Schriesheim im Bild 2023

29.01.2004

Die vergebene Suche nach den Mülltonnen

Nach einer Umstellung bei der Müllabfuhr ist in Schriesheim mancherorts das Chaos ausgebrochen - AVR: "Problem auf Gegenseitigkeit"

Derzeit ein gewohntes Bild in Schriesheims und Altenbachs Straßen: Ungeleerte Mülltonnen und prall gefüllt Säcke. Die AVR hat in der Stadt mit der Umstellung bei der Müllabfuhr massive Probleme. Foto: Dorn

Schriesheim. (ron) Stehengebliebene Mülltonnen, gleich welcher Farbe, überquellend von Unrat und begleitet von prall gefüllten blauen Müllsäcken - sie prägen im Moment das Schriesheimer Stadtbild. Seit Anfang des Jahres scheint bei der Müllabfuhr das Chaos ausgebrochen zu sein.

Vielen Schriesheimern, vor allem in den verwinkelten Odenwald-Stadtteilen und auf dem Branich, stehen die Haare zu Berge. Sie sind total sauer. Zum Beispiel Dieter Lucke, der SPD-Stadt- und Ortschaftsrat. Am Dienstagabend im Altenbacher Ortschaftsrat (wir haben gestern bereits berichtet), erzählte er genervt: "Die erste Leerung im neuen Jahr hat geklappt, dann nichts mehr. Die graue Tonne wurde nicht geleert, der Elektroschrott ist eine Woche auf der Straße gestanden. Dann sollte die grüne Tonne montags geleert werden, wurde sie aber nicht. Dann habe ich bei der AVR angerufen, es hieß mittwochs, dann donnerstags. Schließlich standen die Tonnen bis montags. . . " Und so weiter und so weiter.

Lucke ist nicht allein mit seinem Ärger. Bürgermeister Peter Riehl sparte schulterzuckend nicht mit klaren Worten: "Die Kacke ist am Dampfen bis zum Geht-nicht-mehr." Riehl kennt die Stimmung der Bürger schon von den vielen Anrufen, die bei ihm auf dem Rathaus ankommen - obwohl die Müllentsorgung Angelegenheit des Landkreises ist. "Viele kommen bei der AVR gar nicht durch", schimpfte der Bürgermeister und zeigte sich doch machtlos: "Wir können uns auch nur beschweren."

In der Tat scheint die Stadt Schriesheim mit ihren Hanglagen von einer Umstellung der AVR zum Jahreswechsel besonders betroffen zu sein. Am 1. Januar änderte die Kreisfirma nicht nur teilweise ihren Abfuhrrhythmus, sondern trennte sich auch von kleinen Abfuhrunternehmen. Somit war der Jahre lang für Schriesheim zuständige Viernheimer Unternehmer Hoffmann nicht mehr im Geschäft. Die AVR unterhält jetzt selbst eine eigene Abfuhrfirma, die AVR-Service GmbH. Die Fahrer der Firma Hoffmann kannten in Schriesheim jedes Eck, die neuen "Müllkutscher" sind ortsunkundig. "Dieses Wissen müssen wir uns natürlich erst aneignen", erklärte gestern AVR-Geschäftsführer Alfred Erhard auf RNZ-Anfrage.

Erhard gestand Versäumnisse ein, verwies aber darauf, dass "dieses Problem auf Gegenseitigkeit beruht". Seiner Erfahrung nach ist der Winterdienst in den Schriesheimer Hanggebieten für seine Müll-Laster nicht ausreichend, deshalb habe sich das Problem jetzt zugespitzt. "Woanders funktioniert das auch, zum Beispiel in Wilhelmsfeld", wunderte sich der AVR-Chef. Schriesheim ist ein heißes Pflaster für die Müllabfuhr, wegen seit Jahren eingefahrener Speziallösungen. "Wir müssen jetzt prüfen, ob wir diese Speziallösungen alle aufrecht erhalten können", gab er zu Bedenken. Was er meint, sind Einzelfälle von abgelegenen Häusern, die schwierig anzufahren sind. "Wir müssen sehen, was für die Anwohner zumutbar ist", so Erhard. Und er ließ durchblicken, dass sich die Bürger auf eine Verschlechterung des Service einstellen müssen: "Es gibt keine lex Schriesheim", kündigte der oberste Müllmann des Kreises an.

"Wir tun unser Mögliches", verspricht Alfred Erhard, dem unter anderem Bürgermeister Riehl "große Bemühtheit" zuschreibt. Der AVR-Chef bietet jedem betroffenen Bürger Hilfe an. "Wir nehmen jeden Anruf sehr sehr ernst", verspricht er, "auch wenn es nur um einen Einzelfall geht". Er ist sich gewiss, dass er die Lage in den Griff bekommt. Sonst drohen ihm womöglich Konsequenzen, wie sie Stadtrat Lucke bereits für sich erwogen hat: "Als letztes Mittel werde ich die Einzugsermächtigung widerrufen."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung