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05.12.2014

Schriesheims Stadtkirche wird am 4. Advent eingeweiht

Von Carsten Blaue

Schriesheim. "Wir werkeln noch eifrig und haben einen engen, tagesgenauen Zeitplan. Es gibt sogar noch zwei, drei Tage Luft für Unvorhergesehenes. Aber im Grunde sind wir auf der Zielgeraden", sagt Architekt Matthias Walter von den Darmstädter "netzwerkarchitekten". Die Arbeiten an der Sanierung und der inneren Neugestaltung der evangelischen Kirche in Schriesheim nähern sich also dem Ende. Dem großen Festgottesdienst zu ihrer Wiedereinweihung am vierten Adventssonntag, 21. Dezember, um 10 Uhr scheint nichts mehr im Wege zu stehen.

Und die Vorfreude ist gestern bei den Beteiligten an diesem großen Projekt spürbar - etwa bei den Vertretern der Bauherrin, der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau (ESPS), besonders aber auch bei den Pfarrern. "Ich bin gespannt und neugierig", so Suse Best von der Westgemeinde. Bei ihrem "Ost"-Kollegen Lothar Mößner mischt sich auch Respekt vor dem neuen Raum unter die Euphorie: "In jedem Raum braucht man Wege; die Bewegungsabläufe muss man neu entwerfen. Wie erlebt man das? Wie ist die Akustik?" Auf jeden Fall steht Großes, ja Historisches bevor für die Gemeinde und ihr Gotteshaus, das nach den sensiblen Entwürfen der "netzwerkarchitekten" heller und klarer geworden ist. Das merkt man sogar beim Ortstermin an einem tristen Dezembertag. Der historische Befund der von 1748 bis 1751 erbauten Kirche sei von den Architekten ansprechend aufgenommen worden in ihren Entwürfen, lobt Restaurator Hans-Dieter Zopf.

"Den Himmel in den Raum holen" stand als Leitwort über dem Konzept für das neue Interieur. Dafür wurde die Empore eingekürzt, sodass mehr Tageslicht ins Innere dringt. Die Farbgebung, die neue Beleuchtungstechnik: Viel wurde getan für mehr Glanz - und auch dafür, die Kirche zeitgemäß nutzbar zu machen. Gerade in Bezug auf die Liturgie: "Von der Andacht bis zum großen Gottesdienst: Wir werden viel flexibler sein", sagt Mößner. Beim Blick in die "neue" Kirche strahlt auch Best: "Darauf hat man richtig Lust." Selbst der Altarraum lässt den Pfarrern künftig viel Gestaltungsspielraum, weil die neuen Prinzipalstücke wie Altar, Taufstein, Osterkerzenhalter und Ambo auf Rollen stehen werden. Der Altar ist zudem quasi teilbar. Entworfen und angefertigt hat sie der Karlsruher Künstler Achim Däschner, der mit Beton, Filz, Wachs, Holz und Eisenoxid arbeitete. Die Fensternische beim bisherigen Taufbereich gestaltete er zum Ort des Innehaltens um.

Däschner hatte den Künstlerwettbewerb zu den neuen Prinzipalstücken am 16. Oktober 2013 gewonnen. Die Entscheidung für die "netzwerkarchitekten" war übrigens fast auf den Tag genau zwei Jahre vorher gefallen. Dass eigentlich die fällige Sanierung der Weigle-Orgel den Anstoß für die neue Kirchengestaltung gab, ruft Best in Erinnerung.

Im Sommer vergangenen Jahres war das Instrument ausgebaut und zur Generalüberholung in die Waldkircher Orgelbauwerkstatt Jäger & Brommer gebracht worden. In jenem November dann der "Church Unloading Day": Die Gemeindemitglieder packten mit an und räumten ihre Kirche aus - auch ein Beispiel für Bests Hinweis, dass die Gemeinde bei dem Projekt "von Anfang an mit im Boot saß". Es war der eigentliche Startschuss für die Arbeiten im Kirchenraum, der nun über eine moderne Hypokaustenheizung im neuen Jurakalksteinboden verfügt. Und über eine moderne Soundanlage sowie eine Induktionsschleife für Träger von Hörgeräten.

Auf eine Ausstattung mit Stühlen wurde im Kircheninneren aber verzichtet, und das bewusst. Dazu Kirchengemeinderat Thomas Rufer: "Wir wollten unsere Bänke behalten. Da rutscht man auch mal zusammen. Das gibt ein ganz anderes Zusammengehörigkeitsgefühl als Stühle." Gut 600 Kirchen- und Gottesdienstbesucher werden im Gotteshaus künftig Platz finden, etwas weniger als vorher.

Wichtig ist Rufer als Gemeindemitglied auch, dass die Kirche ein Ort der Gemeinschaft ist, in der "Leben stattfinden kann". So soll das Gotteshaus künftig jeden Tag geöffnet sein, "und nicht nur sonntags für zwei, drei Stunden." Mößner drückt es so aus: "Wir wollen zwar 'den Himmel in den Raum' holen, danach aber nicht die Zugbrücken schließen."

Zumal sich die Neugestaltung der Kirche als "Herzstück" einfüge in die weiteren Veränderungen in der Kirchstraße. Hier baut die evangelische Kirchengemeinde in Eigenregie ihr Begegnungszentrum im alten Gemeindehaus. Zudem wird das Außengelände neu gestaltet. Die Mauern am Kirchenvorplatz werden weichen und durch eine offene Treppe ersetzt. Die Stadt übernimmt die nötigen baulichen Veränderungen im Straßenbereich und schafft hier sogar neue Parkplätze. Der Gemeinderat hatte dem im Oktober zugestimmt.

Die Kirchengemeinde selbst wird für die neuen Außenanlagen etwa 300.000 Euro in die Hand nehmen müssen. Ihr neues Begegnungszentrum wird mit Kosten in Höhe von rund 750.000 Euro kalkuliert. Und die Neugestaltung der Kirche? "Das wird eine Punktlandung bei 1,6 Millionen Euro", sagt Uwe Heid von der Gesellschaft für Projektentwicklung und Projektsteuerung für kirchliches Bauen in Baden, kurz: "Pro ki ba". Rund zwei Drittel davon trägt die ESPS, ein Drittel die Schriesheimer Kirchengemeinde. Dazu kommen rund 80.000 Euro für die neuen Prinzipalien. Und nicht zu vergessen die rund 160.000 Euro für die Orgelsanierung, bei deren Finanzierung die Landeskirche dem Schriesheimer Orgelförderverein unter die Arme greift.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung