Schriesheim im Bild 2023

06.04.2013

"Wir zeigen, wie aktiv wir sind"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Am 1. April vergangenen Jahres wurde Ruth Schneider neue Leiterin der Stadtbibliothek. Zuvor hatte sie die Bücherei in Langenargen am Bodensee geführt. Dort hatte sie eine Mitarbeiterin, der Medienbestand war etwa halb so groß wie in Schriesheim. Ruth Schneider, die ursprünglich aus Ubstadt-Weiher bei Bruchsal kommt, hat in ihrem ersten Jahr den Weg ihres Vorgängers Thomas Michael fortgesetzt, der zuvor die Bibliothek in Wiesloch übernommen hatte. Mit einem abwechslungsreichen Veranstaltungsprogramm für Groß und Klein trug Schriesheims Bücherei unter Schneiders Leitung zur Vielfalt im kulturellen Angebot der Stadt bei.

> Frau Schneider, haben Sie sich gut in der Stadtbibliothek und in Schriesheim eingelebt?

Ja, sehr! Es ist nett in Schriesheim. Sehr viele Besucher kamen anfangs gezielt auf mich zu, um mich persönlich zu begrüßen und mir einen guten Start zu wünschen. Das habe ich vorher so noch nie erlebt. Langenargen liegt im schwäbischen Teil am Bodensee. Wenn man von dort hierher kommt und den hiesigen Dialekt hört, dann klingt das auch gleich viel vertrauter. Ich stamme ja aus dem Kraichgau.

> Wie lange hat es gedauert, bis Sie das Gefühl hatten, ganz an Ihrer neuen Wirkungsstätte angekommen zu sein?

Ach, es war ja immer etwas los, sodass ich kaum Zeit hatte, mir darüber Gedanken zu machen. Ein halbes Jahr vielleicht? Es ging auch eher um die alltäglichen Dinge, wie die Arbeitsaufteilung. In Langenargen hatte ich eine Kollegin, hier sind wir zu viert. Jede Bibliothek funktioniert eben ein bisschen anders und hat ihre eigene Struktur.

> Wie oft hat denn Bürgermeister Hansjörg Höfer in Ihrem ersten Jahr vorbeigeschaut?

Geliehen hat er in der Zeit nichts, war aber sicher ein, zwei Mal da. Die Zusammenarbeit mit dem Rathaus und dem Hauptamtsleiter Herrn Schmitt klappt super.

> Sie haben gleich mit zwei Veranstaltungen für besondere Aufmerksamkeit gesorgt. Harry Rowohlt und Sven Kuntze lasen kurz hintereinander im Bildungszentrum. Um beide reißen sich viele Veranstalter. Wie haben Sie das gemacht?

Das war Zufall. Mein Vorgänger hier, Thomas Michael, hatte Harry Rowohlt im Oktober nach Wiesloch geholt und sagte: "Probier's!". Als dann ein Termin im Februar frei wurde, konnten wir da reinrutschen. Rowohlt legte übrigens Wert darauf, dass wir dabei auch mit einer kleinen Buchhandlung kooperieren, und da haben wir schon lange Utes Bücherstube an unserer Seite. Bei Sven Kuntze kam der Arbeitskreis Schriesheimer Senioren, ASS, auf uns zu mit dem Vorschlag, ihn gemeinsam einzuladen.

> Was kostet es eigentlich, zwei solch hochkarätige Gäste einzuladen?

Viel. Wie viel, sollte ich aber nicht sagen. Wichtig ist, dass wir finanziell null auf null herauskommen. Das heißt auch, dass wir einen enormen Mehrwert durch solche Veranstaltungen haben: Wir zeigen, wie aktiv wir sind und machen damit gute Eigenwerbung. Wir leisten einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Leben der Stadt. Außerdem ist es eine andere Art der Literaturvermittlung.

> Die Messlatte hängt jetzt hoch. Wen würden Sie noch gerne in Schriesheim sehen?

Ich würde gerne mal Axel Hacke einladen.

> Es fiel auf, dass Sie am Veranstaltungsangebot für Groß und Klein festgehalten haben. Wird es so bleiben?

Die Mischung sollte stimmen, das ist ganz wichtig. Insofern passt unser Konzept. Kinder und Schüler lernen in Autorenlesungen zuzuhören. Zudem gibt es Mitmachangebote, in denen man Gehörtes kreativ verarbeitet oder einfach mal etwas ausprobiert, wie der diesjährige Ferienworkshop im Juli mit dem "Museum im Koffer". Gerade für Kleinere sind Theatervorstellungen wie "Der Grüffelo" am 17. April geeignet. Und im Angebot für Erwachsene wird es auch künftig beliebte Termine wie den "Spieleabend" geben. Zudem wollen wir die Zusammenarbeit mit dem ASS vertiefen.

> Kommen wir zur Bibliothek selbst. Der Gemeinderat hat im September auf Ihre Anregung hin der Einführung der "Onleihe" zugestimmt, also der Ausleihe von e-books. Wie steht's damit?

Wir haben die mündliche Zusage der Verbundpartner bekommen, dass wir in ihren Kreis aufgenommen werden. Ich denke, am 24. Oktober kann es mit der "Onleihe" losgehen.

> Wie sieht es denn mit dem Medienbestand in der Bücherei aus?

Dieser steigt kontinuierlich und zum Jahresende 2012 bei gut 26 600, wobei der Schwerpunkt weiterhin auf Sachbüchern, Romanen und Bilderbüchern liegt. Gerade Bilderbücher werden manchmal stapelweise ausgeliehen. Die Nachfrage bestimmt da einfach unser Angebot.

> Hatten Sie in Langenargen auch diese Nähe zu Schulen?

Nein, und auch zuvor bei meiner Anstellung in Karlsruhe-Grötzingen nicht. Hier war die Tür immer zu, und die Schüler durften in der Pause nicht vom Hof, um über unseren Haupteingang hineinzukommen. Hier ist das ganz anders. Die kurzen Wege, die räumliche Nähe: Das ist schon prima. Auf Wunsch bieten wir für Schulklassen Führungen durch die Bibliothek an, damit sich die Kinder orientieren können. In den Großen Pausen sitzen die Schüler in den Gängen zwischen den Bücherregalen. Dann ist hier alles voll.

> Das war für Sie sicher ungewohnt. Hatten Sie Sorge um Ihre Bestände?

Ungewohnt war es, doch Sorge hatte ich nicht. Ich dachte mir: "Was jahrelang gut ging, das wird auch mit mir gehen."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung