Schriesheim im Bild 2023

05.06.2018

Ortsvorsteher Kraus im Interview: Altenbach ist nicht Schriesheim-Ost

Es geht um den Schilderstreit, die Rolle der Stadt und letzte Optionen

Von Frederick Mersi

Schriesheim-Altenbach. Herbert Kraus hat einen beachtlichen Aktenstapel vor sich auf dem Schreibtisch liegen. "Das ist so eine leidige Angelegenheit", sagt Altenbachs Ortsvorsteher. Seit knapp zwei Jahren, seit der Eröffnung des Branichtunnels, versuchen Schriesheims Ortsteile, dort auf den Verkehrsschildern bedacht zu werden - bisher ohne Erfolg. Im RNZ-Interview spricht er über die Bedeutung des Gesehenwerdens, falsche Gesprächstaktiken und ein nicht auffindbares Protokoll.

Herr Kraus, wie lebt es sich als Ortsvorsteher von Schriesheim-Ost?
Schriesheim-Ost ist ein Kunstprodukt. Kein Mensch weiß, was das ist. Es ist auf jeden Fall nicht Altenbach und Ursenbach: Nach dem Tunnel gibt es eine Rechtsabbiegerspur, die auf Schriesheim-Ost hinweist. Das ist schlicht eine Erfindung, die irgendwie zustande gekommen ist.

Wie war Ihre erste Reaktion auf die Beschilderung am Branichtunnel?
Ich habe das genauso wenig verstanden wie die Bürger, die mich gefragt haben, ob wir jetzt Schriesheim-Ost sind. Wir sind nicht Schriesheim-Ost, wir sind Altenbach und Ursenbach. Und wir sind abgehängt. Unsere Bürger kriegen zum Beispiel Besuch von Leuten, die bei der Anfahrt von der Autobahn ohne Navi gar nicht wissen, wo Altenbach liegt. Manche Gäste haben gesagt: "Wir haben euch zufällig gefunden."

Seit zwei Jahren kämpfen Sie nun schon für eine andere Beschilderung. Getan hat sich nichts. Sind Sie nicht durchsetzungsfähig genug?
Sie sehen an der Aktenmappe, was wir alles unternommen haben: Wir haben der Stadtverwaltung geschrieben, waren mit dem Verkehrsamt in Kontakt, die Presse hat darüber berichtet, im Südwestrundfunk kam ein Beitrag im Abendprogramm. Der Ortschaftsrat ist dann auch noch nach Karlsruhe zur Regierungspräsidentin gegangen, obwohl ich davon abgeraten habe. Bürgermeister Höfer hat das hinterher als Fehler bezeichnet, und man sieht ja, was dabei herausgekommen ist.

Warum haben Sie von dem Besuch in Karlsruhe abgeraten?
Weil ich die Meinung von Regierungspräsidentin Nicolette Kressl kannte. Ich habe nicht gekniffen. Als Georg Wacker noch CDU-Landtagsabgeordneter war, hatte er schon einen Brief an sie geschickt und mir ihre Antwort zugemailt. Sie hat sich darin absolut hinter das Verkehrsamt gestellt und hinzugefügt, dass neue Schilder zu teuer wären - und das bei Tunnelkosten von 92 Millionen Euro.

Hätten Sie sich gewünscht, dass Ortschaftsrat und Verwaltung an einem Strang gezogen hätten?
Ja, dieser Besuch in Karlsruhe war ein Fehler. Der Schuss ist nach hinten losgegangen. Die Regierungspräsidentin hat nicht mal ans Verkehrsamt zurückverwiesen: Sie hat noch einen draufgesetzt und gesagt, wenn aus Heidelberg eine andere Entscheidung käme, würde sie die als übergeordnete Behörde kassieren.

Nach dem Gespräch im Regierungspräsidium wurde kolportiert, die Bezeichnung Schriesheim-Ost könne aus der Stadtverwaltung kommen. Halten Sie das für möglich?
Das glaube ich nicht. Aber es war ein Vertreter des Ordnungsamtes dabei, als es um die Beschilderung ging. Das geht aus den Briefen des Verkehrsamts und des Regierungspräsidiums hervor. Was im Einzelnen besprochen wurde, lässt sich nicht mehr feststellen. Von dieser Sitzung gibt es kein Protokoll. Das ist natürlich auch ein Problem bei den Verhandlungen: Die Gegenseite sagt, Ihr wart ja dabei.

Hat sich die Stadtverwaltung also zumindest mit der Bezeichnung einverstanden erklärt?
Man muss annehmen, dass das so war. Ich nehme an, dass das Verkehrsamt mit dem Ordnungsamt darüber gesprochen hat. Aber ich glaube nicht, dass es der Vorschlag der Verwaltung war. Das hat auch Bürgermeister Höfer versichert.

Welche Möglichkeiten haben Sie denn jetzt noch, die Behörden umzustimmen?
Beim Regierungspräsidium gar keine. Beim Verkehrsamt können wir nur noch einmal darum bitten, die Richtlinien zu unseren Gunsten auszulegen. Wir fordern ja nichts, was den Vorschriften nicht entspricht: In einer Fahrtrichtung dürfen bis zu vier Ziele auf einem Schild stehen. Am Branich-tunnel sind es nur zwei: Schriesheim-Ost als Nahziel und Wilhelmsfeld als Fernziel. Die müssten für Altenbach und Ursenbach also auch nicht entfernt werden. Wir verlangen, dass das Verkehrsamt das noch mal überdenkt und mit uns in die persönliche Diskussion geht.

Glauben Sie, dass das tatsächlich noch etwas bringt? Das Regierungspräsidium würde eine Änderung laut Frau Kressl ja wieder kassieren.
Wir müssen abwarten. Ortschaftsrat Christian Wolf hat ja schon gesagt, eine Regierungspräsidentin bleibt nicht ewig im Amt.

Was halten Sie von dem Vorschlag aus der vergangenen Ortschaftsratssitzung, weiße Hinweisschilder innerorts aufzustellen?
Das halte ich für problematisch. Wir müssten diese Beschilderung entlang der B 3 in beide Richtungen aufstellen. Ich habe große Zweifel, ob wir das dürften. Außerdem wollen wir ja den Verkehr aus der Talstraße raushalten. Aber am Autobahnzubringer können wir sie auch nicht aufstellen. Aber der Vorschlag wird in der Verwaltung geprüft.

Und wie bewerten Sie den Versuch, Altenbach einfach auf den Schildern dazu zu kleben?
Das war gerade an dem Tag, an dem der SWR bei uns gedreht hatte, als jemand "ALTENBAC" auf das Schild geklebt hat. Durch die Verhaltensweise des Verkehrsamtes zwingt man die Bürger ja schon fast dazu, das in fast schon Kohlhaas’scher Manier selbst in die Hand zu nehmen. Aber es ist eine Ordnungswidrigkeit, und die Beschriftung war schnell wieder verschwunden. Das nützt uns nichts. Wir wollen die Änderung auch nicht durch die Hintertür. Nach den Richtlinien steht uns das ganz regulär zu.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung