Schriesheim im Bild 2023

16.10.2013

"Ja, auch in den Niederlanden wird Wein angebaut"

Schriesheim. (sk) "Wenn es einen Lebensmittelskandal gibt, heißt es, wir haben zu wenig kontrolliert. Wenn alles in Ordnung ist, dann heißt es, wir machen zu viel und behindern die Wirtschaft", sagt Landrat Stefan Dallinger. Seine Zuhörer nicken verständnisinnig, sowohl die deutschen als auch die holländischen.

Die Lebensmittelkontrolleure der Nachbarländer pflegen seit Jahren eine gute Zusammenarbeit, die mit einem einwöchigen Besuch in der Metropolregion noch vertieft wird. Nicht zuletzt, weil die Gastgeber die Gelegenheit nutzen, ihren Kollegen die schönen Seiten der Region zu präsentieren. Speyer, Schwetzingen, Ladenburg und jetzt Schriesheim stehen auf dem Programm, in der Weinstadt steht ein Besuch der Strahlenburg an.

Initiatorin des Besuchs war Yvonne Splettstößer, die mit den niederländischen Kollegen bereits in ihrer Heimatstadt Köln gute Kontakte pflegte und sagt: "Dabei kann man oft mehr lernen als aus Büchern." Sie und ihre Kollegen vom Veterinäramt nahmen die Gäste mit zu Begehungen und zeigten ihnen, wie hierzulande gearbeitet wird, sie denken bereits über einen Gegenbesuch nach. Arbeitsweise und Ausstattung seien etwa vergleichbar mit ihrem Land, bilanzieren die Gäste und schildern ihren Alltag. "Die Kontrollen waren bei uns früher in den Provinzen organisiert, heute ist alles zentralisiert", sagt Jan Hulshoff. Der Inspektor berichtet von falsch deklariertem Pferdefleisch, einer insolventen Brotfabrik und schwierigen Kontrollen im Hafen von Rotterdam. Wenn ein 400-Meter-Frachter mit 18 000 Containern kontrolliert werden solle, würde der gesamte Hafen lahm gelegt: ein Konflikt zwischen Gesundheitsfürsorge und dem Funktionieren der Wirtschaft, der auch den Gastgebern nicht fremd ist.

Weshalb Kontrolleur Jan van de Loo auch nicht einen einzigen "Schuldigen" ausmachen will: "Da ist jeder verantwortlich, auch der Kunde, der alles billig kaufen will." Er hat ein Spezialgebiet, bei dem er oft belächelt wird: Jan van de Loo ist Weinkontrolleur. "Ja, wir haben Wein", sagt er nachsichtig und berichtet von Umstrukturierungen in der Landwirtschaft. Viele Landwirte sattelten als Folge der Rinderwahn-Epidemie vor 20 Jahren um auf Weinbau. Einfach war das nicht. "Wir haben Fehler gemacht und gelernt, dass man im nördlichen Groningen keinen Chardonnay anbauen kann", sagt er. Glücklicher verliefen die Versuche, neue Hybriden anzubauen, die das kalte, nasse Klima gut vertragen.

Billig könne nicht produziert werden, dafür aber mit beachtlicher Qualität. Für die neue Sorte Cabernet Blanc gab es kürzlich sogar eine Goldmedaille. Müller- Thurgau, Riesling, Regent oder Rivaner sind einige Sorten, mit 1,3 Millionen Flaschen sind die Mengen überschaubar, für den Export reicht das nicht.

"So viel haben wir hier", staunt Harald Weiss. Der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft (WG) ist für das Ende des vorletzten Besuchstags zuständig: Nach einer kurzen Wanderung und einer Besichtigung des Kelterhauses geht es zur Weinprobe in die WG- Räume. Und hier, das versprechen die Niederländer, dürfen ihre Gastgeber auch mal einen holländischen Wein verkosten.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung