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02.05.2018

Kraftsportverein Schriesheim: Appell unter Tränen - "Bitte kämpft um diesen Verein"

Emotionale Hauptversammlung - Findungskommission für Vorstandsämter

Schriesheim. (make) Es herrscht gespannte Stille in der Halle des Kraftsportvereins (KSV), als sich Werner Kranz bei der Jahreshauptversammlung von seinem Platz erhebt und zum Rednerpult geht. Kranz, Abteilungsleiter der Boxer und dienstältestes Mitglied, hat die Aufgabe, die Frage aller Fragen zu beantworten, die alle 70 anwesenden Mitglieder beschäftigt: Wie geht es nach dem angekündigten Rücktritt des Vorsitzenden Sven Witteler und seiner Stellvertreterin Gabriele Katz mit dem Schriesheimer Traditionsverein weiter?

"Das KSV-Schiff hat derzeit mit schwerer See zu kämpfen. Das Fundament der Kameradschaftlichkeit, auf dem unser Verein einst stand, ist nicht mehr da", sagt Kranz, hinter dem das riesige blau-weiße Wappen des Vereins, der aktuell 1100 Mitglieder zählt, ausgerollt von der Decke hängt. "Fit für die Zukunft" sei beim 100-jährigen Jubiläum 2003 das Motto gewesen. Dies treffe nun nicht mehr zu, sagt Kranz sichtlich mitgenommen. Dann macht er den Vorschlag, eine Findungskommission zu gründen, die Nachfolgekandidaten für Witteler und Katz suchen soll. Beide erklärten sich bereit, ihre Posten weitere sechs Monate auszuüben.

Zuvor hatte der amtierende Vorsitzende Witteler auf die Dringlichkeit hingewiesen, die Entschuldung des Vereins, der laut des Vorsitzenden vor drei Jahren vor der Insolvenz stand, weiter voranzutreiben. "Über die Ignoranz einiger Leute habe ich mich diesbezüglich sehr ärgern müssen", sagt Witteler, der anprangerte, bei seinem Amtsantritt einen im sechsstelligen Bereich verschuldeten Verein übernommen zu haben, ohne über diesen dramatischen Umstand zuvor in Kenntnis gesetzt worden zu sein.

Mit seinem Rücktritt wolle er den Verein sensibilisieren, damit die "Nebenkriegsschauplätze" beseitigt werden und das Bewusstsein entsteht, dass gemeinsam etwas verändert werden müsse. "Wir brauchen Leute, die sich untereinander einig sind", appellierte Kranz an die Mitglieder des KSV, der die Abteilungen Ringen, Boxen, Judo, Fanfarenzug, Fitness und Freizeitsport unter seinem Dach vereint.

Die Alternative zur Findungskommission, die neuen Positionen kurzfristig zu bestimmen, gelte es unbedingt zu vermeiden, sagt Kranz. Doch bevor es zu einer Abstimmung kommt, gibt es Diskussionen. "Woher kommen denn die Schulden?", wird in den Raum geworfen. Jetzt ergreift Schatzmeister Albrecht Ehrke das Wort, der zuvor Ein- und Ausgaben des Vereins offengelegt und den Mitgliedern von einem Liquiditätsgewinn im vergangen Vereinsjahr berichtet hatte. Vor allem an der Abwanderung zahlreicher junger Fitnessstudio-Mitglieder hin zur neu etablierten Konkurrenz sowie an Fehlkalkulationen nach dem Höhenflug der Ringer habe der Verein nach wie vor zu knapsen.

"Heute wirtschaften wir solide und tragen zur Entschuldung bei", stellt Marc Hartmann, Abteilungsleiter der Ringer klar, als aus den Reihen der Mitglieder Vorwürfe in Richtung seiner Abteilung laut werden. Aus den zahlreichen, teils emotionalen Wortmeldungen geht eines hervor: Die Leidenschaft der Mitglieder für den KSV ist ungebrochen, der Dialog über die Probleme allerdings lange nicht gesucht worden. Bei elf Enthaltungen wird der Antrag von Kranz, eine Findungskommission zu gründen und dem amtierenden Vorstand weitere sechs Monate das Vertrauen zu schenken, genehmigt.

"Ich finde es richtig, dem Verein Zeit zu geben", sagt Sven Witteler zum Anschluss und bedankt sich bei Gabriele Katz, die er in einer mehrminütigen Laudatio für ihr Engagement huldigt. "Bitte kämpft um diesen Verein", sind die Schlussworte von Katz, die sie unter Tränen an die Mitglieder richtet.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung