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24.01.2018

Rebflurneuordnung Schriesheimer Mergel: Keine Lösung in Sicht

Rebflurneuordnung Schriesheimer Mergel: Keine Lösung in Sicht

Die Rebflurneuordnung im Schriesheimer "Mergel" wird vorerst ruhen - In Dossenheim läuft die Debatte noch

Von Frederick Mersi und Benjamin Miltner

Schriesheim/Dossenheim. Der Spaten vom Beginn der letzten Flurneuordnung steht noch im Büro von Schriesheims Bürgermeister Hansjörg Höfer, als er bekannt gibt: Das Verfahren für eine Rebflurbereinigung im Gewann "Mergel" wird voraussichtlich bald ruhen. Letztlich beschließen muss dies der Schriesheimer Gemeinderat in seiner Sitzung am 31. Januar, an dessen Zustimmung bestehen jedoch kaum Zweifel. Damit wird sich in den nächsten Jahren an Grundstücken und Wegen in dem 65 Hektar großen Gebiet nur wenig ändern.

Anders in Dossenheim. Dort liegen Pläne für eine Flurneuordnung auf dem Tisch - und sorgen bei Dermot O’Connor nicht gerade für Begeisterung. Der Ortsvorsitzende des BUND sagt:"Beim aktuellen Plan der uns vorliegt, sehen wir schwerwiegende Probleme." Diese habe man Bürgermeister Hans Lorenz auch mitgeteilt. "Wir streben weiterhin Wegebesserungen, aber keine Flurneuordnung an", meint O’Connor. Es gäbe auch andere Mittel, solche Maßnahmen durchzuführen. "Wir haben in der Vergangenheit bereits mehrere Gespräche mit dem Bürgermeister und Gemeinderäten geführt", betont O’Connor. "Nicht zuletzt deshalb sind wir optimistisch, dass wir auf einen besseren Weg sind als in Schriesheim."

Der Rathauschef von Dossenheims Nachbargemeinde zeigte sich dagegen enttäuscht: "Ich hätte das gern gemacht", sagte Höfer. Seit 2014 hatte das Verfahren für eine Flurneuordnung Verwaltung, Landesbehörden, Winzer, Grundstückseigentümer und Naturschützer beschäftigt. Die Stadt wollte vor allem die Erschließung des Gebiets durch ausgebaute Wege in öffentlicher Hand verbessern, die Winzer wünschten sich darüber hinaus größere und übersichtlichere Anbauflächen, Naturschützer forderten im "Natura 2000"-Vogelschutzgebiet vor allem eine Sicherung der Baumbestände.

Während der frühzeitigen Bürgerbeteiligung hatten deshalb viele mit heftigen Diskussionen zwischen Winzern und Naturschützern gerechnet, Ende 2016 zeichnete sich jedoch ab, dass beide Parteien ähnliche Interessen hatten: Eine großflächige Planierung des Gebiets hätte für einige Winzer durch die folgenden Ernteausfälle existenzgefährdend sein können. "Wir haben viele gute Gespräche geführt", sagte Höfer rückblickend, "und wir haben uns mehrere Varianten überlegt."

War zunächst noch eine Fläche von 65 Hektar im Gespräch gewesen, wurde diese im Verlauf der Gespräche und Voruntersuchungen immer wieder verkleinert. Im Juli 2017 legten Winzer und Naturschützer den neuesten Entwurf vor: Auf großflächige Rodungen (fünf statt 16 Hektar) und Ausgleichsflächen mit neu gepflanzten Bäumen sollte verzichtet werden, das Hauptaugenmerk auf einem Ausbau des Wegenetzes liegen.

Diesem Plan erteilte das Amt für Flurneuordnung nun eine Absage und empfahl, das Verfahren ruhen zu lassen. "Die Behörde hat gesagt, dass bei einer solch kleinen Fläche die Ziele einer Rebflurneuordnung nicht erreicht würden", so Höfer, "für uns als Gemeinde wäre das außerdem unheimlich teuer." Die Gesamtkosten hätten bei insgesamt rund 4,5 Millionen Euro gelegen, die Stadt hätte davon etwa 300.000 Euro tragen müssen, so Patrick Schmidt vom Bauamt.

Dass nun alles erst einmal so bleibt, wie es ist, liegt auch an den 420 Grundstückseigentümern. "Es gab zum Teil massive Bedrohungen", sagte Bürgermeister Höfer. Eigentümer hätten ihren Pächtern deren Genehmigung entziehen wollen, wenn diese sich für eine Neuordnung einsetzten. "Viele haben leider auch die ersten Pläne als gegeben hingenommen und dann gleich protestiert", so Höfer. Alle Pläne verschwinden vorerst in der Schublade.

HINTERGRUND
Winfried Krämer, Aufsichtsratschef der Schriesheimer Winzergenossenschaft: "Als wir damals den Antrag gestellt hatten, waren wir noch alle geradezu euphorisch. Dann haben wir gemerkt, welch hohen Preis wir, die Natur, die Winzer und die Eigentümer letztlich dafür zahlen müssen, auf einer großen Fläche relativ geringe Verbesserungen zu bekommen. Wir sind uns nicht sicher, ob es die richtige Lösung ist, das Verfahren ruhen zu lassen. Aber wir wollen jetzt Schritt für Schritt die Wege und Flächen im Kleinen verbessern."

Georg Bielig, Vertreter der Schriesheimer Privatwinzer: "Es war eine Chance, die wir leider nicht nutzen konnten. Als Winzer und Naturschützer konnten wir am Ende unsere konstruktiven Vorschläge nicht ausreichend rüberbringen. Aber die Debatte hat uns trotzdem einen Riesenschritt vorangebracht: Wir haben uns so toll angenähert, das hätte ich vorher nicht für möglich gehalten. Ab jetzt werden wir versuchen, mit den Naturschützern Kleinstlösungen zu finden."

Michael Wink, AG Naturschutz Dossenheim/Schriesheim: "Die kleine Lösung gemeinsam mit den Winzern war ein vernünftiger Plan. Da hätte man mehr rausholen können, aber die Behörde war da zu unflexibel. Wir können damit leben, dass jetzt gar nichts kommt. Aber natürlich stehen wir auch vor neuen Herausforderungen."

Dermot O’Connor, BUND Dossenheim: "Es wurde leider die Chance verpasst, eine maßvolle Flurneuordnung durchzuführen, maßgeschneidert auf die Wünsche der Winzer und des Naturschutzes. Das ist bedauerlich, aber wir können damit leben. Wir planen so oder so mit den Winzern viele gemeinsame Maßnahmen, um die Kulturlandschaft, den Weinbau wie das "Natura 2000"-Vogelschutzgebiet zu fördern. Klar muss auch sein: Wenn von politischer Seite noch einmal der Ursprungsplan ausgegraben wird, dann ist das nicht diskutabel. Deshalb würden wir uns wünschen, dass das Flurneuordnungsverfahren Mergel nicht nur ruht, sondern ganz beendet wird." fjm/bmi

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung