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21.12.2017

Schriesheimer Bürgermeister: ´Man ist im Nachhinein immer schlauer´

Schriesheimer Bürgermeister: ´Man ist im Nachhinein immer schlauer´

Im Jahresgespräch gibt Bürgermeister Hansjörg Höfer Kommunikationsfehler zu und verspricht zwölf Millionen Euro fürs Schulzentrum

"Als Kommune sind wir ohne Hilfe nicht in der Lage, das Gebäude wieder auf den Stand der Schulnote Zwei zu bringen", sagt Höfer zur Sanierung des Schulzentrums. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. "Es ist unglaublich, wie schnell das Jahr vorbeigegangen ist", sagt Hansjörg Höfer, als er sich an den Konferenztisch im Bürgermeisterzimmer setzt. Sozialbericht, Sanierungen und Bauprojekte - an Aufgaben mangelte es nicht. Dabei verlief längst nicht alles nach Plan.

Herr Höfer, welche Schulnote würden Sie sich als Bürgermeister im Jahr 2017 geben?
Das ist ziemlich schwierig als Nicht-Pädagoge. (lacht) 2017 war ein sehr schnelllebiges Jahr, das mit viel Arbeit verbunden war. Bei den Bauprojekten würde ich eine 2,5 geben, für das Zusammenwirken in der Stadtgesellschaft eine gute Zwei. Ich hatte den Eindruck, dass die Schriesheimer dieses Jahr wieder etwas mehr zusammengerückt sind - auch im sozialen Zusammenhalt.

Waren Sie von den Ergebnissen des Sozialberichts überrascht?
In der Deutlichkeit, ja. Dass etwa ein Drittel der Schriesheimer Haushalte mit einem Einkommen von weniger als 25.000 Euro pro Jahr auskommen muss, hat mich schon überrascht. Auch die hohe Anzahl von etwa 500 Alleinerziehenden war mir vorher so nicht bekannt. Insofern bin ich dankbar, dass der Sozialbericht erstellt wurde. Er beleuchtet Tatsachen, die zuvor nicht im Mittelpunkt standen und hilft uns, hier im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützend einzugreifen.

Gibt es schon Ideen, wie die Stadt den Betroffenen helfen kann?
Wir haben dieses Jahr die Aktion "Zeitfenster" ins Leben gerufen, wo sich Menschen ehrenamtlich für andere engagieren. Es hat mich überrascht, wie erfolgreich das ist. Dort sind acht Leute aktiv - und dazu kommen ja noch die ehrenamtlich Tätigen in der Flüchtlingshilfe. Darüber hinaus wird auf Beschluss des Gemeinderates ab der zweiten Jahreshälfte 2018 eine Halbtagesstelle für eine Sozialarbeiterin im allgemeinen sozialen Dienst zur Verfügung stehen. Die Kollegin ist derzeit als Elternzeitvertretung bei uns tätig.

Um noch mal auf Schulnoten zurückzukommen: Reporter der Schülerzeitung am Kurpfalz-Gymnasium würden dem Gebäude eine Vier mit Tendenz zur Fünf geben. Schulleiter Jürgen Sollors sagte, er bekomme täglich Beschwerden. Was wird dort 2018 verbessert?
Wir investieren jedes Jahr ins Schulzentrum. Es wird täglich von 2000 Menschen genutzt, das hinterlässt seine Spuren - zumal in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig investiert wurde. Wir werden das nicht in wenigen Jahren umdrehen können. Wir haben dafür gekämpft, dass sich Bund und Land bei der Sanierung finanziell engagieren. Als Kommune sind wir ohne Hilfe nicht in der Lage, das Gebäude wieder auf den Stand der Schulnote Zwei zu bringen.

Trotzdem gab es dieses Jahr keine Fördermittel des Landes.
Nein. Die gibt es nur, wenn man eine Planung vorlegt. Wir wollten zuerst eine neue Grundschule bauen, das haben wir aus finanziellen und räumlichen Gründen aufgegeben. Wir wollen jetzt eine abschnittsweise Grundsanierung, beginnend mit dem Gymnasium. Das können wir finanziell in den nächsten Jahren tragen. In der Grundschule und der Realschule werden weitere Sanierungen kommen.

Wann soll denn eine Planung vorliegen?
Wir müssen bis Anfang März eine Planung vorlegen und einreichen. Dann ist bis Ende März ein Zuschussantrag zu stellen. Das Ergebnis müssen wir abwarten, bevor man mit Bauarbeiten überhaupt beginnen darf. Ich rechne mit einem Baubeginn 2019.

Gibt es also keine Aussicht darauf, dass zum Beispiel das Problem mit der Heizung schon vorher behoben wird?
Die Nachtspeicherheizung ist in die Jahre gekommen, vor allem ihre Steuerung. Eine neue Heizung wäre eventuell mit einer neuen Wärmedämmung verbunden, und dann ist man gleich bei einer Grundsanierung. Aber der Gemeinderat hat bei der Klausurtagung zugesagt, dass wir in den nächsten vier Jahren zwölf Millionen Euro in das Schulzentrum investieren. Das können wir stemmen.

Um viel Geld geht es auch bei der Sanierung der Talstraße. Wie ist der Verhandlungsstand mit dem Land?
Das Land hat ein Gutachten zum Sanierungsbedarf erstellt, wir als Stadt haben ein eigenes erstellt. Im Ergebnis liegen wir da noch weit auseinander. Die Knackpunkte sind dabei Gauls- und Schotterersbrücke. Wir haben jetzt wieder ein Gespräch im Regierungspräsidium - in der Hoffnung auf eine Einigung. Dann würden wir 2018 in die Planung gehen, ein Jahr später mit den Bauarbeiten beginnen.

Sie hatten in einem Pressegespräch erwähnt, dass zu diesem Zeitpunkt schon die Sanierung der Schmalen Seite beginnen soll. Ist dieser Zeitpunkt auch von einer Einigung abhängig?
Es ist natürlich schwierig, wenn man mit den Bauarbeiten anfängt und immer noch in Verhandlungen mit dem Land ist. Das schwächt die eigene Position. Wir wollen das schon vorher abgeschlossen haben.

Läuft es auf eine einmalige Zahlung des Landes hinaus?
Ja. Dann wird die Talstraße zur Ortsstraße herabgestuft, und wir sind als Kommune für den Unterhalt zuständig.

Damit verbunden ist auch das Thema Hochwasserschutz. Gibt es schon Tendenzen, was am Kanzelbach verändert werden muss?
Wir haben alle unsere Gewässer untersuchen lassen. Derzeit haben wir nur ausreichenden Schutz vor einem durchschnittlich alle 20 Jahre auftretenden Hochwasser. Das heißt, dass das Rückhaltebecken, so wie es jetzt ist, nicht mehr ausreicht. Wir müssen hier dringend investieren. Die Lösung wäre, vor der Abzweigung nach Altenbach auf der rechten Seite Notbecken zu bauen, das nur bei Hochwasser geflutet würde.

Wie viel würde das ungefähr kosten?
Die Frage ist: Wie hoch wären die Zuschüsse? Und die differieren zwischen null und achtzig Prozent. Auch da sind wir in Verhandlungen mit dem Land. Dazu kann ich noch keine Zahlen nennen, aber 2018 wird das im Gemeinderat vorgelegt.

Wenn zudem zwölf Millionen Euro ins Schulzentrum fließen sollen, ist das nicht wenig Geld. Dazu kommen der Kindergarten-Neubau in der Kurpfalzstraße plus eventuell ein zweiter. Wird Schriesheim deutlich mehr Schulden machen müssen?
Man muss sich auf höhere Schulden einstellen. Die Ertragskraft unseres Haushaltes gibt es nicht her, diese Investitionen direkt zu bezahlen. Aber ich glaube, das ist auch so gar nicht gefordert. Jeder, der ein Haus baut, nimmt einen Kredit auf und zahlt ihn über die Jahre ab. So wird das auch bei der Stadt Schriesheim sein.

Saniert wurde Anfang des Jahres der Zehntkeller. Ein gelungenes Projekt?
Der Zehntkeller ist modern. Ich kann verstehen, dass sich einige noch daran gewöhnen müssen. Viele von uns haben schöne Abende und Nächte dort gefeiert, es hängen also viele Emotionen an der alten Gestaltung. Aber der Keller entspricht den aktuellen Sicherheitsansprüchen. Es ist richtig, dass wir den Keller so saniert haben. Es gibt ja immer weniger solcher Versammlungsstätten.

Besucher haben ihn mit einem Bunker verglichen.
Es ist natürlich schon eine moderne Sachlichkeit. Aber der alte Keller war deswegen schön, weil es dort auch immer ein wenig dunkler war. Bei Licht betrachtet hat man dann schon gesehen, dass die Jahrzehnte nicht spurlos an diesem Raum vorbeigegangen sind.

Auch über die Mängel an der Fluchttreppe wurde viel diskutiert. Sie haben gesagt, der Architekt werde an den Kosten beteiligt. Dem hat er widersprochen. Was ist da schiefgelaufen?
Der Architekt ist für uns der Sachwalter der Stadt. Wir haben die Mängel reklamiert, für die Behebung ist er der erste Ansprechpartner. Wer das letztlich zahlt, ist für uns sekundär. Ich habe "Architekt" als Sammelbegriff benutzt. Ob das letztlich die Firmen übernehmen, ist seine Sache. Die Stadt zahlt es jedenfalls nicht.

Haben Sie also einfach nicht den richtigen Begriff gewählt?
Ja. Aus dem Gemeinderat kam die Forderung, der Architekt muss das bezahlen. Ich habe mich sprachlich auf diese Variante eingelassen. Letztendlich ist aber alles ordnungsgemäß ausgeführt worden. Und die Bauüberwachung durch das Architekturbüro war hervorragend.

Die Diskussion gab es trotzdem, auch als es darum ging, wann die Mängel festgestellt wurden. Hätte man das mit einer klaren Kommunikation vermeiden können?
Man muss sehen, dass wir damals unter großem Zeitdruck standen. Der Mathaisemarkt stand vor der Tür. Das hat dazu geführt, dass das nicht ordentlich kommuniziert worden ist - und dass es Ungereimtheiten gab. Man ist im Nachhinein immer schlauer, da hätte man sich manchen Ärger ersparen können.

Sie hatten außerdem angekündigt, noch in diesem Jahr eine Satzung für den Zehntkeller vorlegen zu wollen. Warum ist das bisher noch nicht geschehen?
Wir haben einen relativ hohen Krankenstand in der Verwaltung gehabt dieses Jahr. Mitarbeiter, die langfristig und zum Teil immer noch krank sind. Deswegen hatte das für mich keine Priorität. Aber ich gehe davon aus, dass wir nächstes Jahr eine neue Satzung vorlegen werden.

Gilt das auch für die Mehrzweckhalle? Nach dem Streit um die Vergabe an die "Freunde der AfD" hatte das Landratsamt angeregt, die Satzung zu konkretisieren. Dann könnten nicht eingetragene Vereine die Halle nicht mehr mieten.
Die Frage war, ob wir Wahlkampfveranstaltungen der AfD dort verhindern können. Unsere Satzung gibt das nicht her. Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht über Verbote die demokratische Diskussion verhindern. Die AfD ist nicht verboten, man muss sich politisch mit ihr auseinandersetzen. Da habe ich eine klare Meinung zugunsten der Demokratie.

Das klang im Juli noch anders.
Ja. Natürlich habe ich mir diese Wahlkampfveranstaltung nicht gewünscht. Ich habe auch versucht, das mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern. Aber wir haben keine Satzung, die so etwas ausschließt. Im Nachhinein finde ich es richtig, dass man sich mit der AfD politisch hart auseinandersetzt.

Im Sommer wollte die Stadt prüfen, ob man die Zahl der Feuerwerke in Schriesheim verringern kann. Wie weit sind Sie in dieser Angelegenheit gekommen?
Wir haben die Rechtslage in Absprache mit den übergeordneten Behörden geprüft. Eine Einschränkung von durch professionellen Pyrotechnikern durchgeführten Feuerwerken ist derzeit leider nicht möglich. Wir haben jedoch den Gemeindetag und den Städtetag mit der Bitte angeschrieben, darauf hinzuwirken, dass die Rechtsgrundlage geändert wird. Von Privatpersonen durchgeführte Feuerwerke werden grundsätzlich in Schriesheim untersagt. Gegen professionelle Pyrotechniker können wir kein Verbot verhängen - nur aus triftigen Brandschutzgründen, und das funktioniert außerhalb der Altstadt kaum. Insgesamt nehmen die Feuerwerke schon überhand. Für junge Familien und Schichtarbeiter ist das katastrophal. Leider sind uns hier die Hände gebunden.

Es ist also keine Einschränkung möglich?
Nach aktuellem Stand nicht. Da müsste der Landesgesetzgeber aktiv werden, wovon ich nicht ausgehe.

Abgesehen von Feuerwerken, worauf freuen Sie sich im kommenden Jahr?
(lacht) Ich freue mich auf die Fertigstellung des Horts im Strahlenberger Schulhof und des neuen Kindergartens. Es ist schön, so etwas begleiten zu dürfen. Und dass Rindweg, Sofienstraße und Steinschleifenweg fertig werden.

Und auf schnelleres Internet?
Ja, wir werden auf jeden Fall nächstes Jahr mit dem Bau in den Ortsteilen anfangen. Ob es dann schon in den Haushalten ankommen wird, weiß ich nicht. Ich bin auch unzufrieden, wie lange so etwas dauert.

Was wird die größte Herausforderung? Das schnelle Internet?
(lacht) Nein, das wird die Planung zur Sanierung des Schulzentrums.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung