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08.12.2013

Ministerpräsident Kretschmann zum neuen Madonnenberg-Ehrenpaten gekürt

Schriesheim. Vieles war anders als sonst beim gestrigen Madonnenbergkonvent. Nicht im Zehntkeller wurde der neue Ehrenpate gekürt, sondern im Festsaal des "Goldenen Hirsch". Nicht abends kam man zusammen, sondern mittags um halb zwei. Und das an einem Donnerstag, werktags, mitten in der Woche. Zeitlich war das Abweichen vom Traditionsprotokoll dem Terminkalender des prominenten Ehrenpaten geschuldet, die räumliche Veränderung der Zehntkellerbaustelle.
Doch all das war der Festlichkeit nicht abträglich. In würdigem Rahmen wurde Ministerpräsident Winfried Kretschmann die ehrenvolle Patenschaft über die Weinberge in der Vohbach angetragen. Die "erfrischende" (so Landrat Stefan Dallinger) Laudatio auf den Landesvater hielt seine Vorgängerin in der Ehrenpatenschaft, Regierungspräsidentin Nicolette Kressl.
Auch sie wurde vom Vorsitzenden des Madonnenbergvereins, Bürgermeister Hansjörg Höfer, begrüßt. Der Rathauschef hatte just an gleicher Stelle vor nicht ganz einer Woche seinen Sieg bei der Bürgermeisterwahl gefeiert. "Willkommen bei mir in Schriesheim", rief er daher seinen anwesenden Kollegen aus dem Sprengel zu und lud sie ein, auf seine Wiederwahl anzustoßen. Schriesheim sei eine Monarchie, so Höfer. Also übergab er das Wort zunächst an Weinkönigin Alexandra, die dem neuen Ehrenpaten für seine Aufgabe "viel Spaß und viel Erfolg."
Bevor Kretschmann jedoch die Ehrenurkunde aus den Händen von Dallinger, dem Kuratoriumsvorsitzenden des Vereins, entgegennahm, war es Kressl, die eine Laudatio hielt, die auch Höfer begeisterte: "Ich habe schon lange nicht mehr eine so launige Rede gehört. Sie hat Maßstäbe gesetzt. Daran muss sich Herr Kretschmann nächstes Jahr messen lassen." Kressl beleuchtete zunächst ihre eigene Patenschaft: "Lieber Wein lesen als gar keine Literatur", sage der Volksmund.
Umso betroffener und schuldbewusster sei sie gewesen, als sie vom mageren Leseergebnis in diesem Herbst hörte. Gerade mal 1000 Kilo waren es, die Hälfte vom Vorjahr. "Was habe ich falsch gemacht", fragte sich die Ehrenpatin, die schon im Büßerhemd kommen wollte: "Das musste ich bei meinem Ausscheiden aus dem Bundestag aber wieder zurückgeben." Das werde in Berlin schließlich immer wieder gebraucht.
An ihr jedenfalls, so Kressl, habe der Ernteeinbruch nicht gelegen. Trost mag sein, dass die Fortführung der "Badischen Weinstraße" von Baden-Baden nach Laudenbach durch Schriesheim führen wird. Man erarbeite gerade den Verlauf, so Kressl. Auch auf die Sanierung der Trockenmauern im Madonnenberg ging sie ein. Zweimal habe sich der Hang bei Bohrungen in Bewegung gesetzt. Es sei zu vermeiden, dass es irgendwann heißt: "Früher sagte man: 'Der Berg ruft. Heute schaut er schon mal selbst vorbei'."
Danach zeichnete die Regierungspräsidentin den Lebensweg Kretschmanns nach, dem dritten Ministerpräsidenten mit Ehrenpatenurkunde und dem ersten Grünen. Er habe es geschafft, die Wahlergebnisse der Grünen in prozentuale Sphären von Likörniveau anzuheben. Kressl unternahm auch den Versuch, Kretschmann einer Rebsorte zuzuordnen, dem Grünen Veltliner etwa: "Angenehme Aromen, der Geschmack nach Citrus und Frucht und seine Lagerfähigkeit: Alles Eigenschaften, die passen könnten". Aber ob das auch für den weniger komplizierten Schwarzriesling gilt mit seinen geringen Ansprüchen an Lage und Boden, seinem späten Austrieb und der niedrigen Säure? "Einigen wir uns auf eine Mischung", so die Regierungspräsidentin.
Am Tag vor dem 6. Dezember bedankte sich Kretschmann bei Kressl, die "als eine Nicolette ja ein weiblicher Nikolaus" sei. Und dieser sei Schutzpatron vieler, auch der "Fassmacher": "Und vom Landesvater zum Paten ist es auch nicht weit", streifte der Ministerpräsident die lateinische Etymologie, um auch mit einem Vorurteil aufzuräumen: "Wir Schwaben sind nicht geizig, sonder nur zu sparsam." Mit Lob sparte Kretschmann für den Madonnenbergverein nicht und gratulierte Höfer zu seiner Wiederwahl: "Die Bürger haben gezeigt, dass sie Dich für einen guten Schultes halten."
Dass Schriesheim auch gute Nachwuchsmusiker hat, bewies das junge Trompetenensemble der Musikschule Schriesheim, das anstelle der Jagdhornbläser spielte - noch so etwas Neues beim diesjährigen Weinkonvent. Der Kabarettist Hans-Peter Schwöbel widmete sich danach feinsinnig auch den Unterschieden zwischen Schwaben und Badenern (insbesondere Kurpfälzern) und machte ihre Koexistenz im "Ländle" an einem Gaumenschmaus fest: "Verheierte", also Spätzle mit Kartoffeln: "Die heißen so, weil sie nicht zusammen passen. Schmecken tut's trotzdem gut."
Gut ist auch die Idee, zwei der Schriesheimer "KinderART"-Jubiläumskalender von Kretschmann und Kanzlerin Angela Merkel signieren zu lassen, um sie dann zugunsten des "Waldpiraten-Camps" der Deutschen Kinderkrebsstiftung zu versteigern, wie Höfer mitteilte. Einen verschenkte der Bürgermeister gestern an Dallinger, hatte dieser doch Geburtstag. Das erste Kalenderblatt vom Januar dürfte Kretschmann übrigens interessiert haben. Es zeigt den Branichtunnel, das derzeit größte Projekt im Landesstraßenbau.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung