Schriesheim im Bild 2023

10.10.2015

Schriesheimer Weinlese: "Es war ein guter, runder Herbst"

WG-Geschäftsführer Harald Weiss zog Bilanz der diesjährigen Weinlese – Riesling und Spätburgunder sind unter den "Gewinnern".

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Die diesjährige Weinernte brachte mehr Ertrag, höhere Öchsle-Grade und ein kerngesundes Lesegut. Der Geschäftsführer der Schriesheimer Winzergenossenschaft (WG), Harald Weiss, hätte in seiner gestrigen Herbstbilanz also durchaus etwas euphorisch sein können. Er blieb aber lieber auf dem Teppich: "Es war ein guter, runder Herbst. Jetzt warten wir ab, wie die Weine im Keller werden." Immerhin ging er von "hochwertigen, sortentypischen Weinen" aus.

Die rund 150 Genossenschaftswinzer haben an 22 Lesetagen zwischen dem 14. September und 7. Oktober knapp 1,31 Millionen Kilogramm Trauben auf einer Rebfläche von 129,5 Hektar gelesen. Vergangenes Jahr waren es 1,16 Millionen Kilogramm auf 127 Hektar gewesen. Das durchschnittliche Mostgewicht betrug über alle Sorten hinweg 89,7, im Herbst 2014 waren es rund 84,3 Grad Öchsle.

Bemerkenswert: Weiss schätzte, dass es lediglich 20 WG-Winzer sind, die alleine rund 100 Hektar der Gesamtfläche bewirtschaften. "Das ist ein Bauchgefühl. Aber es stimmt schon, dass es sich weiter konzentriert." Manche Mitglieder würden nur mit einem Bottich ans Kelterhaus kommen, danach sei für sie schon Schluss mit der Ernte.

Einer der größten Gewinner dieses Jahres ist der Riesling. Von diesem wurden 181 Tonnen gelesen, fünf mehr als 2014. Er brachte es auf 94 Grad Öchsle im Schnitt, ein Plus von satten zwölf Grad im Vergleich zum Vorjahr: "Diese Entwicklung war eigentlich beispiellos", sagte Weiss: "Wir werden Spätlesen haben. Das hatten wir beim Riesling lange nicht so." Ein Gewinner ist auch der Weißburgunder, obwohl ihn gleich am ersten Lesetag der Hagel erwischte: "Die bedrohten Flächen mussten wir zügig abwickeln und haben den Leseplan gleich angepasst", erinnerte sich Weiss, um in diesem Zusammenhang auch die Flexibilität seiner Kelterhausmannschaft zu würdigen: "Da darf man mit Lob nicht sparen. Das Team ist einfach immer bereit." Verluste an Menge und Qualität gab es daher auch beim Weißburgunder nicht: Mit 141 Tonnen wurden 18 Tonnen mehr gelesen als im Herbst davor, und das Mostgewicht war mit 90 im Schnitt um gut zwei Grad Öchsle höher.

Durchatmen kann die WG auch beim Spätburgunder. Die Zahlen der Lese: 404 Tonnen (plus 28) bei 94,7 Grad Öchsle (plus 6,7). Weiss freute es: "Jetzt haben wir wieder einen Vorrat und ein schönes Polster." Im hohen Zuckergehalt des Leseguts quer durch die Sorten sieht er kein Problem. Man spare eben einen Arbeitsschritt im Keller und müsse den Most nicht anreichern. Gerade für den Spätburgunder sah Weiss Vorteile: "Wir müssen uns auch dem internationalen Weinmarkt stellen, und da dürfen die Spätburgunder auch mal kräftig sein."

Die Kunden jedenfalls dürften sich auf das komplette Sortiment freuen: "Es ist von allem da", so Weiss. Allerdings sei es eine "knackige Aufgabe", die hochwertigen Weine letztlich auch "hochwertig zu verkaufen": "Das wird man gut erklären müssen." Gleichwohl erwartet er, dass etwa der Grauburgunder wieder schnell ausverkauft sein wird: "Der ist so beliebt, da könnten wir eigentlich zwei Hektar mehr gebrauchen."

Unfall auf der Autobahn

Den Grauburgunder berücksichtigte die WG dieses Jahr erstmals auch für die Lese mit dem Vollernter von Werner Bauer, dem Inhaber des Weinguts Dachsbuckel. Insgesamt 20 Prozent des diesjährigen Ertrags wurden nicht in Handarbeit eingeholt. Seit die WG die Vollernterlese im Jahr 2008 am Müller-Thurgau testete, stieg der maschinelle Leseanteil kontinuierlich. Auch durch Anlagen mit Riesling, Silvaner und Weißburgunder lassen die Genossenschaftswinzer den Vollernter inzwischen fahren. Berührungsängste gibt es längst nicht mehr, weil das Lesegut sauber ist.

Auch insofern war es also ein reibungsloser Herbst, der dennoch nicht ganz ohne Störung verlief. Weiss berichtete von einem Unfall auf der Autobahn 5. Ein litauischer Pkw-Transporter sei in einen Mosttanker auf dem Weg zum Badischen Winzerkeller in Breisach gekracht. Die Folge waren 20 Kilometer Stau. Der Most musste in einen anderen Tanklastzug gepumpt werden: "Das Ganze ging für uns aber ohne Verluste aus", so Weiss.

Copyright (c) rnz-online

Autor: Rhein-Neckar-Zeitung