Schriesheim im Bild 2023

08.03.2004

"Der Mathaisemarkt als Zeichen, dass es aufwärts geht"

Mit dieser Hoffnung eröffnete Schriesheims Bürgermeister Peter Riehl am Samstagabend das große Volksfest - Geschichten lange Nacht und von einer streikenden OEG

Von Roland Kern

Schriesheim. Ein tolles Wochenende liegt hinter den Schriesheimern und ihren Gästen. Die RNZ hat ein paar wahre Geschichten und Anekdoten vom Eröffnungstag des großen Festes aufgespickt.

Magnifique!!! Klar, sie waren die Stimmungswucht des Samstags: die Straßenmusikanten der Truppe Pena aus der südfranzösischen Partnerstadt Uzès. Schon morgens bei der Eröffnung der BdS-Zeltes sorgten sie für lautstarkes Aufsehen. Vor dem Bartsch-Weinstand gaben die lustigen Franzmänner ein Platzkonzert, zu dem sie ihr Publikum zu einem lustigen Tanz im Sitzen (!) aufforderten. Abends umrahmten sie die Eröffnung: "Das ist die Gruppe, denen man einen Euro geben muss, damit sie spielen", frotzelte Bürgermeister Peter Riehl mit den "amies d'Uzès", "und 100 Euro, damit sie wieder aufhören".

Übersetzung. Überhaupt versetzte die Pena die Schriesheimer bei den frostigen Temperaturen in südländische Gefühlsregungen. "E viva espana", spielten sie im BdS-Zelt. Und abends im Festelt: "Griechischer Wein." Was die stets gut gelaunten Baseballer der "Raubritter" nicht auf sich sitzen ließen: "Schriesheimer Wein", so verbesserten sie grölend die musizierenden Franzosen.

Kleiderordnung. Ungewöhnlich schick gekleidet präsentierte sich schon morgens CDU-Stadtrat Karl-Heinz Spieß. Gestreiftes Hemd, dunkles Jacket!? Des Rätsels Lösung: Die CDU hatte am frühen Morgen schon einen Fototermin für ihre Gemeinderatskandidaten. Allerdings hatte Spieß als einer der wenigen keine Krawatte umgebunden. "Das kommt gut bei den jungen Leuten an unter 18 Jahren", so hatte ihm sein Raubritter- und Parteifreund Michael Mittelstädt empfohlen. Erst am Welde-Bierstand fiel es den beiden Jungen Wilden auf: "Mist, die unter 18 dürfen ja noch gar nicht wählen."

Konsequent. A propos. Vertreter fast aller Gemeinderatsfraktionen nahmen an der Eröffnung teil. Nur von den Grünen fehlte wieder einmal jede Spur. Naja, sie bleiben sich zumindest treu - und verhalten sich im Wahljahr auch nicht künstlich anders als sonst.

Prost Herr Ewald. Ob es wirklich Zufall war? Friedrich Ewald, der Vorsitzende der Winzergenossenschaft, hatte am Morgen des ersten Mathaisemarkt-Tages einen Termin beim Arzt. Vorsorge, was bei bekennenden Großvätern ja angeraten sei. Unter anderem ließ sich der Oberwinzer auch die Leberwerte abfragen. Vorsichtshalber. "Alles bestens", beruhigte der Doktor, "keinerlei Beschränkungen über die Mathaisemarkttage".

Botanisch? Irgendetwas verwechselte der lebenslustige Partnerschaftsguru und Ex-Kommunalpolitiker Horst Schütze, als er am Abend im Festzelt der Gemeinderatskandidatin Jutta Becker seine Zuneigung gestand. "Uns beide", erklärte Schütze der gelernten Obstbäuerin, "verbindet eine botanische Liebe". Hernach zog er sich wieder platonisch zu seinen französischen Freunden zurück.

Laudatio? Karl-Heinz Schulz' Kollegen vom Vorstand des Verkehrsvereins verzichteten um Mitternacht auf eine Laudatio auf ihren jetzt 60jährigen Vorsitzenden. "Das würde ich jetzt nicht mehr so ganz verständlich über die Lippen bringen", grinste Claus Breutner, sein Stellvertreter. Der freundliche Herr Verkehrsdirektor ließ sich dennoch nachts in der Kuhbergstube feiern: das große Fest folgt noch.

Verstärkung. Leider, leider: der Schriesheimer Fanfarenzug brachte in diesem Jahr die Lautstärke für die Festeröffnung nicht aus eigener Kraft auf. Deshalb ließen sie Verstärkung aus Pforzheim herbeiholen. Ihre eigene Methode zum Thema Lautstärke entwickelten die Jagdhornbläser. Damit die Schalltrichter in Richtung Menschen zeigten, kehrten sie dem Eröffnungspublikum den Rücken. Das schien auf den ersten Blick nicht besonders höflich, aber die Akustik stimmte. Außerdem kann ein schöner Rücken ja auch entzücken. Übrigens lieferten die Waidmusikanten ein bemerkenswertes Stück Musik ab: Beethovens 9. Symphonie. Kompliment!

Aufwärts. Bei seiner vorletzten Mathaisemarkt-Eröffnung fand Bürgermeister und Mathaisemarktchef Peter Riehl wieder einmal die passenden Worte: "In einer Zeit, in der viele Menschen ängstlich sind, wollen wir feiern, um die Sorgen des Alltags zu vergessen. Der Mathaisemarkt ist jetzt 425 Jahre alt und es waren schlimme Jahre dabei, aber dieses Fest hat immer wieder den Leuten Mut gegeben, so soll es in diesem Jahr auch sein." Abends bei der Krönung freute sich Riehl: " Der Mathaisemarkt ist ein Zeichen dafür, dass es aufwärts geht."

"Its my Live". In doppeltem Sinne in Abschiedsstimmung befand sich auch die scheidende Weinhoheit Christina Krämer. Nicht nur, weil sie die Krone abgeben musste. Auch wegen Riehls absehbarem Ruhestand: "Wir sind froh, dass wir diesen Mann noch an unserer Seite haben durften." Ein bisschen rührselig wurde die scheidende Hoheit dann , als Karl-Heinz Schulz zum Abschied ihr Lieblingslied einspielen ließ: Bon Jovi "It's my Live." Keine Miene verzog die jüngere Schwester Lisa als Fackelträgerin bei der Feuerwehr. Sicher dachte sie schon an ihre eigene Amtszeit, die in ein paar Jahren ansteht.

Bis auf den Grund. Den passenden Ton fand der Gesangverein Lyra bei der Eröffnung: Ihr erstes Lied lautete: "Vom Wein". Darin heißt es: "Freunde lasst uns trinken" und "trinkt das Glas aus bis auf den Grund". Wenige, die sich das zweimal sagen ließen.

Happy Birthday, liebe Carmen! Abends bei der Krönung machten die drei kleinen Hoheiten ihre Sache wieder einmal zuckersüß: Carmen Moser, Hannah Ehrke und Miriam Sommer aus Ursenbach assistierten charmant und geschickt. Für Carmen Moser wurde es übrigens noch eine lange Nacht: die Enkeltochter von OWK-Vorstand Lothar Treibert feierte sonntags ihren 9. Geburtstag und durfte natürlich bis Mitternacht aufbleiben. Ein Mathaisemarktkind wie Karl-Heinz Schulz!

Wer schafft? Sandra Schulz' erster Weinspruch als neue Königin sei hier nicht vorenthalten: "Wenn einer lacht, lach mit. Wenn einer singt, sing mit. Wenn einer feiert, feier mit. Wenn einer schafft - loss'n schaffe." Alla gut!.

Überlebenspaket. Prominente Kolleginnen gehörten zu den ersten Gratulanten der neuen Hoheiten: Lisa Edling, die aus Hessen stammende deutsche Winprinzessin. Und natürlich die Badische Weinprinzessin Monika Schmitt, die als Heisemerin ja ein Heimspiel hatte. Lisa Edling überreichte übrigens ein Weinhoheiten-Überlebenspaket: Wein, Sekt, Schokolade als Nervennahrung, Haarspray und Strumpfhosen.

Die Kleinigkeit. Eintracht-Vorstand Helmut Hölzel, dessen Sänger der neuen und aus den eigenen Reihen stammenden Weinkönigin natürlich gleich ein Ständchen brachten, mangelt es nicht an Selbstbewusstsein: "Sandra war ja schon bei unserem Jubiläum Festdame", plauderte er, "dann ist dieses Amt jetzt eine Kleinigkeit."

Super-Wobbls. Dass in den Straußwirtschaften die Leute bis Mitten in der Nacht auf den Tischen tanzen, ist bekannt. Spätestens in diesem Jahr ist das Göckelesmaier-Festzelt als gigantische Straußwirtschaft dazugekommen. Die "Wobbls" aus Bayern kamen auf der Festzeltbühne so gut an, dass die zahlreichen Fans gar nicht heimgehen wollten, die Stimmung war klasse.

O, EwiGe Warterei. Einen mühsamen Nachhauseweg hatten die Besucher, die um ein Uhr mit der OEG in Richtung Weinheim wollten. Weil ein rücksichtsloser Passagier offenbar aus Blödsinn die Handbremse gezogen hatte, blockierte der Wagen und ging nicht mehr von der Stelle. Allerdings brauchte die OEG-Verwaltung auch eine geschlagene Stunde, bis sie das Problem behoben hatte - wohlgemerkt ohne irgendeine Mitteilung an die entnervten Mitfahrer. Dass zwischendurch die Türen der Züge blockierten und Hunderte von Menschen in Platzangst-Zuständen eingesperrt waren, erhöhte die Dringlichkeit des OEG-Personals offenbar kaum. Über die Unflätigkeiten einiger angettrunkener Zeitgenossen konnte man in dieser Stunde übrigens erschreckende Studien erstellen. Viele Menschen zogen es schließlich vor, zu Fuß nach Hause zu gehen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung