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22.09.2017

Schriesheimer Einzelhändler kämpfen mit Konkurrenz aus dem Internet - Flächen für größere Gesch&a

16.09.2017, 06:00 Uhr

Von Christina Schäfer und Frederick Mersi

Schriesheim. Schaufenster wie die im Schriesheimer Stadtkern sind rar geworden. Wo findet sich heute noch ein Elektrofach- oder ein Haushaltswarengeschäft mitten in einer Kleinstadt? "Das sind die Fachgeschäfte, die wichtig sind für eine Stadt, weil sie die Nischen besetzen", sagt Rolf W. Edelmann, Vorsitzender des Bunds der Selbstständigen (BDS) in Schriesheim.

Doch der Standort Schriesheim kämpft mit zwei Problemen: dem wachsenden Internethandel und einem Mangel an Platz. Leer stehende Ladenflächen gibt es in Schriesheim kaum. Und wenn, dann sind es eher kleine Räumlichkeiten. "Ich habe oft Anfragen von Händlern, die eine Fläche von circa 100 bis 150 Quadratmetern wünschen. Da muss ich gleich absagen", so Edelmann.

Viele Betriebe brauchen Platz für ein großes Sortiment, um der Konkurrenz im Internet standhalten zu können. Dass große Flächen nicht zur Verfügung stehen, liege auch daran, dass die Inhaber kleiner Geschäfte oft über Jahre ihre Geschäfte führen und sich dann selbst nach einem adäquaten Nachfolger umschauen. "Wenn dann doch mal eine solche Geschäftsaufgabe stattfindet, ist es umso schmerzlicher", sagt Torsten Filsinger, Wirtschaftsförderer der Stadt.

So zum Beispiel Anfang des Jahres das Schuhhaus Kimmel in der Kirchstraße. 25 Bewerber gab es nach der Geschäftsaufgabe für die Ladenfläche im Herzen der Stadt, unter anderem einen Dönerladen und einen Friseursalon. Beides Angebote, die es in unmittelbarer Nachbarschaft schon gibt. Der Vermieter legte dagegen Wert auf einen Betrieb, der nach Schriesheim passt, wartete monatelang, bis er sich für einen Bewerber entschied. Ein Luxus, den sich nicht jeder Vermieter leisten kann oder will.

Das Rennen machte letztlich Petra Spruck aus Heddesheim, die seit einer Woche in der Kirchstraße größtenteils selbst gemachte Wohnaccessoires verkauft. Ihr Geschäft "Peppilello" war zuvor als Onlineshop eingerichtet, nach drei Jahren Vorbereitung hat sie den Schritt in den Einzelhandel gewagt. "Es gibt immer noch Leute, die Waren anfassen und in einem Geschäft etwas finden wollen", sagt sie, "im Internet wird man dagegen von der Zahl der Angebote erschlagen."

Andere Schriesheimer Händler leiden unter der Online-Konkurrenz deutlich mehr: "Die Ermittlung der tatsächlichen Zahlen, die den Einzelhändlern verloren gehen, ist schwer", sagt Filsinger. Doch Regine Hindorf, Geschäftsführerin von "Utes Bücherstube", spürt die Ausfälle durch den Internethandel an den eigenen Umsätzen: "Das merken wir schon."

Umso wichtiger seien Geschäfte, die sich nicht durch billige Angebote, sondern durch Rundum-Service vor Ort auszeichneten, sagt Edelmann. Dadurch könne man sich deutlich vom Internethandel abgrenzen. Insgesamt zeigt sich der BDS-Vorsitzende zufrieden mit der Einzelhandelssituation: "Wir haben nicht wirklich Grund, zu klagen." Mit einem großen Angebot an kostenlosen Parkplätzen sei man bestens aufgestellt. Dazu habe man eine treue Stammkundschaft, dazu komme Laufkundschaft.

Petra Spruck schätzt das "schöne Miteinander" in der Innenstadt und die herzliche Aufnahme durch Kunden, aber auch durch die anderen Geschäftsinhaber. Für Hindorf ist die Struktur in der Innenstadt, in der sich vom Bäcker und Metzger über den Buchhandel bis zum Fernseher und Büroartikel alles findet, ein Erfolgsfaktor.

Trotzdem fließt laut der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar Kaufkraft aus Schriesheim ab. Das heißt, die Schriesheimer geben deutlich mehr Geld in Geschäften aus, als im dortigen Einzelhandel umgesetzt wird. Torsten Filsinger verweist auf Angebote, um Kundschaft anzuziehen. "Dafür haben wir beispielsweise den Schriesheimer Strahler aufgelegt", erklärt er. Ein Gutschein, den man in lokalen teilnehmenden Geschäften einlösen kann. Dazu kommt die Auszeichnung als Fair-Trade-Stadt vor zwei Jahren: "Damit wollen wir die Menschen zu den Händlern und Gastronomen bringen, die entsprechende Produkte in unserer Stadt anbieten."

Fragt man Hindorf, Edelmann und Filsinger, was in Schriesheim fehle, ist die Antwort unisono: "Lederwaren und Schuhe." Beides wird aber vorerst weiter fehlen, auch aufgrund des Flächenmangels in der Innenstadt. Im Gemeinderat wird jetzt über eine Erweiterung des Gewerbegebiets nachgedacht.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung