleich um Neubürger erweitern. Auch sie sollte man in der Stadt begrüßen. Und was die Eingebürgerten angeht: Eine Aufnahme in die politische Gemeinde durch einen symbolischen Akt macht schon Sinn. Schließlich erlangen diese Mitbürger zugleich auch das Wahlrecht, das sie vorher nicht hatten.

Kuntermann: In unserem Antrag ist nichts in Stein gemeißelt. Wir sehen in dem Handschlag eine Möglichkeit, dass sich alle neuen Mitbürger angenommen fühlen können.

Sie sagen in der Antragsbegründung auch, durch den Handschlag verstärke sich das "positive, psychologische Moment" der Einbürgerung. Was meinen Sie denn damit?

Kuntermann: Ich glaube schon, dass den neuen deutschen Mitbürgern ohne ein solches Willkommen etwas fehlt. Es geht um das Zugehörigkeitsgefühl. Man begegnet sich auf Augenhöhe. Nehmen Sie als Beispiel den MGV Lyra, in dem ich singe. Ein neuer Sänger wird namentlich bei uns vorgestellt, und alle anderen klatschen. Sie begrüßen ihn. Dadurch entsteht Bindung. Man geht aufeinander zu.

Im Antrag ist von einer "symbolischen Handlung der Offenheit" die Rede. Wie "offen" ist eine Stadt, die ihre Bürger erst dann per Handschlag empfängt, wenn sie Deutsche geworden sind?

Renkenberger: Es ist jedenfalls ein Mehr an Würdigung als der Status quo. Wie gesagt, wir können gerne den Kreis um alle Zugezogenen erweitern. Für uns bleibt es ein Symbol der Offenheit.

Über wie viele Eingebürgerte reden wir eigentlich pro Jahr? Wissen Sie, wie viele Schriesheimer Mitbürger in den vergangenen Jahren einen deutschen Pass bekamen?

Renkenberger: Nein, aber das lässt sich beim Landratsamt leicht ermitteln.

Sehen Sie Chancen, dass Bürgermeister Hansjörg Höfer ihrem Wunsch folgt und den Antrag auf die Tagesordnung der Februarsitzung des Gemeinderats nimmt?

Renkenberger: Ich werde noch auf den Bürgermeister und die Kollegen in den Fraktionen zugehen. Ich denke, dass man diesen Antrag behandeln und mittragen kann. Eine kritische Diskussion zuvor ist mir recht.

Kuntermann: Für uns ist diese symbolische Handlung wichtig. Es ist eine kleine Geste mit großer Wirkung. Es gilt, den ersten Schritt zu machen. > Hintergrund

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung