Schriesheim im Bild 2023

06.02.2013

"Bürgerbeteiligung ist Grundlage des Erfolgs"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Mit so einer großen Resonanz hatte Bürgermeister Hansjörg Höfer nicht gerechnet. Es kamen so viele Bürger zur Auftaktveranstaltung für das "Integrierte Quartierskonzept Schriesheim-Schulzentrum" in den Großen Ratssaal, dass noch viele Stühle aus dem Rathaus herbeigeschafft werden mussten. Das Interesse an einer gemeinsamen Nahwärmeversorgung in den Straßen rund um das Schulzentrum ist offensichtlich enorm. Für Markus Prien, Geschäftsführer der MVV Enamic Regioplan GmbH, ein gutes Zeichen, denn: Die Bürgerbeteiligung sei die Grundlage des Erfolgs für das Projekt. Das ist nämlich noch nicht ausgemachte Sache. Ergebnisoffen wird der Prozess geführt, an dessen Ende eine Nahwärmeversorgung stehen kann, die die Bürger einbindet. Es ist zunächst mal ein Angebot.

Die Idee dahinter ist einfach und soll durch den Verzicht auf Öl und Gas ganz im Sinne der Energiewende und der CO2-Ersparnis sein: Nicht mehr jedes einzelne Haus oder jede städtische Liegenschaft braucht eine eigene Heizung, sondern eine oder zwei Heizzentralen versorgen über ein Wärmeleitungsnetz alle angeschlossenen Wärmeabnehmer. Von der Einzel- zur Sammelheizung also, wie es Höfer eingangs ausdrückte.

Den Anstoß für die Überlegungen gab die dringend nötige energetische Sanierung des Schulzentrums. Im gesamten Quartier verbraucht es 32,1 Prozent der Wärme, alle Privathaushalte zusammen 54,9 Prozent. Bei der CO2-Bilanz sind die Werte fast umgekehrt. Hier muss etwas passieren. Und warum nicht die Bürger einbinden, dachte sich die Stadt. Zumal die Gegend zwischen Max-Planck-, Ladenburger und Conradstraße geeignet für eine gemeinsame Nahwärmeversorgung ist. Neben öffentlichen Gebäuden wie den Kindergärten, den Hallen oder den Schulen gibt es hier 61 Einfamilien-, 19 Mehrfamilien- und sechs sogenannte Großsiedlungshäuser - viele mit Baustrukturen aus den Siebzigern. Und der politische Wille zur Sache ist offenbar auch gegeben. Also kann daraus etwas werden, wenn die Bürger mitziehen. Sie hätten dabei Vorteile, etwa diese: Eine eigene Heizung wäre nicht mehr nötig, die heutigen Anforderungen des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes (EWärmeG) wären übererfüllt, und die Bürger wären unabhängig von der Entwicklung des Öl- und Gaspreises. Es gibt aber auch Nachteile: Ein Anbieterwechsel zum Beispiel wäre kurzfristig nicht mehr möglich, die Lieferung von Wärme müsste auch im Falle einer Insolvenz des Versorgers geklärt sein, und es bedürfte eines neuen Leitungsnetzes, das sich von den Kosten her nur lohnt, wenn genügend Haushalte mitmachen. Nach dem Eindruck von gestern Abend sollte das aber nicht das Problem sein. Schon in der Auftaktveranstaltung trugen sich Bürger in die Listen von Arbeitsgruppen ein, in denen Fragen rund um das Nahwärmekonzept erörtert werden sollen. Erstmals sollen sie sich am 19. März treffen und im April oder Mai ihre Ergebnisse präsentieren. Zunächst aber kündigte Prien eine Fragebogenaktion in den nächsten Tagen an. Die Bürger werden darin zu ihren Häusern, zur bisherigen Energieversorgung, zu Wärmekosten und ihrem Interesse an der Nahwärme befragt. Die Beantwortung sei freiwillig, der Datenschutz gewährleistet, so Prien. Abgabe der Fragebögen ist bis 1. März im Rathaus - entweder per Post oder E-Mail.

Blieb noch der Appell des Bürgermeisters aus Rosenberg im Bauland: Gerhard Baar hat in seinem 2130-Einwohner-Ort gute Erfahrungen mit der Nahwärmeversorgung gemacht. Zu den Schriesheimern sagte er: "Ich kann Sie nur ermuntern, sich dem Modell anzunähern." Baars Gemeinde gehört zur Bioenergie-Modellregion Hohenlohe - Odenwald - Tauber (HOT), ist landwirtschaftlich geprägt und setzt auf Biogas aus Mais.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung