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06.05.2018

Schriesheimer Steinmetz: Wenn Erinnerungen aus hartem Stein geschlagen werden

Schriesheimer Steinmetz: Wenn Erinnerungen aus hartem Stein geschlagen werden

Grabmale vereinen Handwerk mit Künstlerischem – Stephan Weiß erzählt von seinem Beruf

Sie haben einen Nischenberuf gewählt und bereuen ihre Entscheidung keineswegs: Die beiden Steinmetze Stephan Weiß (l.) und David Grieb besprechen sich bei der Arbeit. Foto: Dorn

Von Katharina Schröder

Schriesheim. "Die Zeit, in der Dome hochgezogen wurden, ist vorbei. Heute ist Steinmetz ein Nischenberuf", sagt Stephan Weiß - aber ein schöner. Weiß hat in Schriesheim bei Wink Grabmale eben diese kreative Nische mit ihren Freiheiten gefunden.

Im Jahr 2016 übernahm der Mannheimer Bildhauer- und Steinmetzbetrieb Safferling das Unternehmen. Bis dahin war die Firma Wink Grabmale ein Familienunternehmen. Direkt am Schriesheimer Friedhof gelegen, macht das kleine Haus mit Werkstatt und Ausstellung einen gemütlichen Eindruck.

Herbert Wink ging vor zwei Jahren in den Ruhestand, seine Frau Christa arbeitet noch im Büro. Die beiden Handwerksbetriebe merkten schnell, dass sie einiges gemeinsam haben. Weiß erklärt, dass beiden individuelle Kundenberatung besonders am Herzen liegt.

So kann der Kunde den Schaffensprozess des Grabsteins von Anfang bis Ende begleiten. Im Schnitt braucht die Firma Wink etwa 24 Arbeitsstunden, um einen Stein zu fertigen. Das kann aber auch schneller oder langsamer gehen, denn es kommt stark auf den Stein, die Maschinen und die einzelnen Arbeiten an.

Je nachdem, wie viel Material noch abgeschlagen werden muss, verwendet der Steinmetz schwere oder harte Hammer. Wenn es etwas feiner werden soll, greift er zum "Presslufthämmerchen". Muss mehr abgeschlagen werden, geht es ans Flexen.

Die Steine bezieht das Unternehmen von einem deutschen Lieferanten. "Wir legen Wert auf deutsche oder europäische Materialien und versuchen, Überseegeschichten zu vermeiden", erklärt der Steinmetz. Dabei denkt das Schriesheimer Unternehmen vor allem an den ökologische Aspekt und die Arbeitsbedingungen.

Als Material für die Grabmäler kommt vieles infrage: Sandstein, Marmor, Granit, Schwarz Schwed und mehr verarbeitet Wink Grabmale. Manche Steine wie der Impala, der aus Afrika stammt, kommen aber aus Brüchen außerhalb der EU. Das Thema Kinderarbeit wird oft im Zusammenhang mit Steinbrüchen erwähnt. "Unser Lieferant legt die Hand dafür ins Feuer, dass es bei unseren Steinen keine Kinderarbeit gibt", sagt Weiß.

Im Schnitt wiegen die fertigen Produkte etwa 300 Kilo. Aber auch hier gibt es schwerere und leichtere Exemplare. Ein Ausreißer habe sogar 1,6 Tonnen gewogen. Wie transportiert man so etwas aus der Werkstatt auf den Friedhof? Für den Schriesheimer Friedhof hat das Unternehmen einen selbstfahrenden Kran. Da kann das Paket, wie die Fachleute Einfassung und Stein nennen, mit Gurten eingehängt und transportiert werden. Für Außenfriedhöfe wird ein Lastwagen gebraucht. Im Anhänger sind dann Paket und Kran, damit Einfassung und Stein auch andernorts befördert werden. "Das ist ein Riesenaufwand, den die Leute oft unterschätzen", erzählt Weiß.

Spezialisiert ist das Unternehmen noch immer auf Grabmäler. Da ist man oft mit Trauernden konfrontiert. "Wenn man das mit nach Hause nimmt, macht es einen fertig", sagt Weiß. Darum versuchen alle, professionelle Distanz zu wahren und trotzdem zuzuhören. Besonders hart seien Kindergräber. "Das nimmt einen jedes Mal ein ganzes Stück mit."

Weiß und Christa Wink sind sich aber sicher: Der Bestatterberuf ist da schlimmer. Auch Kunden, die für ihren eigenen Grabstein kommen, sind eine besondere Herausforderung. "Es ist schon ein komisches Gefühl. Andererseits ist es für die Hinterbliebenen gut zu wissen, was sich die Angehörigen wünschen", sagt Wink.

Denkt man auch selbst über seinen Grabstein nach? "Ich sage manchmal scherzhaft, dass ich noch skizzieren muss, aber eigentlich ist das Thema - auch wenn ich jeden Tag damit zu tun habe - für mich noch weit weg", erklärt Weiß. Für die Beratung nimmt sich das Unternehmen viel Zeit. Die meisten Kunden kommen zwei Mal vorbei. Manche brauchen vier oder fünf Termine, auch das ist möglich. Denn bei vielen Kunden entsteht die Vorstellung vom Produkt erst im Gespräch. Material und Schriften werden besprochen und Skizzen vorgestellt. Die holt Weiß auch im Gespräch mit der RNZ immer wieder hervor.

Die meisten sind noch mit der Hand gezeichnet. Viele Skizzen entstehen aus Ideen der Steinmetze und Bildhauer ohne Kundenwunsch. Jeder Mitarbeiter darf Skizzen vorstellen, an vielen wird weitergearbeitet und einige werden umgesetzt. Die fertigen Arbeiten werden fotografiert, auch dafür gibt es einen Ordner, den Wink und Weiß gerne herausholen.

"Aber nicht alle schaffen es in den Ordner", sagt Weiß und lacht. Die Ordner seien für besondere Stücke. Manche Kunden bringen Fotos mit zu den Beratungsterminen und sagen, dass der Stein genau so aussehen soll. Das findet Weiß oft schade: "Ein Verstorbener ist eine individuelle Person, und so sollte doch dann auch das Grabmal sein." Auch hier durchblättert Wink einen Ordner. "Man kann die Grabmäler ja auch oft persönlich gestalten", fügt sie hinzu und zeigt auf Fotos mit besonders gestalteten Steinen. Hobbys, Berufe oder wichtige Symbole für die Verstorbenen sind dort verbildlicht.

Einschränkungen kommen von den Friedhofsatzungen. Schriftart, Steindicke, und Größe können diese unter anderem vorschreiben. Der Schriesheimer Friedhof sei aber sehr frei, und allgemein würden die Satzungen immer offener, sagt Weiß.

Wie für die gesamte Handwerksbranche ist es auch für Steinmetze schwierig, Lehrlinge und Arbeiter zu finden. David Grieb hat sich nach der Schule für eine handwerkliche Ausbildung entschieden. "Besonders gut gefällt mir die Mischung aus der Arbeit in der Werkstatt und draußen auf dem Friedhof", sagt der 22-Jährige. Auch Weiß ist froh um seinen Job. "Könnte ich noch einmal entscheiden, würde ich es wieder so machen", sagt er.

Das Reizvolle an der Arbeit sieht er vor allem in der kreativen Freiheit. Als Kunst würde er den Job trotzdem nicht bezeichnen, eher als Handwerk. Warum, wird beim Blick in die Werkstatt deutlich. Überall stehen große unbearbeitete Steine und verschiedene Werkzeuge herum. Eigentlich kaum zu glauben, dass das Endergebnis filigranste Züge hat. Für Außenstehende ist die Arbeit eines Steinmetzes eben doch Kunst.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung