Schriesheim im Bild 2023

07.06.2018

Kampf gegen Plastik ist gar nicht so einfach

Kampf gegen Plastik ist gar nicht so einfach

EU-Kommission will unter anderem Strohhalme verbieten – Manche Gastronomen verzichten ungern

Das Eiscafé von Giorgio Ferrario in der Talstraße setzt schon seit einiger Zeit auf Pappbecher statt Plastik. Für die Löffel sucht der Betrieb aber noch Ersatz. Foto: Dorn

Von Carolina Paul

Schriesheim. Sommer, Sonne und ein kühler Cocktail mit Strohhalm zum genüsslichen Schlürfen: Dieses Bild könnte bald der Vergangenheit angehören. Die EU-Kommission will unnötigen Plastikmüll, und dazu zählen Strohhalme, zukünftig verbieten. Grund dafür sind die Tonnen an Plastikmüll, die jährlich in den Meeren landen und eine große Gefahr für Pflanzen, Tiere und Menschen darstellen.

Beim Strohhalmverbot allein soll es nicht bleiben, auch Plastikbesteck, Plastikbecher und -teller, Wattestäbchen und Luftballonstäbe sollen verschwinden. Das Verbot von Halmen soll aber schneller und leichter umsetzbar sein, sowohl für Privatpersonen als auch für Gastronomiebetriebe und Supermärkte.

Giorgio Ferrario, der Besitzer des Eiscafés Ferrario in der Talstraße, bewies Weitsicht, als er bereits vor einigen Wochen mit der Plastikverbannung in seinem Laden begann. An heißen Tagen gehen dort Hunderte von Eiskugeln in der essbaren Waffel oder in bunten Bechern über die Theke. "Wir haben jetzt noch insgesamt 10.000 kleine, mittlere und große Becher aus Plastik, die wir aufbrauchen müssen", erzählt er im RNZ-Gespräch. Oben auf dem Tresen stehen aber schon die ersten Pappbecher, die künftig mit dem eigenen Logo versehen werden sollen. Ein bekannter Kunde habe ihn vor einiger Zeit auf den Plastikverbrauch angesprochen und zum Umdenken bewegt. Einen adäquaten Ersatz für die Plastiklöffel, die zum Eis gereicht werden, und für die Deckel der Kaffee-"To Go"-Becher habe er bisher zwar noch nicht gefunden, über jeden Hinweis sei er aber dankbar.

Ein Verbot von Plastikstrohhalmen wäre für ihn vermutlich das kleinere Problem, für das Begegnungszentrum und Café "mittendrin" sind sie aber bei einigen Gästen dringend nötig.

Immer wieder besuchen Menschen mit Behinderung das Café in der Kirchstraße. Manche von ihnen können ihre Arme nur schwer oder gar nicht bewegen, bei anderen treten Spastiken im Gesicht auf, weshalb ein beweglicher Strohhalm aus Plastik ein fast unabdingliches Hilfsmittel ist. Über den anfallenden Müll hat sich die Leiterin Sarah Strohhäcker aber schon immer Gedanken gemacht. Immer wieder seien Strohhalme zum Latte macchiato unbenutzt zurückgegeben worden, die aus Hygienegründen weggeschmissen werden mussten. Seit Kurzem gibt es zu diesem Getränk deshalb kein Trinkhalm mehr. Bei der Eisschokolade oder dem Eiscafé wird er aber immer noch dazugegeben. "Allen anderen geben wir nur auf Nachfrage einen Strohhalm aus", so Strohhäcker. Sie findet das Verbot von Plastikhalmen grundsätzlich in Ordnung.

Im "mittendrin" gab es noch nie Papp- oder Plastikbesteck, trotzdem sei die anfallende Plastikmüllmenge groß, erzählte Strohhäcker. Einiges ließe sich wegen Auflagen des Gesundheitsamtes nicht vermeiden, wie Plastikverpackungen, die um bestimmte Lebensmittel gewickelt sind. Sollte es tatsächlich dazu kommen, würden sie künftig einfach auf die Plastikröhrchen verzichten oder einen nachhaltigen Ersatz suchen. "Ich finde, man muss dabei den Umweltschutz im großen Ganzen betrachten. Die Verwendung von nachhaltigen Ressourcen ist dabei sehr wichtig", sagt Strohhäcker. Das ist aber auch nicht einfach: "Würden die Leute statt Plastikbechern Gläser nehmen, wäre vielleicht bald mehr Bedarf für Spülmaschinen. Damit würde auch mehr Spülmittel verbraucht und produziert werden", sagte sie.

Strohhalme aus Plastik sollen schließlich verboten werden, um die Umwelt zu schonen und den Müll zu reduzieren. Biologisch abbaubare Becher zum Beispiel sind im Einkauf deutlich kostspieliger als ihre Pendants aus Plastik. Ob Papp-Produkte dauerhaft bessere Lösungen wären, ist fraglich. Betriebe wie Schnellimbisse oder Kioske, die von Laufkundschaft leben, müssen in dieser Sache meist wirtschaftlich denken und entscheiden sich häufig für die billigere Variante. Diese Wahl wird ihnen die Europäische Union vielleicht bald nicht mehr lassen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung