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03.01.2018

Schriesheim: CDU-Fraktionsvorsitzender kritisiert die Verwaltung

Schriesheim: CDU-Fraktionsvorsitzender kritisiert die Verwaltung

Michael Mittelstädt (CDU) stellt im Jahresgespräch 12 Millionen Euro fürs Schulzentrum unter Vorbehalt

"Wir haben bei der Schulsanierung zwei Jahre verloren", sagt Michael Mittelstädt (CDU), "ich freue mich darauf zu erfahren, wie die zwölf Millionen eingesetzt werden sollen." Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. "Stark verbesserungsbedürftig" nennt CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Mittelstädt die Kommunikation der Stadtverwaltung. In Sachen Zehntkeller-Sanierung widerspricht er Bürgermeister Hansjörg Höfer entschieden. Im Jahresgespräch sagt er, worauf er sich freut und worüber er "kurzfristig irritiert" war.

Herr Mittelstädt, sind Sie in letzter Zeit häufiger in Lützelsachsen unterwegs?
Nein, eigentlich sehr selten. Manchmal fahre ich durch, bin aber leider nicht bei Daniel (Schneegaß, ehemaliger CDU-Stadtrat, Anm. d. Red.).

Bei ihm treffen Sie sich also nicht mehr zu den Fraktionssitzungen. Wo dann?
Im Rathaus, so wie das eigentlich fast immer war. Aber wir werden Daniel sicher noch das eine oder andere Mal sehen.

Von seinem Abschied aus dem Gemeinderat waren Sie persönlich sehr betroffen. Sie sagten, man müsse darüber nachdenken, wie mehr Wohnraum für junge Familien geschaffen werden kann. Haben Sie da schon Ideen?
Es ist kein Geheimnis, dass bei der Klausurtagung über ein mögliches Neubaugebiet gesprochen wurde. Das wäre sicher eine Möglichkeit. Der Markt in der Region ist im Moment einfach extrem dünn. Objekte sind aufgrund der Knappheit extrem teuer. Das sehen wir auch bei der Unterbringung der Flüchtlinge. Egal ob das Lützelsachsen, Weinheim oder Schriesheim ist - der Mangel an Wohnraum ist ein Problem. Zum Glück hat Daniel in Lützelsachsen etwas gefunden, aber so einfach war das auch nicht.

Kritische Stimmen sagen, dass Stadträte erst selbst von Problemen betroffen sein müssen, um etwas zu unternehmen. Stimmt das?
Nein. Daniel hat schon drei Jahre lang gesucht, uns war das Problem aber die ganze Zeit bewusst.

Ihr Kollege Christian Wolf hat ein mögliches Neubaugebiet südlich des Schlittwegs erwähnt. Was halten Sie davon?
Wir haben sehr intensiv darüber diskutiert. Da muss ein schlüssiges Konzept her. Wir als CDU werden uns dem Thema nicht verschließen. Aber eins muss klar sein: Es muss für Schriesheim einen Mehrwert bringen. Sei es, dass man mehr junge Familien ansiedelt oder sozialen Wohnraum bereitstellt. Auf der anderen Seite muss aber klar sein, dass damit auf die Stadt weitere Verpflichtungen zukommen, zum Beispiel mehr Plätze in Kindergärten. Das muss sauber ausgearbeitet werden. Man darf das auf keinen Fall übers Knie brechen.

Der Schlittweg wäre aber vorerst die letzte Möglichkeit, ein Neubaugebiet auszuweisen, oder?
Genau, dieses Gebiet wäre laut Flächennutzungsplan erst einmal das letzte, das wir erschließen könnten.

Sollte bezahlbarer Wohnraum oder die finanzielle Situation der Stadt im Vordergrund stehen?
Sowohl als auch. Das muss ein ausgewogener Mix sein. Wobei Wohnraum auch jetzt bezahlbar ist, aber leider viel zu teuer. Es muss für junge Familien, aber auch für Ältere etwas geben. Und wir haben eine Verpflichtung bezüglich sozialen Wohnraums. Am Schluss muss es aber immer noch finanzierbar sein.

Ist das nicht ein klassischer Zielkonflikt?
Ja, damit haben wir es im Gemeinderat oft zu tun (lacht). Es kann natürlich sein, dass eine Stadt auch mal investieren muss, um langfristig die richtige Entscheidung zu treffen. Das müsste man abwägen.

Um Geld für Investitionen ging es auch bei der Erhöhung der Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer. Sind diese Einnahmen nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein?
Ja. Aber steter Tropfen höhlt auch den Stein, und irgendwo muss man anfangen. Die Verwaltung hat plausibel dargelegt, was wir in den Folgejahren an Mehreinnahmen haben. Das ist eine Säule, auf die wir die Großprojekte in den kommenden Jahren bauen wollen. Dann muss man auch mal in die unliebsame "Steuererhöhungskiste" greifen.

Hat es Sie geärgert, dass FDP und Freie Wähler diesen Weg nicht mitgegangen sind?
Geärgert wäre zu viel gesagt. Es ging ja nur noch um die Gewerbesteuer. Ich verstehe die Argumentation, auf der anderen Seite hat sich seit Jahren an der Situation im Gewerbegebiet nichts geändert. Das dann als Begründung zu nehmen, um auszuscheren, fand ich kurzfristig irritierend. Wir hatten bei der Klausurtagung darüber gesprochen, damals kam keine Diskussion auf. Aber geärgert habe ich mich nicht. Nur finde ich, dass man auch mal in den sauren Apfel beißen muss. Als das Vorhaben öffentlich geworden ist, habe ich auch viele Anrufe mit Kritik bekommen. Aber wenn man den Leuten erklärt, wozu das Geld eingesetzt wird, verstehen sie das auch.

Allein der Neubau des Schülerhorts kostet mehr als drei Millionen Euro. Ist da eine Steuererhöhung nicht schwer vermittelbar?
Im Gegenteil. Die Hortbetreuung ist auch ein Angebot, das für die Flexibilität in jungen Familien sehr wichtig ist. Wenn man sich anschaut, welche Auswirkungen die Erhöhung der Grundsteuern auf private Haushalte hat, sind diese verschwindend gering. Das ist der Grund, weshalb wir da auch mitgegangen sind.

Zwölf Millionen Euro fürs Schulzentrum, dazu kommen ein oder zwei Kindergarten-Neubauten, Flüchtlingsunterkünfte, ein neues Rückhaltebecken, Feuerwehrhäuser - wie sehr werden die Schulden der Stadt steigen?
Das müssen Sie Herrn Höfer fragen, der kennt ja die Planung. Die Notwendigkeit dieser Maßnahmen ist für uns schlüssig, aber alles auf einmal ist nicht möglich. Dann wäre die Verschuldung exorbitant hoch. Es gibt ein paar zwingende Vorgaben, zum Beispiel das Rückhaltebecken und der Kindergarten in der Kurpfalzstraße. Aber wer sagt, dass wir gleich einen zweiten in Angriff nehmen müssen? Auch im Schulzentrum muss man schauen, wie viel man sinnvoll ausgeben kann. Für uns sind die zwölf Millionen ein Budget für sinnvolle Maßnahmen. Was nicht sinnvoll ist, werden wir ablehnen. Da ist die Verwaltung gefordert.

Wo sehen Sie Einsparpotenziale im kommenden Jahr?
Dazu will ich mich jetzt noch nicht äußern. Die Verwaltung muss im Haushalt aufführen, was sie an Maßnahmen einbringen will, und dann müssen wir gucken, ob das für uns schlüssig und machbar ist. Gerade beim Schulzentrum ist noch nichts spruchreif. Wenn dazu kein schlüssiges Konzept vorliegt, sparen sich die Kosten von allein ein. An anderen Stellen lässt sich schwer sparen, ein Großteil sind ja die Personalkosten in der Kinder- und Jugendbetreuung.

Bezüglich des Kindergartens in der Kurpfalzstraße hatten Sie im Februar gesagt, dass man das "notfalls abblasen" müsse, wenn die Kosten schon bei der ersten Ausschreibung explodieren. Jetzt liegen die Preise der Fachfirmen bei den Rohbauarbeiten deutlich höher als vom Architekt geplant. Sollte man die Sache abblasen?
Ich könnte mich natürlich rausreden und sagen, dass ich noch keine offiziellen Zahlen habe. Aber auch mir ist das zu Ohren gekommen. Jetzt müssen wir schauen, ob das letztlich so stimmt. Der Bürgermeister hat das nur kurz mitgeteilt. Es kann zum Beispiel sein, dass in den Angeboten mehr enthalten ist, als wir ausgeschrieben haben. Nichtsdestotrotz muss ich mich an meiner Aussage messen lassen: Wir müssen schauen, dass wir den Kostenrahmen einhalten. Zumindest dürfen wir nur in begründeten Ausnahmen einer Erhöhung zustimmen.

Aber abgeblasen wird der Bau nicht?
Bisher nicht. Das macht auch gar keinen Sinn, wir müssen den Kindergarten bauen. Aber wir müssen uns auch fragen: Was können wir uns leisten?

Gebaut wurde Anfang des Jahres auch im Zehntkeller. Sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis?
Ich persönlich bin zufrieden. Er ist nicht mehr so muffig, wie er es früher einmal war. Es gibt genug Diskussionen bezüglich der Vergabe und der Sicherheitsvorgaben. Was die Akustik betrifft, gibt es sicher Verbesserungspotenzial.

Wie bewerten Sie die Kommunikation der Stadtverwaltung?
Stark verbesserungsbedürftig, zum Beispiel beim zweiten Rettungsweg. Es wurde meist nur gesagt, dass es teurer wird, aber selten, warum das so ist und wer dafür verantwortlich ist. Für mich ist das Thema nicht abgeschlossen. Wir werden uns die Zahlen noch einmal anschauen.

Bemängeln Sie die Kommunikation mit der Öffentlichkeit oder mit dem Gemeinderat?
Sowohl als auch. Die Verwaltung muss schneller und klarer kommunizieren, das gilt auch gegenüber dem Gemeinderat. Die Informationen zum Zehntkeller sind auch für uns immer getröpfelt, vielleicht auch wegen der Vakanz im Bauamt.

Bezüglich der Kosten für Mängel am Fluchtweg hat der Bürgermeister gesagt, dass er sich auf die Aussage, der Architekt übernehme die Mehrkosten, wegen entsprechender Forderungen aus dem Gemeinderat eingelassen habe. Stimmt das?
Nein. Die Aussage kam vom Bürgermeister in nicht-öffentlicher und öffentlicher Sitzung des Ausschusses für Technik und Umwelt sowie in der Presse. Der Gemeinderat hat meines Wissens dazu keine Aussage gemacht.

Glauben Sie, dass die Kommunikation 2018 besser wird?
Das wäre meine Hoffnung, und die stirbt bekanntlich zuletzt. Da sind wir als Gemeinderat gefordert, die Verwaltung unter Druck zu setzen und Informationen einzufordern.

Worauf freuen Sie sich dieses Jahr?
Vielleicht darauf, dass es mit dem Kindergarten-Neubau dann so richtig losgeht. Und auf die Fertigstellung vom Hort. Ich bin außerdem gespannt, wie wir die Themen aus der Klausurtagung weiter vorantreiben. Wir haben bei der Schulsanierung zwei Jahre verloren. Ich freue mich darauf zu erfahren, wie die zwölf Millionen eingesetzt werden sollen.

Was wird die größte Herausforderung?
Den Bau des Kindergartens im Kostenrahmen zu halten, weil da auch aus dem Gemeinderat Wünsche kommen können. Und das Schulzentrum; da muss klar kommuniziert werden.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung