Schriesheim im Bild 2023

12.08.2013

Die Cunys schreiben Lokalgeschichte

Von Nicoline Pilz

Schriesheim. Als SPD-Stadtrat und Ortsvereinschef Sebastian Cuny am 2. Oktober 2008 im strömenden Regen und, weil er mal wieder seinen Schirm vergessen hatte, auch vollkommen durchweicht vor Carsten Wietlewski stand, war wenigstens sein Humor trocken geblieben: "Ich sehe nicht immer so aus", sagte er.

Was damals begann, markierten beide nun mit einem ganz wesentlichen Ausrufezeichen ihres gemeinsamen Lebens, indem sich das Paar gestern im Historischen Rathaus das Ja-Wort gab. Der Trausaal war brechend voll mit Familie, Freunden und zahlreichen politischen Weggefährten Cunys. Standesbeamtin Nina Marouzé empfand es als "ehrenvolle Aufgabe", die Lebenspartner trauen zu dürfen. Und wie wenig sie sich um die bürokratischen Formulierungen scherte, die sie allerdings verlesen musste, zeigte ein kleiner Versprecher: "Hiermit erkläre ich Sie zu rechtmäßig verbundenen Ehe-, äh, Lebenspartnern."

Cuny und Wietlewski schrieben mit ihrer Hochzeit, "Verpartnerung" in Amtsdeutsch, mit Sicherheit ein Stück Lokalgeschichte: "Es ist eine Premiere, die wir hier feiern dürfen", sagte Marouzé, denn beide seien die ersten männlichen Lebenspartner, die sich in Schriesheim das Ja-Wort gaben. Möglich ist das seit dem 1. Januar 2012, als per Landesgesetz die Schranken und Unterschiede fielen, die die "Begründung einer Lebenspartnerschaft auf Lebenszeit", so der sperrige Begriff, den Landkreisen oder Stadtkreisen wie Heidelberg und Mannheim zuwies.

Zwei weibliche gleichgeschlechtliche Trauungen habe es bereits gegeben, erklärte die Standesbeamtin auf Anfrage der RNZ. Dennoch sei sie aufgeregt, gab sie unumwunden zu. Einen Stadtrat bringt man nicht alle Tage unter die Haube; wenn jemand im Licht der Öffentlichkeit steht, schaut jeder eben noch mal genauer hin.

Doch Nina Marouzé fand die richtigen Worte und verlieh der Zeremonie den "Zauber", den Hermann Hesse in seinem Gedicht "Stufen" beschreibt, das ihr als roter Faden diente. Und dann gab es ja auch noch eine Gemeinsamkeit: "Wir haben alle Drei einen französischen Vater und eine deutsche Mutter", fuhr sie fort und las Hesses Gedicht auch auf Französisch. Um dann ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern: Im Juni 2010 hatte Sebastian Olivier Cuny seinen Carsten soweit, dass er nach Schriesheim zog. Beide hatten offenbar einen guten Einfluss aufeinander: Wietlewski weckte beim knapp 35-jährigen Freund Interesse für Theater und die Oper und sorgte dafür, dass er seine Siebensachen aufräumt. Umgekehrt lernte der 37-jährige Carsten, Unvorhergesehenes etwas entspannter zu nehmen. Freunde hatten unten bereits ein Spalier aus roten Tüchern aufgebaut, als das frisch getraute Paar nach dem Ringtausch aus der Tür trat: Sebastian und Carsten, beide jetzt mit dem Familiennamen "Cuny", sägten zügig einen Holzstamm durch und hörten dem SPD-Chor zu. Rote Luftballons stiegen in die Luft und Nina Marouzé wünschte: "Mögen Sie sich den Zauber und ihre Liebe bewahren, ein ganzes Leben lang."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung