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24.10.2016

Sparkasse Rhein Neckar Nord schließt vier Filialen an der Bergstraße

Das Befürchtete tritt ein: Sparkasse Rhein Neckar Nord schließt Filialen in Weinheim-West, Oberflockenbach, Sulzbach und Altenbach

Von Alexander Albrecht, Carsten Blaue und Philipp Weber

Mannheim/Weinheim/Schriesheim. Nur noch wenige Monate können Sparkassen-Kunden in Altenbach, Oberflockenbach, Sulzbach und in der Weinheimer Weststadt (Königsberger Straße) Geld abheben, Überweisungen und Daueraufträge tätigen oder sich von Finanzfachleuten über Kredite, Anlagen oder Immobilien beraten lassen. Dann ist Schluss. Die Sparkasse Rhein Neckar Nord wird die Kleinstfilialen im Laufe des nächsten Jahres schließen. Das gab der Vorstandsvorsitzende, Stefan Kleiber, am Freitagabend nach einer Mitarbeiterversammlung im Kulturhaus Käfertal bekannt, ohne konkrete Termine zu nennen. Dicht gemacht werden auch Filialen in Mannheim sowie eine in Hemsbach. Daneben werden in der Quadratestadt einzelne Standorte auf zwei größere konzentriert.

"Wir wollen uns keineswegs aus der Fläche herausziehen", sagte Kleiber. Bei einer Analyse habe man aber festgestellt, dass in den betroffenen Filialen durchschnittlich nur noch zwei bis drei Kunden pro Stunde Service- oder Beratungsleistungen in Anspruch nehmen. Dafür führte Kleiber eine Vielzahl von Gründen an. Geldgeschäfte über das Internet nehmen immer mehr an Bedeutung zu, auch unter den Älteren. Von den über 60-Jährigen nutzen knapp 65 Prozent das sogenannte Online-Banking, vieles wird auch telefonisch erledigt. Hinzu kommt, dass die Kunden häufig in Zentren zum Bankschalter beziehungsweise Automaten gehen oder dort, wo sie arbeiten.

Nicht zuletzt steht die Sparkasse Rhein Neckar Nord unter Kostendruck, der Niedrigzins tut sein übriges: "Wir wollen leistungsfähig bleiben", betonte Kleiber, "und nicht nur da sein, damit wir da sind". Zu den Auswirkungen der Filialschließungen äußerte sich der Vorstandschef erst auf Nachfrage. Altenbach und Oberflockenbach gehörten zu den Standorten, die etwas weiter von den nächsten entfernt seien, rund fünf bis sechs Kilometer. Aus Sicht von Kleiber ist das ein "Luxusproblem". Denn: "Auch wer zum Arzt muss oder größer einkaufen will, fährt ins Zentrum." Und: "Oft sind wir die letzten Dinosaurier im Dorf, wo es sonst nicht mehr viel gibt."

Zugleich räumte Kleiber ein, dass Härtefälle existierten. Was macht zum Beispiel die 80-jährige Oma im Dorf? Die Sparkasse will hier nach Lösungen suchen. Eine könnte darin bestehen, dass der Edeka-Markt in Oberflockenbach auch Geld auszahlt. Und es sollen Beratungsgespräche bei den Kunden zu Hause angeboten werden. Es werde aber sicher nicht möglich sein, dass die Sparkasse das Geld vorbeibringe.

In den Filialen in Altenbach, Oberflockenbach, Sulzbach und in der Königsberger Straße in Weinheim arbeiten derzeit noch jeweils zwei Mitarbeiter. Das ist der Mindeststandard. "Wenn hier jemand krankheits- oder urlaubsbedingt ausfällt, wird es eng, und es müssen Termine verschoben werden", sagte Kleiber. Bei größeren Filialen mit mehr Personal sei dies nicht der Fall, zeigte der Vorstandschef einen Vorteil der "Neustrukturierung" auf.

Oberflockenbacher Kunden werden künftig in der Großsachsener Filiale betreut, Sulzbacher in der Weinheimer Nordstadt, Anwohner der Königsberger Straße im Multzentrum und die Altenbacher in Schriesheim. Ob in der näheren Zukunft noch weitere Standorte geschlossen werden? "Wir werden sicher nicht im kommenden Jahr noch so ein Programm auflegen, aber ich kann keine Garantie für die Zukunft geben. Dafür ändert sich die Finanzbranche viel zu rasant", so Kleiber.

Auch Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernard äußerte sich auf RNZ-Anfrage: Als Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse Rhein Neckar Nord habe er die Interessen des gesamten Geldinstituts zu vertreten, sagte er. "Aus betriebswirtschaftlicher Sicht war klar, dass die Filialen nicht mehr tragbar waren." Neben wirtschaftlichen Kriterien hätten auch strategische Fragestellungen eine Rolle gespielt. Am Ende habe sich der Verwaltungsrat einstimmig den Einschätzungen der Sparkassenchefs angeschlossen. Auch Schriesheims Bürgermeister Hansjörg Höfer hatte die Einsparungen im Verwaltungsrat mitgetragen. Die Standortfrage sei damit entschieden, betonte Bernhard. Jetzt müsse unter anderem geklärt werden, wie es mit den betroffenen Gebäuden weitergeht.

Der Altenbacher Ortsvorsteher, Herbert Kraus, hatte die Schließung in seinem Ort schon befürchtet: "Es gab ja seit Wochen Gerüchte." Dass es jetzt so kommt, bedauerte er gestern auf RNZ-Anfrage. "Das ist natürlich ein absoluter Verlust für unseren Ort. Ich habe es erst nicht glauben wollen, dass die Sparkasse hier der Volksbank so einfach das Feld überlässt. Aber die Sparkasse war wohl dazu gezwungen." Kraus merkte an, dass das Aus der Filiale "konträr" sei zur absehbaren Ortsentwicklung. Seit der Öffnung des Branichtunnels ist das Interesse an Bauplätzen in Altenbach deutlich gestiegen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung