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28.04.2016

Altenbacher Maibaum: "Fällen oder stellen"

Altenbacher Maibaum: "Fällen oder stellen"

Das Maibaumstellen in Altenbach war wieder knifflig

Am Samstag wurde der Maibaum am Ortsmittelpunkt in die Höhe gezogen. Foto: Dorn

Von Carsten Blaue

Schriesheim-Altenbach. Die Wolken hingen grau und schwer am Himmel über Altenbach. Kalt war es noch dazu. Für Bier und Wein, angeboten von den Schützen des Ortsteils in der Floriansklause der Feuerwehr, war es eigentlich zu frisch. Aber wenigstens waren die Bänder bunt, die die Krone des Maibaums und seinen Kranz schmückten. Am Samstag wurde das Prachtstück am Ortsmittelpunkt mit purer Muskelkraft der starken Altenbacher aufgestellt. Und trotz aller Routine und Tradition war es wieder eine knifflige Sache. Doch bevor es an das Seil und das Gestänge ging, begrüßte Ortsvorsteher Dr. Herbert Kraus die Anwesenden, darunter Bürgermeister Hansjörg Höfer, Gemeinde- und Ortschaftsräte sowie die neue Leiterin der Altenbacher Grundschule, Anja Münster-Doubravsky.

Kraus hatte sich über die Tradition des Maibaumstellens informiert. Diese gehe bis ins 13. Jahrhundert zurück, hatte er recherchiert. Bei den Germanen habe man die Bäume schälen müssen, damit sich nicht Hexen und böse Geister in Gestalt von Käfern unter der Rinde versteckt halten. Auch das Altenbacher Modell ist geschält. Mehr Worte wollte der Ortsvorsteher gar nicht verlieren, denn da lag der 16 Meter lange Nadelbaum und wartete darauf, in die Vertikale gebracht zu werden. Also fragte Kraus nur noch: "Wie viele Männer brauchen wir, und wer führt Regie?".

Unter den zwölf Mannen, die anpackten, waren neben Höfer und dem Ortsvorsteher auch die Ortschaftsräte Karl Reidinger, Markus Zwaller und Hans Beckenbach. Ihre Kolleginnen Karin Malmberg-Weber und Alexandra Lehmann zogen das Zuschauen vor. Dass die Grünen komplett fehlten, lag daran, dass sie zeitgleich ihre Altenbacher Waldputzaktion hatten. Sicher ebenso Schwerstarbeit wie das kameradschaftliche Ziehen und Stemmen am langen Gehölz.

Mit Geduld und Vorsicht wurde der Maibaum Stück für Stück in die Höhe gebracht, wobei auch Höfer seine Routine in knappen Tipps und Hinweisen ausspielte. Dass der Stamm an seiner Basis bereits in einer Art Scharnier befestigt war, erwies sich als Vorteil für die Balance. Diese Vorrichtung kommt in Altenbach immer zum Einsatz: "So was haben wir nicht", meinte Karl-Heinz Schulz.

Das Ehrenmitglied des Verkehrsvereins beobachtete die Plackerei in sicherer Entfernung und mit dem Blick des Fachmanns. Schließlich kennt er das Prozedere aus der Kernstadt ja nur zu gut, weil der Verkehrsverein hier stets das Maibaum-Fest ausrichtet - dieses Jahr am kommenden Samstag, 30. April, um 15 Uhr vor dem neuen Rathaus. "Der hier ist drei Meter höher als in Schriesheim", sagte Schulz, neben dem auch Verkehrsvereinschefin Irmgard Mohr genau hinschaute. Schulz war sofort aufgefallen, dass die Altenbacher nur ein Seil haben, an dem sie folglich auch gerade ziehen mussten: "Da ziehste dich ja kaputt", so Schulz. Er präferiert zwei Seile und eine eher diagonale Zugrichtung. Eine Wissenschaft für sich, dieses Maibaumstellen. Jedenfalls hatten es die Männer dann doch geschafft. Unter dem warmen Applaus der (ansonsten wenig anfeuerungsfreudigen) Zuschauer wurde der Maibaum mit Keilen fixiert. "Fällen oder stellen", rief einer der zufriedenen Akteure im Triumph über die Schwerkraft. In diesem Fall lieber stellen - so schön, wie der Altenbacher Maibaum auch dieses Jahr wieder ist.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung