Schriesheim im Bild 2023

01.06.2015

"Im Heidelberger Umland wohnt man nicht wirklich billiger"

Der Mieterverein Heidelberg schreibt an die Landesregierung: Die Mietpreisbremse müsste für deutlich mehr als die bisher dafür benannten Kommunen gelten

Von Peter Wiest

Heidelberg/Rhein-Neckar. Lässt es sich in Weinheim, Neckargemünd oder Schriesheim billiger zur Miete wohnen als in Dossenheim, Edingen-Neckarhausen oder Leimen? Nicht nur Christoph Nestor hat daran erhebliche Zweifel. "Das entspricht einfach nicht den gegebenen Realitäten - und deshalb müssen wir uns dagegen wehren", sagt der Geschäftsführer des Mietervereins Heidelberg. Deshalb hat er jetzt zusammen mit dem Vorsitzenden des Vereins, dem Heidelberger SPD-Bundestagsabgeordneten Lothar Binding, einen Protestbrief an die Landesregierung geschrieben - um zu verhindern, dass die so genannte Mietpreisbremse, die demnächst auch in Baden-Württemberg eingeführt werden soll, lediglich für eine ausgesuchte Handvoll Kommunen in der Rhein-Neckar-Region Gültigkeit haben soll.

Die Mietpreisbremse soll Wohnungssuchende vor Wuchermieten schützen. In so genannten "Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt" dürfen neue Mieten bei einem Umzug dann maximal zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen. Auch in Baden-Württemberg soll dies demnächst gelten; ab wann genau, ist noch unklar. Wie Christoph Nestor erläutert, wehrt sich der Mieterverein Heidelberg insbesondere dagegen, dass in der von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid dafür geplanten Verordnung zur Mietpreisbremse als "Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten" lediglich 45 Städte und Gemeinden in ganz Baden-Württemberg benannt würden, wie er sagt. Neben der Stadt Heidelberg sind dies im Rhein-Neckar-Kreis nur noch Dosssenheim, Edingen-Neckarhausen, Eppelheim und Leimen. Dies ist aus Nestors und Bindings Sicht absolut unrealistisch und geht an den tatsächlichen Gegebenheiten vorbei. Für den Mieterverein Heidelberg, der im Umland der Stadt 8000 Mitglieder und damit deutlich mehr als die 5000 in Heidelberg selbst hat, gibt es längst auch noch weiteres "teures Mietumland" als lediglich die genannten vier Kommunen: "Aus unserer Sicht", so Nestor, "kommen ohne weiteres mindestens noch sechs bis acht Kommunen in Frage, in denen die Neuvermietungspreise und auch größere Anteile der Bestandsmieten sich längst dem Heidelberger Niveau angenähert haben".

Im Einzelnen benennt der Mietervereins-Geschäftsführer Schriesheim, Ladenburg, Schwetzingen, Oftersheim, Sandhausen, Walldorf, Wiesloch, und Neckargemünd als solche Kommunen. "Dort gibt es allerdings bisher nirgends einen Mietspiegel, der die Bestandsmieten genau wiedergibt", sagt er. Dennoch stehe "außer Zweifel, dass der Wohnungsmarkt hinter den Heidelberger Stadtgrenzen alles andere als entspannt ist". Bedacht werden müsse zudem auch, dass "beispielsweise in Heidelberg auch nicht alles durchgehend teurer ist". Es gebe hier bekanntlich zwischen den einzelnen Stadtteilen deutlich unterschiedliche Mietpreise. "Da brauchen Sie doch nur einmal nach Neuenheim und auf der anderen Seite vergleichsweise in den Pfaffengrund schauen".

Für den Mieterverein Heidelberg sei zudem auch nicht nachvollziehbar, warum die Stadt Mannheim indirekt durch Weglassen aus der Verordnung zu einem mietenmäßig entspannten Gebiet erklärt werde, "obwohl es dort insbesondere bei Neuvermietungen in Teilmärkten längst genau so teuer ist wie etwa in Teilen von Karlsruhe, das wiederum in der Verordnung steht". Im Ballungsraum Stuttgart tauche im Übrigen das gleiche Problem auf: "Dort stößt die Erwähnung von lediglich zwei von zwölf teuren Städten auf Unverständnis", so Nestor.

Der Mieterverein hinterfragt in seinem Schreiben auch die Kriterien, die zu einer Aufnahme beziehungsweise Nichtaufnahme von Kommunen in die Liste für die Mietpreisbremse geführt haben. "Die Landesregierung hat uns bisher dazu nichts gesagt", so Christoph Nestor.

Der Mietervereins-Geschäftsführer nimmt den Brief an die Landesregierung schließlich auch zum Anlass für einen eindringlichen Appell an die Bürgermeister und Gemeinderäte der Umlandgemeinden, "sich diesem Thema endlich mal aktiv zu widmen" und sich gegenüber der Landesregierung von sich aus zu positionieren. Schließlich sei die Mietpreisbremse wie auch die Mietsituation überhaupt ein Thema, das die Bürger enorm beschäftige - und die daraus resultierende Problematik "reicht doch bis tief hinein ins gesamte soziale und wirtschaftliche Leben".

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung