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01.08.2013

Schriesheim: Seit Freitag sind die Mineure durch den Berg

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Am vergangenen Freitag gegen 18.30 Uhr war es so weit. Nur noch gut 40 Zentimeter Gestein trennte die Mineure im Branich vom Tageslicht am Ostportal des Branichtunnels. Sprengen mussten sie da nicht mehr. Ein etwa zwei auf zwei Meter großer Durchlass wurde perforiert, dann kam ein Bagger und drückte das letzte Stück Wand ein. Damit waren sie durch den Berg. Nach 1590 Metern Sprengvortrieb. Ein großer Moment für die Tunnelbauer. Am morgigen Donnerstag wird der Durchstich des Branichtunnels offiziell gefeiert (siehe Meldung). Für die Schaffer im Berg war schon am Freitag Zeit zur Freude.

Hintergrund: Mineure
Ein Mineur ist im engeren Sprachverständnis ein Bergmann, der in einem Bergwerk Rohstoffe fördert. Heute wird der Begriff allerdings auch synonym für Tunnelbauer verwendet - in Anlehnung an seine militärische Bedeutung, hatten Mineure bei Belagerungen doch die Aufgabe, Stollen zu graben. Auch die Schutzpatronin der Tunnelbauer ist die Heilige Barbara.

"Wir haben extra den Zeitpunkt des Schichtwechsels gewählt, damit alle dabei sein können", sagte der Bauleiter des Branichtunnels, Ralph Eckerle gestern im RNZ-Gespräch. Auch Tunnelpatin Birgit Ibach-Höfer sei dabei gewesen: "Das war den Mineuren wichtig", so Eckerle, "und die Begrüßung und die gemeinsame Freude, das war schon schön anzusehen". Auch Ibach-Höfers Mann, Bürgermeister Hansjörg Höfer, habe den großen Moment des Tunneldurchstichs am Freitag vor Ort miterlebt.
Der Rohbau des Branichtunnels begann offiziell am 1. Februar vergangenen Jahres - mit dem Anstich am Westportal. Seitdem schoben sich die Bergleute Sprengung für Sprengung, Meter für Meter und Tag für Tag durch den Berg, der dem Tunnel seinen Namen gibt. Als sie am Freitag im Osten wieder Licht sahen, hatten auch die Vermesser im Berg ganze Arbeit geleistet. Mit einer Steigung von durchschnittlich zwei Prozent führt die Tunneltrasse in einer nach Norden leicht gewölbten Kurve durch den Berg. Und punktgenau kamen die Mineure am Ostportal auch wirklich dort ans Tageslicht, wo sie herauskommen wollten: "Die Abweichung zu allen Seiten des Tunnelquerschnitts liegt bei weniger als einem Zentimeter", so Eckerle.

Die offizielle Feier
Am Donnerstag, 1. August, wird ab 14 Uhr mit einer Rahmenveranstaltung der offizielle Durchschlag des Branichtunnels an der L 536 begangen. Interessierte Bürger sind hierzu eingeladen. Parkplätze stehen aber nur geladenen Gästen zur Verfügung.

Die Jagdhornbläser werden das Programm eröffnen. Im Anschluss soll eine Begrüßung durch Regierungsvizepräsidentin Gabriela Mühlstädt-Grimm folgen, sowie eine Ansprache von Verkehrsstaatssekretärin Gisela Splett. Vor dem Tunneldurchschlag sind Grußworte von Carsten Flender, Direktionsleitung Tunnelbau der Ed. Züblin AG, Bürgermeister Hansjörg Höfer und Tunnelpatin Birgit Ibach-Höfer geplant.

Der Durchschlag wird vor Ort live auf eine große LED-Wand übertragen. Für diesen Teil der Veranstaltung zeichnet das Verkehrsministerium verantwortlich. Dessen geladene Gäste treffen sich zum Ausklang im Hotel Scheid. Für die Bürger organisiert die Stadt einen "Worscht, Weck und Woi"-Verkauf von Faths Backwahn, der WG und des Weinguts Bielig unweit der Baustelle. Zudem sorgt die Band "Garden Party" für Musik.

Auch für den Bauleiter war der Durchstich ein besonderer Moment, vor allem bezüglich der Orientierung: "Im Tunnel sieht es ja an jeder Stelle gleich aus. Zum Schluss konnte ich mir nur schwer vorstellen, dass ein paar Meter weiter rechts oben schon die Talstraße entlang führt. Als wir hinten hinausschauten, habe ich das optisch erst alles zusammenbekommen."

Eckerle sagte, der Rohbau des Tunnels sei bislang reibungslos gelaufen. Die Geologie des Berges sei genau so beschaffen wie es die Gutachten prophezeiten. Auch habe es keine schweren Unfälle an der Baustelle gegeben.

Einzige Störung waren die Hangrutschungen und Geröllabgänge in der Talstraße im April, die der Baustelle zwei bis drei Wochen Verzögerung einbrachten und dem Regierungspräsidium Karlsruhe weitere Kosten in Höhe von gut 200.000 Euro - für die Hangsicherung mit Stahlnetzen am "Hirschsprung": "Dennoch gehe ich davon aus, dass wir Anfang 2016 durch den Tunnel fahren werden", so Eckerle gelassen. Überhaupt bereite ihm der Tunnel keine schlaflosen Nächte, wie er sagte. Nach dem Durchstich kehren die Mineure quasi um, damit sie von Ost nach West den unteren Teil des Tunnelquerschnitts heraussprengen können. Bislang wurde in weiten Bereichen nur der obere Teil vorgetrieben. "Wir werden ab jetzt sicher mit der doppelten Geschwindigkeit vorankommen", so Eckerle. Mit etwa 300 Metern Abstand zum Sprengort wird dann der rote Schalwagen-Koloss in den Tunnel einfahren, um die Betonverschalung an den Wänden aufzubringen.

Wann die komplette Tunnelröhre im Rohbau fertig sein wird, wollte der Bauleiter noch nicht abschätzen: "Da warten wir mal die ersten 100 Meter ab." Außerdem wird nun ja erst mal der Durchstich gefeiert. Dafür wird das Loch vom Freitag wieder geschlossen, um es am Donnerstag symbolisch wieder öffnen zu können.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung