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25.06.2015

Schriesheimer Zehntkeller: Kein zweiter Fluchtweg in diesem Jahr

Weil im Gemeinderat über eine komplette Sanierung beraten werden soll, wird der zweite Fluchtweg im Zehntkeller dieses Jahr doch nicht gebaut

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Der zweite Fluchtweg im Zehntkeller wird in diesem Sommer nicht gebaut. Die Ausschreibung dafür wurde von der Verwaltung gestern formal aufgehoben, nachdem sich die Fraktionssprecher in ihrer Sitzung im Rathaus mit dem Thema befasst hatten. Das bestätigte Bürgermeister Hansjörg Höfer auf RNZ-Anfrage. Offenbar hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass man den großen Zehntkeller gleich mit sanieren könnte, wenn schon der zusätzliche Notausgang gebaut werden muss - bedingt durch verschärfte Sicherheitsvorgaben nach der Katastrophe bei der Duisburger Love-Parade.

Die Verwaltung zog die Reißleine quasi in letzter Minute. Heute wäre der Submissionstermin für die Angebote zum Bau des zweiten Fluchtwegs gewesen. Wäre die Ausschreibung daher nicht gestern aufgehoben worden, hätten die anbietenden Firmen möglicherweise Regressansprüche geltend machen können. Daher sollten sich die Fraktionen nach ihren internen Sitzungen am Montag noch gestern zur Sache äußern. Grüne, CDU und SPD erklärten sich damit einverstanden, über die Gewölbesanierung, verbunden mit dem Fluchtwegbau zu beraten.

Höfer plädierte für die "große Lösung": "Ohne Zweifel muss der Zehntkeller saniert werden." Auch die komplette Technik, die Elektrik und die Wasserversorgung seien ja zu erneuern. Um in der nordöstlichen Ecke des Raums die zweite Treppe ins Freie bauen zu können, müssen die Theke mit der Empore darüber sowie die Kühl- und Lagerräume komplett ausgebaut werden: "Und es war der Wunsch der Parteien sowie der Winzergenossenschaft, dass die neue Theke an die südliche Wand verlegt wird", so Höfer. Künftig soll der Weinausschank also gleich rechts beim Eingang zum großen Keller sein. Um die technischen Voraussetzungen für die neue Theke zu schaffen, so Höfer, müsse man den Boden öffnen. Für den Bürgermeister alles Gründe, auch gleich die Sanierung in Angriff zu nehmen. Neben der baulichen Seite gab es für den Rathauschef ein weiteres Argument dafür: "Seit dem Abriss der ’Pfalz’ fehlt in Schriesheim ein größerer Raum für Veranstaltungen." Umso wichtiger ist ihm wohl ein modernisierter Zehntkeller.

Die Kosten dafür würden jetzt durchkalkuliert. Diese sollten dann im Haushalt 2016 berücksichtigt werden. so Höfer. Ihm schwebt vor, die Baumaßnahme nach dem Mathaisemarkt im kommenden Jahr in Angriff zu nehmen: "Der Zehntkeller wäre dann für ein Jahr gesperrt."

Geht es schließlich nach dem Bürgermeister, liegt die Planung und Kostenkalkulation in den Händen von Architekt Manfred M. Fischer, nach dessen Entwürfen schon das neue Zehntkeller-Entrée und der Probierkeller umgestaltet wurden: "Das sollte in einer Hand bleiben", sagte Höfer.

"Es ist richtig, eine Gesamtplanung aufzustellen", so Grünen-Sprecher Christian Wolf. Seine Fraktion würde die Sanierung, verbunden mit dem Fluchtwegbau begrüßen. Entscheiden müsse man aber auf Grundlage der Kostenschätzung. Den Finanzierungsvorbehalt in der Diskussion sah auch Rainer Dellbrügge (SPD), wenngleich er betonte: "Wenn wir jetzt nur den Fluchtweg machen, dann ist eine größere Lösung für Jahre verbaut." Danach noch mal anzufangen würde bedeuten, zweimal Geld in die Hand zu nehmen.

"Das hätte auch anders laufen können": CDU-Sprecher Michael Mittelstädt erinnerte daran, dass er im Gestaltungsbeirat schon vor dem Umbau des Zehntkeller-Eingangs angeregt habe, dass man sich grundsätzliche Gedanken über das Gewölbe machen müsse: "Doch das wurde damals noch abgeschmettert." Auch Mittelstädt benutzte gestern das Wort Finanzierungsvorbehalt. Wenn man den Zehntkeller sanieren wolle, müssten andere Themen im Haushalt gestrichen werden: "Und dann ist es immer noch eine Frage der Priorität."

Gegen die Debatte über eine "große Lösung" äußerten sich die Freien Wähler. Ihr Sprecher Heinz Kimmel beharrte darauf: "Wenn man hört, dass dafür 800 000 Euro im Raum stehen, dann ist das die Diskussion nicht wert. Nach den Haushaltsreden dieses Jahres und mit Blick auf die Finanzlage der Stadt ist die Zehntkellersanierung einfach nicht machbar, auch wenn wir grundsätzlich ja dafür sind." FDP-Einzelstadtrat Wolfgang Renkenberger wollte sich gestern nicht dazu äußern.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung