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30.06.2017

Weinheims Feuerwehrleute retten auch Pferde

Dafür haben sie eine spezielle Hebeplane - Bei einem Einsatz in Schriesheim wurde sie aber doch nicht gebraucht

Hufschmied und Maschinenbauer Michael Puhl (2. v. r.) erklärt die Funktionsweise der Hebeplane an seinem Pferd "Calypso". Foto: Feuerwehr Weinheim

Schriesheim/Weinheim. (web/cab) Feuerwehren haben auch immer wieder kuriose Einsätze. Am Sonntag in Schriesheim zum Beispiel. Die Freiwillige Feuerwehr der Weinstadt wurde zu einer Tierrettung gerufen. In einem Aussiedlerhof war ein Pferd gestürzt, hatte sich schwer verletzt und konnte nicht mehr aufstehen. Die Kameraden berieten sich mit der ebenfalls hinzugezogenen Veterinärin. Man beschloss, es mit Lufthebern zu probieren. Die Idee: Das Pferd anheben, bis es sich selbst wieder aufrichten kann. Und für den Fall, dass das nicht funktioniert, wurde zeitgleich noch die Weinheimer Feuerwehr alarmiert. Denn sie hat ein spezielles Tragegeschirr für die Bergung von Pferden. Fragt sich, warum ausgerechnet die Weinheimer Floriansjünger so etwas haben.

Feuerwehrsprecher Ralf Mittelbach lacht: "Weil wir die innovativste Wehr in der Region sind." Sein Selbstbewusstsein gründet sich nicht zuletzt auf die Tatsache, dass er und seine Mitstreiter ihre Verbindungen zu anderen Weinheimer Einrichtungen clever genutzt haben.

Ein Pferd habe ein Lebendgewicht von 400 bis 800 Kilo, erläutern die Feuerwehrleute. Nachdem die Bergung verunglückter oder schlicht stecken gebliebener Tiere den Helfern immer wieder große Probleme bereitet hatte, kam der Kontakt zum Weinheimer Pferde-Rehazentrum zustande. Das Ziel: Künftig ohne improvisierte Schlaufen auskommen und eine tiergerechte Rettung garantieren. Für Reha und Wehr kombinierte der staatlich geprüfte Hufschmied und Maschinenbauer Michael Puhl Kenntnisse aus seinen beiden Professionen - und entwickelte die Hebeplane. Der Clou: Die Hebeplane funktioniert in Kombination mit einer Spezialtraverse: "Das Pferd wird durch die Plane breitflächig beim Aufstehen unterstützt - und durch variabel einstellbare Brustgurte und das Hintergeschirr stabilisiert", erklärt Mittelbach. Die Traverse sorgt dafür, dass das Pferd sicher in der Plane hängt - und nicht gequetscht wird.

Die Pferde-Reha sammelte Spenden, sodass die Wehrleute das Gerät im Wert von 1200 Euro anschaffen konnten. Maschinenbauer Puhl führte die Einsatzkräfte persönlich in die Bedienung ein - sein eigenes Pferd "Calypso" durfte die Rettungsplane anprobieren und sich in die Höhe hieven lassen. "Wir hatten dabei in erster Linie unseren eigenen Zuständigkeitsbereich im Auge", so Mittelbach. Aber die Weinheimer Wehr unterstütze damit auch gerne Einsatzkräfte aus der ganzen Region.

Tierrettung ist schon seit längerer Zeit eine Art inoffizieller Schwerpunkt der Weinheimer Feuerwehrarbeit. "Auch Haus- oder Nutztiere geraten oft unverschuldet in Not; die viel zitierte Katzenrettung vom Baum ist dabei nur einer von vielen Aspekten", verrät Mittelbach, der selbst Feuerwehrsanitäter ist.

Dieses ungewöhnliche Engagement hatte bereits 2012 für Aufsehen gesorgt. Damals folgte die Weinheimer Feuerwehr dem Beispiel der Ludwigshafener Brandschützer und stellte konisch geformte Sauerstoffmasken für Haustiere vor. Denn auch diese können Rauchgasvergiftungen erleiden. Anprobieren durfte die Maske seinerzeit der fünfjährige Jack-Russell-Terrier "Robby".

Das Pferd auf dem Schriesheimer Aussiedlerhof konnte übrigens doch noch selbst wieder aufstehen. Das Tragegeschirr aus Weinheim wurde nicht gebraucht. Dass auch der örtliche Reit- und Fahrverein nicht über ein solches Bergungsgerät verfügt, erklärt die stellvertretende Vorsitzende, Lena Handschuh, so: "Es wäre als Verein eher unüblich, eine solche Plane zu besitzen - ein Katzenbesitzer hat ja auch in den seltensten Fällen ein Feuerwehrauto mit Drehleiter zu Hause."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung