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15.03.2018

Mathaisemarkt Schriesheim: Festzug unter dem Motto "Schriesheimer Zentgemeinden"

Mathaisemarkt Schriesheim: Festzug unter dem Motto "Schriesheimer Zentgemeinden"

Am gestrigen Sonntag zogen 54 Gruppen durch die Straßen – Tausende Zuschauer kamen bei zwölf Grad und Sonnenschein

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Zentgemeinden? Das Thema des diesjährigen Mathaisemarkt-Festzugs hatte bei einigen Vereinsvorsitzenden im Vorfeld zumindest ein Stirnrunzeln ausgelöst. Doch am Sonntag zeigten die 54 Gruppen und Organisationen, die über zwei Stunden durch die Straßen der Stadt zogen, dass daraus ein unterhaltsames Stück Geschichtsunterricht werden kann.

Da war der Obst-, Wein- und Gartenbauverein, der nach eigenen Angaben selbst gestochenen Spargel aus Lampertheim mitgebracht hatte, oder der Förderkreis Partnerschaft Schriesheim-Uzès mit einer liebevollen Nachbildung des Hemsbacher Zollpostens zur Kurpfalz, an dem das "Woischmuggeln" strengstens verboten war.

Beide Gemeinden gehörten zur sogenannten Schriesheimer Zent. "Das war das, was man beim Herrscher abgeben musste", flachste Moderator Karl-Heinz Schulz wider besseres Wissen an der Volksbank. "Eben nicht", kam es von Kollege Peter Grüber. Die Zent war ein Verband, dessen Landgericht von 1470 bis 1803 in Schriesheim seinen Sitz hatte. In dieser Zeit wurde dort auch das eine oder andere Todesurteil gefällt, was der Jugendgemeinderat mit einem Miniaturgalgen aufgriff.

Sein westliches Ende fand der Verband in Sandhofen, dessen US-amerikanischen Stützpunkt die Floorballer des Turnvereins mit Stars and Stripes repräsentierten. Auch das Inselvolk aus Ilvesheim gehörte dazu, das sich in Person der Sportangler mit einem stark geschminkten Jim Knopf und der Lummerland-Melodie im Techno-Remix vorstellte.

Die Ilvesheimer "Weschweiber" hinterließen einen in mehrfacher Hinsicht starken Eindruck, indem sie einen Teil ihrer Schmutzwäsche bis zu Moderator Georg Brand ins Obergeschoss des Alten Rathauses beförderten. Überhaupt zeigten die Teilnehmer ein großes Maß an Ideenreichtum und rissen mit ihrer Begeisterung die Zuschauer schnell mit.

Das galt auch für die Baseballer, die mindestens so lautstark wie früher der erste dampfbetriebene Lastkahn auf dem Neckar, der "Handschuhsheimer Löwe", durch die Straßen zogen. Sogar eine Nebelmaschine hatten sie auf ihren Wagen montiert, um den "Hendsema Leeb" wieder aufleben zu lassen.

Wegen dieser Begriffe war für das Publikum von außerhalb der Kurpfalz auch mal die eine oder andere Übersetzung auf Hochdeutsch nötig. Was zum Beispiel ist ein "Lallehaag"? "Ein Lattenzaun", kam auf Nachfrage von Dieter "Bluesgosch" Reinberger sofort die Antwort von einem Schüler der Strahlenberger Grundschule, die zusammen mit der Karnevalsgesellschaft Lallehaag aus Feudenheim zu Fuß durch Schriesheim zog.

Doch auch die Ortsteile Altenbach ("ein wehrhaftes Bergvolk" mit Konfettikanone) und Ursenbach, gleich doppelt vertreten durch den Sängerchor und den Schriesheimer Automobilclub, sowie auf Weinheimer Seite Oberflockenbach, Rippenweier und Ritschweier durften nicht fehlen.

Die Kurpfalz-Grundschule hatte die Vertretung Hohensachsens mit einer Hommage an Sepp Herberger, Einwohner des Weinheimer Ortsteils und Macher des "Wunders von Bern", übernommen. Dabei wurde gleich noch eine kommunalpolitische Botschaft kommuniziert: "Das Runde muss ins Eckige - und unsere Schule muss saniert werden", hieß es auf einem Transparent. Weniger politisch, dafür umso lauter waren die Alten Herren der TV-Handballer als "Heisemer Störche" mit 80er-Party unterwegs.

So rollte eine bunte und laute Geschichtsstunde durch die Stadt, an deren Spitze Hartmut Haas seine Nichte, die frisch gekrönte Weinkönigin Sophie und ihre Prinzessinnen Sofia und Ivanka als Chauffeur mit dem Traktor zog. Die Wappen der Zentgemeinden trugen die Kinder des Kindergartens Wolkenschloss am Körper, das "Zentaufgebot" mit Speisen und Getränken für den Kriegsfall zog der Kindergarten Römerstrolche gleich hinterher. Dazu kamen Fanfarenzüge, das Stadtorchester und die Musikschule mit musikalischen Gruppen, die auch dafür sorgten, dass die Schriesheimer Zent nun Tausenden Leuten vermutlich in guter Erinnerung bleiben wird.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung