Schriesheim im Bild 2023

26.02.2004

"Wir müssen die Kinder sensibilisieren"

In den Schulen wird Suchtprävention groß geschrieben - In der Kurpfalzrealschule ging es letzte Woche um die Alltagsdroge Alkohol

Jugendliche trinken Alkohol. Auch wenn sie es eigentlich nicht dürften. Albrecht Flemming von der Polizei Weinheim warnte jetzt Schüler einer Schriesheimer Realschulklasse im Vorfeld des Mathaisemarktes. Fotos:Kreutzer

Schriesheim. (fr) "Wer von Euch hat Erfahrung mit Alkohol?". Die Frage, die Wolfgang Lange der achten Klasse der Kurpfalzrealschule stellte, hing wie in einer Sprechblase über der achten Klasse. Bleiernes Schweigen folgte. Keiner der etwa 14-jährigen Schüler wollte als Erster zugeben, schon mal Alkohol konsumiert zu haben. Denn Alkoholgenuss ist unter 16 Jahren nach dem Jugendschutzgesetz verboten. Und die Schüler wissen das ganz genau.

In ein paar Tagen findet in Schriesheim der Mathaisemarkt statt. "Der Mathaisemarkt spielt für die Jugendlichen eine große Rolle", weiß Schulleiter Hans-Jürgen Krieger. Aber Kinder und Alkohol? Im letzten Jahr wurde ein 13-jähriges Mädchen mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert. Allem Anschein nach besteht also Diskussionsbedarf. Um dem nachzukommen, besuchten jetzt Wolfgang Lange, der Suchtbeauftragte des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und Albrecht Flemming, Oberkommissar bei der Weinheimer Polizei, die Klasse. "Man muss lernen, mit Alkohol umzugehen", äußerte sich Lange gegenüber der Klasse, die weiterhin mit betretenem Schweigen auf ihn reagierte.

Der Suchtbeauftragte versucht auf einem anderen Weg an die Schüler heranzukommen: "Wer von euch hat Erfahrung mit Cola?" Ein leises Kichern geht durch die Reihen. Langsam tauen die Jungs und Mädchen auf. Einige geben zu, gerne mal Alkopops zu trinken Das sind Getränke, die wie Limonade schmecken, aber harten Alkohol enthalten. Das Gefährliche an den Alkopops ist, dass man den Alkohol nicht schmeckt. Aber spürt. "Wir müssen die Kinder sensibilisieren", erklärt Lange hinterher, als die Erwachsenen unter sich sind. Um den Schülern die Alltagsproblematik zu verdeutlichen, erklärt er ihnen, dass ein junger Körper in ihrem Alter den Alkohol viel schlechter abbauen kann als der Körper eines Erwachsenen. Das wird wahrscheinlich keinen Jugendlichen vom Alkoholtrinken abhalten. Und darum geht es auch nicht: die Jugendlichen müssen lernen, mit der Alltagsdroge Alkohol umzugehen. Denn Alkohol ist selbst den 14-jährigen Schülern leicht zugänglich. An solchen Festen wie dem Mathaisemarkt leben die eigenen Eltern den Kindern Alkoholmissbrauch vor. Deshalb will Lange den Jugendlichen einige Spielregeln im Umgang mit Alkohol nahebringen. Um die Schüler auf den richtigen Trichter zu bringen, fragt er sie, wie es denn zu Alkoholproblemen kommen kann. Die Jugendlichen sind da auf Zack und antworten ganz richtig: "Weil man Sorgen hat, weil man zu viel trinkt, etwa jeden Tag". Fakt ist, dass Jugendliche viel anfälliger für Alkoholprobleme sind als Erwachsene. Und ihre psychische Entwicklung leidet darunter: sie lernen keine Alternativen, sich zu entspannen und mit Problemen anders umzugehen. Damit solche Probleme aber gar nicht erst auftauchen, wird jetzt im Unterricht vermehrt über die Alltagsproblematik mit den Schülern gesprochen. Dafür gibt es Menschen wie Christel Schwab, die Suchtpräventionsbeauftragte der Kurpfalzrealschule: "Wir müssen unsere Kinder stärken, indem wir ihnen Möglichkeiten geben, herauszufinden: was kann ich eigentlich."

Als Lange den Unterricht mit der Klasse 8b schließt, gibt er ihnen noch einen guten Rat: "Fallt nicht auf Trends herein und hinterfragt euer Verhalten immer wieder kritisch". Das gilt auch für Erwachsene.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung