Schriesheim im Bild 2023

19.06.2016

Flüchtlinge in Schriesheim: "Ohne Fußball wäre uns langweilig"

Flüchtlinge kicken immer mittwochs gemeinsam mit Studenten im Sportzentrum - Es werden jedoch Spenden für Platzmiete und Ausrüstung gesucht

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Fußball verbindet und bringt Menschen aus allerlei Himmelsrichtungen zusammen: Das merkt man nicht nur dieser Tage bei der Europameisterschaft in Frankreich, sondern seit einem halben Jahr auch mittwochabends auf dem Schriesheimer Sportplatz.

Dort treffen sich, bei gutem wie schlechtem Wetter, jede Woche bis zu 40 Studenten und Flüchtlinge aus Schriesheim und Umgebung zum gemeinsamen Fußballspielen. Organisiert wird das Angebot durch das christliche Studentenwohnheim des Friedrich-Hauß-Studienzentrums in der Heidelberger Straße und die Evangelische Kirchengemeinde.

Die Vorfreude ist schon vor Betreten des Rasens am Spielfeldrand deutlich zu spüren: "Wir warten jede Woche auf Mittwoch", sagt der 17 Jahre alte Sami aus Afghanistan, der regelmäßig und bei jedem Wetter aus Ladenburg nach Schriesheim gefahren kommt: "Ohne Fußball wäre uns einfach langweilig." Für Lehramtsstudent Lukas Gulden, der den wöchentlichen Kick leitet, ist das Angebot eine Herzensangelegenheit: "Es ist schön zu sehen, wie viele unterschiedliche Leute hier jeden Mittwoch auftauchen. Man lernt sich über die Zeit besser kennen und es entstehen echte Freundschaften."

Am Anfang jedes Fußballabends steht eine kurze Andacht. In einfachem Deutsch werden biblische Botschaften anhand von Gegenständen, zum Beispiel Plastikflaschen oder schmutzigen T-Shirts, vermittelt. Dieses Mal liest der 27 Jahre alte Hussein Ali Dishad aus dem Nordirak auf Arabisch aus dem Lukasevangelium und bekommt hinterher spontanen Applaus.

Auf dem Rasen geht es dann in gemischten Teams richtig zur Sache: Knappe zwei Stunden lang wird in sechs Teams auf drei Spielfeldern gelaufen, getrickst, gepasst und gekämpft. Jegliche Sprachbarrieren sind dabei schnell abgebaut. Am Ende gehen die meisten so wie der 32 Jahre alte Pooria aus dem Iran vom Platz: außer Atem, aber glücklich. "Viel Spaß" habe es ihm gemacht, sagt er: "Das war das erste Mal seit einem Jahr, dass ich wieder Fußball spielen konnte."

Während der Europameisterschaft treffen sich viele der Spieler auch zum "Rudelgucken" der deutschen Spiele im Gemeindehaus in der Kirchstraße. Auch dadurch werden die neuen Freundschaften gestärkt. "Viele gewinnen dabei unglaublich an Selbstbewusstsein", sagt Student Andreas Hoenemann. Momentan zahlt die Schriesheimer Flüchtlingshilfe die Platzmiete. Die Stadtverwaltung hatte einen Verzicht auf die Mieteinnahmen abgelehnt.

Nun werben die Studenten um Spenden, um die Mietkosten von 78 Euro pro Vierteljahr weiterhin aufbringen zu können. Darüber hinaus werden zur Einteilung der Mannschaften zusätzliche Leibchen benötigt, da letztere wegen der großen Anzahl an Spielern häufig nicht ausreichen. Ebenso sollen von dem Geld neue Bälle gekauft werden, um immer auf drei Feldern gleichzeitig spielen zu können: jeden Mittwochabend, bei jedem Wetter.

Info: Spenden können an das Konto der Flüchtlingshilfe überwiesen werden: Evangelische Kirchengemeinde Schriesheim Flüchtlingshilfe, IBAN: DE66 6729 0100 0066 9404 03, Volksbank Kurpfalz H+G Bank.
Um im Sportzentrum spielen zu können, muss die Gruppe vierteljährlich 78 Euro für die Platzmiete aufbringen. Foto: Dorn

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung