Schriesheim im Bild 2023

13.02.2004

Die Grüne Liste sorgt für Überraschungen

Auch Kakadu-Wirt Udo Rauh, Weltbürger Vladimir Starowiecki und Dietrich Heeger kandidieren für den Schriesheimer Gemeinderat

Überraschungskandidaten auf der Grünen Liste: Links oben Dietrich Heeger, der Sohn des früheren Bürgermeisters, daneben die erst 18-jährige Jana Seiler, dann Kits-Gründerin Anette Reimelt (unten links) und Kakadu-Wirt Udo Rauh. Fotos: Kreutzer

Schriesheim. (ron) Der Schriesheimer Kommunalwahlkampf wird immer spannender. Gestern Abend legten die Grünen als letzte Partei der Stadt eine Kandidatenliste vor, die einige Überraschungen in sich hat. Außerdem: die meisten Frauen, dazu den ältesten Bewerber und die jüngste Kandidatin.

Zunächst: auch die Grünen in Schriesheim bekennen sich im Gegensatz zu früheren Jahren zu einem Personalwahlkampf. Selbstbewusst treten die fünf amtierenden Stadträte erneut auf den Spitzenplätzen an: Hansjörg Höfer nimmt dabei Platz eins der Liste ein. Sein Ergebnis am 13. Juni wird womöglich die Frage nach seiner Bürgermeisterkandidatur im nächsten Jahr beantworten. Parallel dazu tritt Fraktionschef Christian Wolf auf dem Spitzenplatz für Altenbach an. Auf den vorderen Plätzen folgen in dieser Reihenfolge Gisela Reinhard, Robert Hasenkopf und Dr. Bärbel Schenk-Zitsch.

Christian Wolf konnte übrigens eine beeindruckende und für Grüne auch untypische Rechnung vorlegen: 79 Jahre an Erfahrung im Gemeinderat bringen die erneut kandidierenden Stadträte mit. Höfer und Wolf bringen es zusammen alleine auf 40 Jahre. Robert Hasenkopf erklärte seine Motivation: "Ich will auch die Nach-Riehl-Ära noch als Gemeinderat erleben." Oder Bärbel Schenk-Zitsch: "Ich kandidiere so lange, bis das neue Jugendhaus steht."

Dann folgen die jungen "Grünspechte", die vor Jahren im Juts und später im ersten Jugendgemeinderat politische Kontur gewonnen haben: Johannes Scharr und Bernd Molitor , 20 und 21 Jahre jung. Wolf: "Bei unserer Jugend gilt Klasse statt Masse, außerdem gilt man bei der CDU ja noch mit 35 Jahren als jung." Kreisrat und Wahlleiter Hans-Ulrich Sckerl nahm deutlich ein "unüberhörbares Anklopfen der Jungen" wahr. Den beiden folgt als Kandidatin die Ökonomin und Kreisrätin Dr. Annette Heuer, die auch Mitglied im Grünen-Kreisvorstand ist, auf Rang sieben. Dann folgt als achter bereits eine faustdicke Überraschung: der Kakadu-Wirt und Raubritter-Gründer Udo Rauh, einst bekanntlich Paradiesvogel und "enfant terrible" der Schriesheimer Jugend- und Kneipenszene. "Außerstädtische Opposition", wolle er im Gemeinderat sein, erklärte er. Ihm folgt Heinz Waegner, der Sozialarbeiter und Leiter des Heidelberger Wichernheims, der zwischen 1994 und 1999 bereits Stadtrat war. Auf Platz zehn der Liste taucht Willi Dehoust auf, der wie Anette Reimelt (Platz elf) in der Agendabewegung bekannt geworden ist. Dehoust, der in leitender Funktion im Heidelberger Landratsamt arbeitet, leitete die Gruppe Verkehr. Anette Reimelt ist die Gründerin des ehrenamtlich organisierten Kindertreffs "Kits". Mit 18 Jahren ist Jana Seiler aus dem Juts-Vorstand nicht nur das Grünen-Nesthäkchen, sondern auch die jüngste Kandidatin aller Listen. Dann der nächste "Knaller" auf Platz 13: der gebürtige Ukrainer und wegen seiner fehlenden Haarpracht als "Kojak" bekannte Vladimir Starowiecki, der erst vor Kurzem deutscher Staatsbürger geworden ist. Allerdings hätte man den 78-jährigen Lyra-Sänger und Wohltäter nicht im Umfeld der Grünen vermutet. Mit 78 Jahren ist er übrigens der Senior aller Listen. Seit mehr als 50 Jahren ist "Vladi" Schriesheimer und in vielen Vereinen engagiert. Schon vor Jahren, berichtete Stadträtin Gisela Reinhard, habe Starowiecki versprochen: "Wenn ich mich mal politisch betätige, dann bei den Grünen."

Auf den weiteren Plätzen folgen ausgewiesene Grüne: als 14. Astrid Hamann, die im letzten Jahr gegen den massiven Protest der Agenda-Gruppen aus dem Hirschberger Rathaus geschasst wurde. Als 15. Erich Bundenthal, ein Schriesheimer Grüner der ersten Stunde, als 16. Bille Gräbner, die Pressewartin des Schwimmbadvereins IEWS, und als 17. Volker Gutfleisch. Neu auf der Liste taucht die 56-jährige Lehrerin Gabi Schmitt-Brunotte auf, die in der evangelischen Kirchengemeinde stark engagiert ist. Obwohl es dort auch "Betonköpfe" gebe, die es zu "begrünen gelte".

Und interessant wird es nochmal auf Platz 19: Dort kandidiert der 60-jährige Dietrich Heeger, dessen Vater kein Geringerer als Wilhelm Heeger war, der Bürgermeister zwischen 1952 und 1974. Dietrich Heeger ist bislang noch nicht politisch in Erscheinung getreten. Auch Annemarie Brand auf Rang 20 gehört zu den bekannten Gesichtern der Stadt. Einige Jahre lang leitete sie das Sekretariat der VHS, ihr Mann war in den 80er Jahren Stadtrat für die SPD. Auf Platz 21 schließt der Kinderarzt Dr. Klaus Rüdenauer die Liste der Kernstadt ab. Ersatzkandidatinnen sind Brigitte Aurand, Renate Heinz und Vera Schaller.

Hinter Christian Wolf stehen auf der Altenbacher Liste Werner Titus, Dr. Margit Kneidl und Dieter Lukhaup. Den Ursenbacher Sitz für die Grünen peilt erneut Ortschaftsrätin Ulrike Walzer-Kramer an. Keinen Hehl machten die Grünen aus ihrem Wahlziel, mindestens einen Sitz dazuzugewinnen. "Ohne vermessen zu sein, können wir auf einen Zuwachs hoffen", so Christian Wolf. Und Wahlleiter Sckerl pflichtete ihm bei: "So ist in Schriesheim auch die allgemeine Stimmung, selbst bei dem politischen Gegner, auch wenn die das nicht sagen würden."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung