Schriesheim im Bild 2023

03.06.2013

Ob es half bei der Wahlentscheidung?

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. Ein Mann mit Drogenspritze, Schul- und Kindergartenkinder, Studenten, alte Menschen mit Rollatoren, der Blick in einen Tafelladen und ein abfahrender Zug: Das waren Bilder, die der Gemeinschaftskundekurs des Kurpfalzgymnasiums (KGS) unter dem Titel "Baustelle Deutschland", untermalt von dramatischer Musik, zu einer Bild- und Toncollage zusammenstellte. Sie stand am Anfang einer Podiumsdiskussion, bei der fünf Bundestagskandidaten aus unterschiedlichen Wahlkreisen zu den verschiedensten Themen Stellung nahmen. Auf der einen Seite des Podiums saßen Sahra Mirow (Linke), Franziska Brantner (Grüne), Jens Brandenburg (FDP), Stella Kirgiane-Efremidis (SPD) und Karl A. Lamers (CDU), ihnen gegenüber stellten die Elftklässler Lara, Tamara, Samira, Marvin, Thomas, Linus und Paul Fragen zu fast allen Themen aus ihrem Film.

Manches konnte in den anderthalb Stunden nur angerissen werden wie die Renten-, Drogen- oder Energiepolitik oder ein Verbot der NPD. Polizeireform oder Sicherheitspolitik wurden dagegen von den Mittel- und Oberstufenschülern im Publikum angesprochen. Besonders interessierte sie die Bildungs- und Schulpolitik. Wiewohl Ländersache, wurden trotzdem Vor- und Nachteile der Gemeinschaftsschule sowie des alten dreigliedrigen Bildungssystems, für das sich Lamers und Brandenburger aussprachen, erörtert. Letzteres habe die geringste Sitzenbleiberquote gehabt, verwies Brandenburg darauf, dass diese mit der Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlungen sprunghaft angestiegen sei. Längeres gemeinsames Lernen hielt dagegen Kirgiane-Efremidis für wichtig, während Brantner auf die individuelle Förderung in der Gemeinschaftsschule Wert legte. Wobei im Publikum nicht klar wurde, wie das gleichzeitig mit der Kürzung von Lehrerstellen funktionieren solle. "Individuelle Förderung gelingt in einem dreigliedrigen Schulsystem besser", verfocht Lamers das alte System aus Haupt- und Realschule sowie Gymnasium.

Am Betreuungsgeld entzündete sich eine längere Debatte. Kirgiane-Efremidis bezeichnete die 100 oder 150 Euro pro Monat, die Eltern erhalten sollen, wenn sie ihr Kind nicht in eine Kinderkrippe geben, als "Stopper, was die Integration im Kindergarten angeht".

SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück sei 2007 für die Einführung des Betreuungsgelds gewesen, erinnerte Lamers und verwies auf Investitionen von 4,7 Milliarden Euro und auf 780 000 Betreuungsplätze, die im Gegenzug geschaffen würden. Brantner kritisierte, dass es für arme Familien keine Wahlfreiheit gebe, sie also nicht frei entscheiden könnten, ob sie lieber ein Betreuungsgeld oder Kita-Betreuung in Anspruch nehmen würden: "Die 100 Euro werden auf die Hartz-IV-Sätze angerechnet." Ihre Partei präferiere ohnehin die Abtragung der Staatsschulden, die unter der Regierung von Angela Merkel um 500 Milliarden Euro gewachsen seien.

Reiche müssten einen höheren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten, hakte hier Mirow ein. "Die obersten zehn Prozent der Bevölkerung besitzen 61 Prozent des Volkskapitals", warb sie mit einer an DDR-Zeiten erinnernden Vokabel für einen Schwerpunkt linker Politik: "Wir müssen alle heranziehen." Das Ziel der Veranstaltung sei eine Erleichterung der Wahlentscheidung für die Erstwähler, erklärte ein Schüler zu Beginn. Ob es erreicht wurde, ließ sich nicht feststellen. Erfreulich war dagegen, dass alle Schüler von der ersten bis zur letzten Minute aufmerksam zuhörten und die Plätze in der Schulaula bestens besetzt waren.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung