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18.04.2013

Helfrich nimmt Stadt in die Pflicht

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Jürgen Helfrich nahm kein Blatt vor den Mund. Weinheims Polizeirevierleiter nutzte die gestrige außerordentliche Marktausschusssitzung zum Thema Alkohol und Gewalt beim diesjährigen Mathaisemarkt für deutliche Appelle, nahm die Stadt in die Pflicht und bot auch seinerseits Unterstützung an.

So lange der Landesgesetzgeber mit einer Rechtsgrundlage für ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum nicht "in die Pötte" komme, so der Erste Polizeihauptkommissar, bleibe die Frage vor Ort, wie man dem Phänomen begegnet: 58 Personen hatte das Rote Kreuz (DRK) beim Volksfest zu versorgen, 21 kamen ins Krankenhaus, und Alkohol war immer im Spiel. Zwei Volltrunkene waren gerade mal 13 Jahre alt, einer 14, und auch 15- und 16-Jährige soffen sich ins Koma, wie Stephanie Zöllner vom DRK berichtete. Helfrich ergänzte für die Polizei, es mit 14 Alkoholisierten zu tun gehabt zu haben - nach einem einzigen Fall im vergangenen Jahr und fünf Personen im Jahr 2011. Zudem wurden zwei Beamte heuer im Einsatz verletzt: "Ich hoffe, 2013 war ein Ausrutscher", so der Polizist.

Einen Grund für die Exzesse beim Mathaisemarkt sah er auch "im Charakter des Festes", der anders sei als etwa bei der Weinheimer Kerwe: "Da ist ein ganz anderes Publikum." Helfrich fragte direkt in die Runde, wie der Marktausschuss mit den Schriesheimer Phänomenen umgehen wolle: "Alle Akteure sollten an einem Strang ziehen. Jeder muss auf seinem Gebiet tätig werden. Die Polizei will ihren Beitrag leisten, andere müssen das auch tun." Helfrich wurde an dieser Stelle konkret und bot etwa die Hilfe des Präventionsreferats der Polizeidirektion Heidelberg (PD) an: "Da kann man etwas mit der Stadt gemeinsam auf den Weg bringen." Gerade weil auch die Schulen dafür Bereitschaft signalisiert hätten. Dann berichtete der Polizist, dass die PD die sozialen Netzwerke wie Facebook für sich entdeckt habe, um Zielgruppen auf "bestimmte Problemstellungen" hinzuweisen.

Auch habe man gute Erfahrungen damit gemacht, die Musik in Straußwirtschaften eine Stunde vor der Sperrzeit ausmachen zu lassen, damit sich die Stimmung einpegeln kann. "Und es gibt hier doch einen Jugendgemeinderat." Schriesheims Jugendliche selbst könnten sich überlegen, was sie tun können für einen schönen Mathaisemarkt, so Helfrich, der ferner vorschlug, "jemanden mit einem Präventionskonzept zu beauftragen." Der Polizist unterstrich: "Der Ausschuss muss sagen, was er will und was nicht." Auch aus dem Gremium selbst kamen Vorschläge, denen Helfrich jedoch wenig Chancen einräumte. Bürgermeister Hansjörg Höfer appellierte schließlich an die Zivilcourage der "98 Prozent, die friedlich feiern."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung