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18.01.2018

Schriesheim: Warum musste die Mauer gebaut werden?

Schriesheim: Warum musste die Mauer gebaut werden?

Pflege Schönau stützt als Grundstückseigentümerin die Ansicht der Stadtverwaltung - Weitere Abtrennungen könnten nötig werden

Seit September sind KSV- und Mehrzweckhalle durch einen zugemauerten Durchgang baulich voneinander getrennt. Beim Kraftsportverein ist der Unmut darüber groß, die Stadt sieht aber keinerlei Alternativen. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. "Schildbürgerstreich" oder "Trump-Mauer": Die Verwunderung und Empörung waren groß, als bekannt wurde, dass die Stadt im September vergangenen Jahres den Durchgang zwischen Mehrzweck- und KSV-Halle versiegeln ließ. Der Kraftsportverein fühlte sich schikaniert und nicht ausreichend informiert, sagte deswegen im Dezember seinen traditionellen Kinderfasching ab. Auch die Begründung der Stadt für die Mauer wurde angezweifelt. Die Evangelische Stiftung Pflege Schönau (ESPS) hat deren Sicht nun aber gestützt - und Kämmerer Volker Arras kann nicht ausschließen, dass künftig weitere Abtrennungen nötig werden.

Das liegt vor allem daran, dass die Eigentumsverhältnisse auf dem Gelände relativ kompliziert sind. Der ESPS gehört das Gelände, auf dem in den 70er Jahren die Mehrzweck- und die KSV-Halle, später zum Beispiel auch die Kinderkrippe "AWO’s Rasselbande", errichtet wurden. Gepachtet wurde die Fläche laut ESPS von der Stadt und drei weiteren Vertragspartnern, die aber wiederum Flächen und Räume an weitere Eigentümer vermietet haben.

Das bringt ein großes versicherungsrechtliches Problem mit sich: Die vier Pächter des Geländes sind allesamt für Unfälle in allen zugehörigen Gebäuden haftbar. Wer sich zum Beispiel in der Mehrzweckhalle wegen eines Lochs im Boden verletzt, kann aktuell neben der Stadt auch gegen die drei anderen Vertragspartner Ansprüche erheben. Über Jahrzehnte hinweg war dieser Fall nie eingetreten, das Problem aber bleibt.

"Die Stiftung weist ihre Vertragspartner seit Jahren darauf hin, dass sie mit der derzeitigen Lösung alle in der Haftung stehen", sagt Antje Jantz von der ESPS, "dieses Problem kann aus unserer Sicht nur durch eine Aufteilung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes gelöst werden." Das stammt noch aus dem Jahr 1951 und regelt die Teilung von Grundstücken und Gebäuden.

Um das Gelände nach diesen Regeln aufzuteilen und damit jeden der vier Pächter wieder nur für Unfälle in seinem Eigentum haften zu lassen, muss das Baurechtsamt des Kreises zunächst eine sogenannte Abgeschlossenheitsbescheinigung ausstellen. Die gibt es nur, wenn alle Gebäude räumlich getrennt sind. Dazu sind zum Beispiel Wände geeignet. Erst dann können die Verträge über Eigentumsverhältnisse neu ausgehandelt werden. So kam die Mauer ins Spiel.

"Es ist wirklich nicht so, als hätte Schriesheim dieses Problem erfunden", sagt Kämmerer Volker Arras, "wir arbeiten seit acht Jahren daran und haben schon unzählige Gutachten erstellen lassen." Das Thema sei äußerst komplex und schwierig zu erklären, aber kein Vorwand für irgendwelche Schikanen. "Die Stadt versucht wirklich nicht, irgendjemanden zu gängeln", so Arras, "aber wir müssen uns auch an die geltenden Gesetze halten."

Seit September steht die Mauer nun und trennt baulich die beiden Hallen. Die Teilung ist aber noch nicht beendet: Den Antrag auf eine Abgeschlossenheitsbescheinigung müsse man beim Baurechtsamt erst noch stellen, so Arras, bisher sei man wegen Krankheitsfällen nicht dazu gekommen. Daher kann er auch nicht ausschließen, dass von dieser Stelle weitere Vorschriften kommen: "Es kann sein, dass das nicht die letzte Maßnahme war."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung