Schriesheim im Bild 2023

16.09.2016

Im "Urgefühl der Existenz": Ausstellung "Déjà-vu" im Museum Théo Kerg

Im "Urgefühl der Existenz": Ausstellung "Déjà-vu" im Museum Théo Kerg

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. Auf dem Schwarz-Weiß-Foto sieht man drei Körper, deren Köpfe irgendwie deformiert wirken. Das Motiv ist auf den Einladungskarten abgebildet, die der Kulturkreis dieser Tage für die neue Sonderausstellung "Déjà-vu" mit Fritz Stier verschickt. "Sirenen" nennt der Videokünstler die Arbeit, aus der das Foto stammt. Fünf junge Frauen sind insgesamt zu sehen: Ihre Füße stecken in einer Art Manschette, während sie kopfüber in ein Aquarium gesenkt werden. Dort verweilen sie einen Moment im Wasser, während ihnen das Wasser in die Nasenlöcher läuft - was sie dabei empfinden, kann man sich vielleicht vorstellen, doch ihre optisch verzerrten Gesichter bleiben ausdruckslos, erinnern eher an Puppenköpfe. "Ein meditatives Sich-Nähern an eine äußere und innere Form der Existenz" nennt Martin Stather vom Mannheimer Kunstverein die Arbeiten und ihre "verstörende, poetische Qualität".

Sein "Handwerk" lernte der 1951 geborene Künstler während des Studiums in Mannheim und Berlin; bis 1980 arbeitete Stier als Kunst- und Gestaltungstherapeut, später ging auf ihn der Kunstraum "art now" in Mannheim zurück, wurde er Mitherausgeber des Videoart-Magazins "Schauinsland" und initiierte den "Videocongress". Das Mitglied der Künstlergruppe "Tafelrunde" setzte ab 1989 die verschiedensten Einzel- und Gruppenausstellungen um und organisierte in der Metropolregion auch Veranstaltungen wie "Unter Tage" in Mannheim, die "Internationalen Videotage" in Heidelberg und Mannheim sowie das Mannheimer Kunstflug-Festival, das sich als Plattform für die Szene der Metropolregion versteht; seit zehn Jahren ist er zudem künstlerischer Leiter des Kunsthauses Viernheim. Eigene Ausstellungen waren in Amsterdam, Prag, Worms, Landau oder Köln zu sehen; 2017 ist er im Filmmuseum Frankfurt oder dem Konsumverein Braunschweig. Doch zuvor kann man Stiers Installationen, die auf große Metallplatten projiziert werden, im Museum Théo Kerg bewundern.

"Déjà-vu", auf Französisch "schon gesehen", bezieht sich auf die tranceartigen Zustände, während derer man das Gefühl hat, eine bestimmte Situation schon einmal erlebt zu haben. Seine "Sirenen" spielen an auf die halbmenschlichen Wesen, gegen deren verführerischen, ins Verderben lockenden Gesang sich der Seefahrer Odysseus am Mast seines Schiffes festbinden ließ, während er seinen Männern die Ohren verstopfte. Die Frauengestalten Stiers wirken im Gegensatz dazu ausgeliefert und hilflos, zudem tauchen sie vollkommen geräuschlos und unendlich langsam ins Wasser.

In extremer Zeitlupe bewegt sich auch die Artistin seines Videos "con torso", die ihren Körper extrem verrenkt. Bei "Floating" treiben Menschen schwerelos durch einen schwarzen Raum - die Assoziation mit Computer-Bildschirmschonern drängt sich auf. Die Figuren wurden wiederum als "Fotomodifikationen", eine Art großer Collagen, aus ihrem Kontext herausgenommen und zum Teil einer weiteren Ausstellung.

Für ihn habe Kunst eine große Nähe zum "Urgefühl der Existenz, der Wahrnehmungen und Sinne", sagte Stier einmal im Gespräch mit der RNZ, und: "Meine Arbeiten changieren, machen vielseitige Bedeutungen sichtbar, drehen sich, lösen sich auf, formen sich neu und bewegen sich auf einander zu wie ein Mann und eine Frau."

Info: Die Sonderausstellung "Déjà-vu" im Museum Théo Kerg beginnt mit der Vernissage am Sonntag, 25. September um 11 Uhr. Zu sehen ist sie bis einschließlich 30. Oktober, und zwar immer samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr, mittwochs von 17 bis 19 Uhr sowie nach Vereinbarung.

Das Foto stammt aus Fritz Stiers Werk "Sirenen". Es stammt aus dem Jahr 2014 und wird in der Sonderausstellung zu sehen sein. Repro: RNZ/Foto: zg

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung