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16.04.2018

Schriesheim: Die Geschichte eines Widerständlers

Schriesheim: Die Geschichte eines Widerständlers

Karl Heinz Klausmann floh vor den Nationalsozialisten nach Frankreich - Dort wurde er Résistance-Kämpfer

Von Katharina Schröder

Schriesheim. Die Résistance und Schriesheim. Auf den ersten Blick scheint die Verbindung nicht ganz klar. Wer genauer hinschaut, stößt jedoch auf den Namen Karl Heinz Klausmann. Einer, der ganz genau hingeschaut hat, ist der ehemalige Theologieprofessor der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, Joachim Maier. Für den Band "Mut bewiesen" der Landeszentrale für politische Bildung schrieb er einen Artikel über Klausmann, dessen Leben er gemeinsam mit Monika Stärker-Weineck erforscht hat.

Bis er 16 war, lebte der Junge in Schriesheim bei Kamill und Maria Katharina Klausmann. Sie hatten ihn, der 1922 in Mannheim als uneheliches Kind jüdischer Eltern geboren wurde, in Pflege genommen und schließlich adoptiert, erzogen ihn evangelisch, ließen ihn taufen und konfirmieren. Klausmann ging in Schriesheim in den Kindergarten und schloss die Volksschule ab. Seine jüdische Abstammung war in der Gemeinde bekannt.

Zum Problem wurde das, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Sein Vater beschloss daher, ihn außerhalb in eine Lehre zu geben. Zunächst war er auf einem Hofgut bei Baden-Baden, musste aber bald nach Achern wechseln. Schließlich kam er zur abgelegenen Weinheimer Geflügelfarm Fornoff.

Als im Oktober 1940 die Juden aus Baden und der Saarpfalz nach Gurs deportiert wurden, war Klausmann nicht darunter. Theologieprofessor Maier hält es für möglich, dass der badische Ministerpräsident Walter Köhler ihn schützte. Belege dafür gibt es aber nicht.

Von Dezember 1941 an wurden die Juden auch aus Württemberg deportiert. Dabei griff die Gestapo auch jene badischen Juden, die der Deportation vor einigen Monaten noch entkommen waren. Klausmann hatte erneut Glück.

Mit seinem Vater und Freunden plante er seine Flucht nach Frankreich. Sie rieten ihm, Fahrrad und Züge zu nutzen und große Städte zu umfahren. Dort schloss sich Klausmann 1943 der Widerstandsbewegung Résistance an. Laut einer Mitteilung der Sicherheitspolizei in Lyon wurde er Anfang Mai 1944 gefangen genommen. Zwei Wochen später soll er bei einem Fluchtversuch in Belmont-de-la-Loire erschossen worden sein.

Recherchen von Maier und Stärker-Weineck ergaben aber anderes. Das Camp von Klausmanns Widerstandsgruppe wurde zwar 1944 tatsächlich verraten und der Schriesheimer verhaftet, aber damit endete die Geschichte noch nicht. Nach Folter und Verhör sollte er die Verstecke anderer Widerständler verraten. Und bei einem solchen Einsatz konnte Klausmann ein weiteres Mal fliehen. Er wurde als nicht, wie die Meldung angibt, erschossen. Das konnte Raymond Tachon, der ebenfalls Widerständler war und zwischen Juni und September 1944 gekämpft hat, angeben.

Danach verliert sich Klausmanns Spur. Möglich ist, dass er unter anderem Namen zur Fremdenlegion ging, oder an der italienischen Front kämpfte.

Heute erinnern zwei Stolpersteine an Klausmann. Sie werden gewöhnlich am letzten freiwilligen Wohnort gesetzt. Da er von Weinheim nach Frankreich floh, gibt es dort einen Stein. Aber schon die Lehre in Achern war eine Vorsichtsmaßnahme. Daher ist auch Schriesheim der letzte frei gewählte Wohnsitz.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung