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07.02.2018

Neue Integrationsmanagerin in Schriesheim: 'Den Weg gehen müssen die Menschen selbst'

Barbara Gutruf sieht sich als Wegweiserin - Individuelle Pläne für derzeit knapp 150 Geflüchtete

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Im Februar fertig studiert, im März mit der Betreuung von bis zu 300 Geflüchteten begonnen: Als Barbara Gutruf Anfang 2016 ihre befristete Arbeitsstelle beim Rhein-Neckar-Kreis antrat, wurde die heute 27-Jährige gleich ins kalte Wasser geworfen. 180 Männer teilten sich in Schwetzingen die Halle des "Racket Center", bis zu 120 weitere wohnten im Hotel Atlanta. "Dadurch bin ich inzwischen ein bisschen abgehärtet", sagt sie und lacht. "In dieser Hochphase hatte ich sehr viele Überstunden."

Seit September 2017 ist die Sozialarbeiterin bei der Stadt Schriesheim angestellt, ihre Stelle als "Integrationsmanagerin" wird über zwei Jahre mit insgesamt 128.000 Euro vollständig vom Land finanziert. Überstunden sind auch bei ihrer neuen Aufgabe nicht unüblich, wenn auch deutlich weniger als vor zwei Jahren: Gutruf erstellt als Sozialberaterin für derzeit etwa 150 Geflüchtete in Schriesheim sogenannte Integrationspläne, dazu sind viele Gespräche nötig.

Zunächst werden verschiedene Daten durch einen Fragebogen erhoben und aktualisiert: Sprachkenntnisse und Schulbildung genauso wie gesundheitliche Probleme, Mobilität und derzeitiger Arbeitsplatz oder Ausbildungsstelle. "Das geht aber nur, wenn die Leute auch dazu bereit sind", sagt Gutruf, "gezwungen wird niemand." Gleiches gilt für den Integrationsplan: Wer das Angebot nicht nutzen will, muss es auch nicht. Das wird allerdings in den Akten vermerkt.

Denn verbindlich soll der aufgestellte Plan schon sein: Die "Zielvereinbarung" zur Behandlung psychischer Erkrankungen, dem Angebot eines Praktikumsplatzes oder einfach nur dem Finden einer Fußballmannschaft zum Mitspielen wird sowohl von Gutruf als auch von den Geflüchteten unterschrieben. Unter anderem wird dadurch zugesichert, zu den Gesprächsterminen zu erscheinen und eigene Aufgaben selbst wahrzunehmen.

Die Kommunikation funktioniere in den meisten Fällen gut, sagt die Integrationsmanagerin: "Manchmal bringen die Leute auch jemanden aus der Unterkunft zum Dolmetschen mit, und zur Not klappt es mit dem Google-Übersetzer." Einmal pro Woche besucht sie auch die Gemeinschaftsunterkunft im Dossenheimer Weg, zusammen mit der Integrationsbeauftragten Isabel Herschel oder mit dem zuständigen Hausmeister.

Dort wohnen zwar nicht 180, sondern nur 24 Männer, doch zu Konflikten kommt es auch im umgebauten Bürogebäude immer wieder: "Die teilen sich alle eine gemeinsame Küche und die sanitären Anlagen", sagt Gutruf, "und wie in jedem Studentenwohnheim gibt es da zum Beispiel unterschiedliche Auffassungen bezüglich der Sauberkeit." Trotz der beengten Situation mit mehreren Personen in einem Zimmer funktioniere das Zusammenleben aber insgesamt gut.

Auch Familien besucht die gebürtige Sinsheimerin zuhause in ihren Wohnungen, häufig nachmittags, wenn die Kinder aus der Schule und die Eltern von Sprachkursen oder ihren Arbeitsplätzen zurück sind. "Intensive Einzelfallarbeit", nennt Gutruf das: Vertrauen aufbauen, Anliegen aufnehmen und sich um das Erreichen der gemeinsam gesteckten Ziele kümmern.

Zwei Jahre hat sie dazu vorerst Zeit, vier Integrationspläne hat sie bisher erstellt. Bei manchen zählt zu diesen Zielen auch der Familiennachzug. Die Koalitionsverhandlungen hat Gutruf daher mit besonderem Interesse verfolgt: "Wenn man davon betroffene Menschen persönlich kennt, ist das etwas ganz anderes." Integration könne nur funktionieren, wenn die Geflüchteten nicht dauernd in Gedanken bei ihren Familien in Krisengebieten sein müssten.

Ihre Arbeit sieht Barbara Gutruf als die eines Wegweisers: "Den Weg gehen müssen die Menschen selbst."

Info: Erreichbar ist Barbara Gutruf unter 06203/602134 oder per E-Mail an barbara.gutruf@schriesheim.de

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung