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15.06.2018

Armut und Reichtum, Wahrheit und Lüge: KGS-Schüler führten Peer-Gynt-Suite auf

Armut und Reichtum, Wahrheit und Lüge: KGS-Schüler führten Peer-Gynt-Suite auf

Schauspieler und Orchester setzten komplexen Stoff in beeindruckende Inszenierung um

Eine Szene aus der Peer-Gynt-Suite, aufgeführt durch Schüler des Schriesheimer Kurpfalz-Gymnasiums: Die Inszenierung war nur durch Mehrfachbetzungen und großes musikalisches Können möglich. Foto: Dorn

Von Karin Katzenberger-Ruf

Schriesheim. Das Schulorchester als Schattenspiel hinter der Leinwand, junge Menschen, die auf der Bühne allein oder in der Gruppe in monotonem Tonfall Sätze sprechen, die Vergänglichkeit beschreiben: "Wie unglaublich arm geht der Mensch zurück in den grauen Nebel des Nichts", heißt es da. Oder auch: "Für seine Geburt muss man mit dem Leben bezahlen." "Peer Gynt" ist kein leichter Stoff.

Um so beachtlicher, dass die Theater-AG und das Orchester des Kurpfalz-Gymnasiums daraus ganz großes Kino gemacht haben. Dies unter Regie von Nisani Bührlein und Janette Schmid. Nach der erfolgreichen Inszenierung des Brecht-Stücks "Herr Puntila und sein Knecht Matti" im letzten Jahr wollten die Pädagoginnen dem Orchester bei künftigen Theateraufführungen noch mehr Raum geben. So fiel die Wahl auf die 1876 uraufgeführte Peer-Gynt-Suite.

Zum Hintergrund: Der norwegische Schriftsteller Henrik Ibsen (1828-1906) wollte aus seinem auf nordischer Mythologie basierenden dramatischen Gedicht "Peer Gynt" ein Bühnenstück machen und hatte seinen Landsmann Edvard Grieg (1843-1907) mit der Komposition der Schauspielmusik beauftragt.

Hauptfigur ist der Bauernjunge Peer, der sich während seiner schweren Kindheit in eine Fantasiewelt flüchtet und darin von seiner Mutter Aasse bestärkt wird. Hat ihr trunksüchtiger Ehemann doch Haus und Hof durchgebracht, Frau und Kind in Armut zurück gelassen.

Jonas Kuhlmann und Julia Stammler sind für diese Rollen eine starke Besetzung. Als die Mutter im Sterben liegt, erinnern sie sich, wie das Bett einst zum Schlitten wurde und der Boden der armseligen Hütte zum gefrorenen Fjord. Oder daran, das Peer schon von Kindheit an gern manchen wilden Ritt unternahm, weil er in den Wolken am Himmel ein Pferd entdeckte. Wahrscheinlich kann er schon deshalb gar nicht mehr zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden.

Bei den Frauen kommt der Draufgänger gut an. Sie umgarnen ihn auf der Bühne zu dritt mit einem koketten "Wollt ihr mit uns schlafen?" Doch er verführt eine andere und lässt sie sitzen. Dann gerät er wiederum durch eine Frau in die dämonische Welt der Trolle.

In der Inszenierung haben diese Wesen grüne Haare und machen bizarre Bewegungen. So laut und wild klingt dann auch die Musik dazu, während Bilder von Heuschrecken auf die Leinwand projiziert werden. Es gibt aber noch ganz andere Tanzeinlagen. Weil Peer nach einem Zeitsprung von drei Jahrzehnten - salopp formuliert: nach der Pause - durch Sklavenhandel reich geworden ist, findet sich das Publikum in Marokko wieder. Fünf Sklavinnen begeistern mit Bauchtanz. Im Laufe der Handlung stürzt Peer Gynt durch hinterlistige Geschäftspartner, die ihm sein Schiff mit allen Schätzen rauben, wiederum in große Armut. Eine Frau stiehlt ihm schließlich die allerletzten Habseligkeiten.

"Der Teufel möge alle Weiber holen - außer einer" hat man ihm schon im ersten Teil mehrfach sagen hören. Solvejg ist die eine, die immer auf ihn gewartet hat. Peer Gynt, der Trost im Glauben an Gott sucht, der zwischendurch im Irrenhaus landet, der schließlich um seine Seele kämpft und durch die Liebe einer Frau gerettet wird. In seinem dramatischen Gedicht lässt Henrik Ibsen nichts aus, so scheint es - und das ist schauspielerisch eine echte Herausforderung.

In der Inszenierung der Theater-AG stellen sich "die handelnden Personen" eingangs selbst vor und verraten, welche Rolle sie im Leben von Peer Gynt spielen werden. "Er will hinaus auf den höchsten Berg, er will noch einmal die Sonne sehen", heißt es über die Hauptfigur, die an anderer Stelle in eigener Sache verkündet, sie fühle sich "stark wie ein Bär" und fähig "Bäume mit der Wurzel auszureißen". Insgesamt ein faszinierendes Stück, das wiederum nur durch Mehrfachbesetzungen und großes musikalisches Können zu realisieren war.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung