Schriesheim im Bild 2023

04.03.2013

Im "Land der Dichter und Denker" schien die Sonne

Im "Land der Dichter und Denker" schien die Sonne

''Wir sind dicht, Goethe war dichter'': Auch die Baseballer von den Raubrittern brachten das Festzugsmotto irgendwie auf den Punkt.
Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. "Die Zugspitze hat sich in Bewegung gesetzt", sagt Peter Grüber. Schriesheims "Kutschenpapst" und Festzugkommentator spricht nicht vom Berge-Versetzen, sondern meint den Beginn des gestrigen Festzugs. Mit Karl-Heinz Schulz vom Verkehrsverein hat er die erste Kommentatoren-Stelle inne, an zwei weiteren sitzen Georg Brand, Dieter Reinberger und Klaus Urban. Weit vorn im Zug sind die Weinhoheiten: Während Königin Alexandra in schicken Pumps posiert, haben sich ihre Prinzessinnen Julia und Lena mit dicken Pelzstiefeln gegen Kälte gewappnet.

Die bleibt indes aus, die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel. "Wir haben das Wetter, das wir verdient haben", freut sich Bürgermeister Hansjörg Höfer. Ihm folgt Schiller, genauer gesagt Claus Breutner mit Mozart-Perücke, der aus der "Bürgschaft" und der "Glocke" vom Wagen des Verkehrsvereins herunter zitiert. "Schriesheim im Land der Dichter und Denker" heißt das diesjährige Motto, doch bei einigen der 53 Zugnummern stehen andere Themen im Vordergrund. Fünf Jubiläen werden gefeiert: 90 Jahre MGV Lyra, 50 Jahre Élysée-Vertrag beim Partnerschaftsverein, 60 Jahre Siedlergemeinschaft und 60 Jahre Weinköniginnen, eine lange, fröhliche Fußgruppe bestehend aus lauter ehemaligen Hoheiten. Bei den Ursenbachern, die 40 Jahre Eingemeindung begehen, herrscht dagegen Sorge um "ihren" Eichelberg, den sie verunstaltet sehen: dicke rote Windräder drehen sich auf dem Festwagen, der mit den auf das Thema abgewandelten "Nachtgedanken" Heines geschmückt ist. Auf eine Zugnummer wartet man vergebens: Die "Stadtmusikanten" sind nicht dabei und werden wohl auch nicht mehr auftreten. Nach dem Tod von Ludwig Jäck, der die Truppe immer anführte, hat sie sich aufgelöst.

"Im Land der Dichter und Denker" wird längst nicht von allen Zug-Teilnehmern spaßig verstanden. Die Pfadfinder vom Stamm "Bärengrund" haben einen Spruch von Robert Baden-Powell ausgesucht, demzufolge man die Welt besser zurücklassen solle, als man sie vorgefunden habe. Der Schwimmbadverein IEWS verkneift sich das Dichten und bekennt, eher mit dem "Abdichten" beschäftigt zu sein, in dem Fall des Beckens. Der Denker respektive Erfinder Carl Benz wird vom Automobilclub gewürdigt, der einen Benz-Oldtimer aus dem Ladenburger Museum auf dem Wagen hat.

Viele arbeiten sich an Goethe ab: Da wird der Dichterfürst unter flaumigen Watteperücken vom KSV zitiert, der die "Faust"-Szene in Auerbachs Keller samt einer Riesengruppe Mephistos spielt, da wird aus seinen "Steinen, die einem in den Weg gelegt werden", vom Bergwerksverein etwas gebaut, und da setzen die Sportangler seinen Trinkspruch von den Fischen im Wasser um und folgen einem gewaltigen Luftballon in Hai-Form. "Wir sind dicht, Goethe war Dichter", sinnieren die "Raubritter" und tanzen dazu den "Gangnam Style".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung