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07.02.2017

Schriesheims Finanzen: Hohen Einkünften stehen hohe Schulden gegenüber

Zwischen "rosig" und "katastrophal": Im Finanzbericht des Rhein-Neckar-Kreises steht Schriesheim nicht manchen Bereichen schlecht da

Schriesheim. (sk) "Die finanzielle Situation der Stadt ist geordnet", sagt Volker Arras. Das bedeutet, bestätigt der Stadtkämmerer auf Nachfrage der RNZ, irgendwo zwischen "rosig" und "katastrophal". Anlass für die Bewertung ist der aktuelle Finanzbericht des Rhein-Neckar-Kreises, der der RNZ vorliegt. Er vergleicht die Einnahmen und Ausgaben von 54 Gemeinden im Kreis.

Darin wird die Finanzsituation zunächst durchaus als rosig beschrieben, denn die Gemeinden konnten "den Finanzierungsüberschuss im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöhen." Dafür sorgten eine gute Konjunktur und höhere Landeszuschüsse, die wegen der Flüchtlingskrise flossen, um die Gemeinden zu entlasten. Zudem waren die Steuereinnahmen 2015 hoch, das Zinsniveau niedrig. Allerdings sieht man beim Landratsamt auch das Problem "der ungebremst steigenden Sozialausgaben" und vermutet, dass sich das wegen des Flüchtlingszuzugs künftig noch verschärfen dürfte.

Zunächst werden die Steuerkraftsummen verglichen, also die Einnahmen aus Grund-, und Gewerbesteuer, den Gemeindeanteilen aus Einkommens- und Umsatzsteuer, dem Familienleistungsausgleich und den Schlüsselzuweisungen. Schriesheim liegt mit einer Steuerkraftsumme in Höhe von 1244 Euro pro Einwohner im Mittelfeld (Kreis-Durchschnitt sind 1602 Euro). Arras erklärt, dass die Einnahmen aus der Gewerbesteuer nicht planbar seien und die Stadt auf die Gewerbesteuermessbescheide des Finanzamts angewiesen sei; es gebe in der Stadt 680 bis 700 angemeldete Gewerbebetriebe: "Aber nur ein Bruchteil zahlt Gewerbesteuern." Bei Grundsteuer A und B, Schlüsselzuweisungen und Gewerbesteuer liegt die Stadt eher im unteren Mittelfeld.

Eine Spitzenposition nimmt Schriesheim dagegen bei den Einkommenssteueranteilen ein, wo es 2014 und ’15 mit 654 Euro pro Einwohner unter die ersten Drei kam. Umso verwunderlicher, dass die Stadt in puncto Nettoinvestitionsrate beinahe das Schlusslicht ist (51. von 54). Dieser Wert ist ein Merkmal für die kommunale Eigenfinanzierungskraft: Werden Überschüsse im Verwaltungshaushalt erwirtschaftet, so müssen sie dem Vermögenshaushalt zugeführt werden. Die Zuführung muss mindestens so hoch sein, dass Tilgungen und Kreditbeschaffungskosten aufgebracht werden können; was danach übrig bleibt, ist die Nettoinvestitionsrate. Immerhin, ein kleiner Überschuss wurde erwirtschaftet, und Arras bemerkt: "Der überwiegende Teil der Einnahmen wird verwendet, um laufende Kosten zu decken. Denn wir haben viele kommunale Einrichtungen, allein sechs Kindergärten."

Apropos städtische Einrichtungen: Da verweist der Kämmerer auf die hohen Personalkosten. Doch der Vergleich zeigt, dass die Weinstadt da eher einen niedrigen Wert aufweist. Allerdings mit deutlicher Steigerung: Lagen die Kosten pro Einwohner im 2015er Plan noch bei 491 Euro, so stiegen sie innerhalb eines Jahres auf 523 Euro pro Kopf.

Positiv vermerkt wird im Bericht, dass die Allgemeinen Rücklagen deutlich vermehrt wurden: Ende 2015 hatten die 42 Kreis-Gemeinden, die noch kameralistisch und nicht nach der Doppik buchen, einen Rücklagenbestand von 209,6 Millionen Euro angesammelt - 19,4 Millionen mehr als im Vorjahr, 544 Euro pro Einwohner. Schriesheim liegt mit 151 Euro und der vergleichsweise geringen Rücklage von 2,232 Millionen Euro deutlich darunter; sie stieg auch nicht, sondern blieb am Ende des Rechnungsjahres unverändert.

Dazu kommt ein hoher Schuldenstand: 9,8 Millionen im Kernhaushalt (662 Euro pro Kopf) plus 12,3 Millionen (832 Euro pro Kopf) bei den Eigenbetrieben - macht eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1494 Euro. Sie ist die neunt-höchste im Kreis zwischen Leimen mit 3000 Euro und dem schuldenfreien Zuzenhausen. Arras rechtfertigt das mit den hohen Investitionen bei den Eigenbetrieben (Wasser, Abwasser), die vergleichbare Kommunen nicht hätten. Trotzdem versichert er zum Schluss: "Schriesheim wird keine Zwangsverwaltung bekommen. Derzeit nicht." Doch ob die Stadt große Sprünge machen kann, ist fraglich; bei der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 8. Februar wird sich das zeigen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung