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21.06.2018

Branich-IG Schriesheim: "Do owwe" ist kein reines Millionärsviertel

Branich-IG Schriesheim: "Do owwe" ist kein reines Millionärsviertel

Monika Klahr und Birgit Becher sind die neuen Vorsitzenden - Sie wollen vor allem Jüngere für ihre Arbeit gewinnen

Monika Klahr (l.) und Birgit Becher von der IG Branich sind auf dem Schriesheimer Hausberg geboren und aufgewachsen. Nach kurzzeitiger Abwesenheit sind sie wieder in ihr altes Wohnviertel zurückgekehrt - und wollen dort auch langfristig etwas verändern. Foto: Dorn

Von Marco Partner

Schriesheim. Beide sind dort geboren und aufgewachsen: oben, auf dem Berg. Und beide kehrten dem Branich kurzzeitig den Rücken, um dann doch wieder heimisch zu werden - auf dem Hügel, der über Schriesheim thront. Vor vier Monaten haben Monika Klahr und Birgit Becher den Vorsitz der Branich-IG übernommen. Der RNZ verrieten sie, welche Ziele sie sich gesteckt haben und wie sie mehr Jüngere für die Arbeit der IG begeistern wollen.

Frau Klahr, Frau Becher, als die langjährige Vorsitzende Isolde Nelles ihren Rücktritt aus Altersgründen bekannt gab, schien der Posten zunächst vakant. Warum haben Sie für das Amt kandidiert?

Klahr: Ehrlich gesagt, kam Isolde Nelles auf mich zu. Als Branichkind wächst man schließlich auch in die IG rein. Schon bei ihrem Vorgänger Friedel Schoenel war ich wie meine Mutter als Schriftführerin tätig. Ich habe also kurz überlegt und war schnell dabei.

Becher: Auch meine Familie war schon immer Teil der IG, mein Großvater war einer der Mitgründer. Von daher war es keine Frage. Auch, wenn ich bei der Jahreshauptversammlung ja relativ spontan vorgeschlagen wurde (lacht).

Seit Mitte Februar sind Sie nun im Amt. Wie sind Ihre ersten Eindrücke?

Klahr: Es macht jetzt schon sehr viel Spaß, wir wollen etwas bewegen, nicht nur pure Vereinsverwaltung betreiben. Und der Blick ändert sich durch die Verantwortung: Wenn man jetzt durch die Straßen fährt oder mit den Leuten redet, kommt man gleich auf viele kreative Ideen.

Im Juni 1947 wurde die IG gegründet. Damals ging es um Grundbedürfnisse wie Strom- und Wasserversorgung. Warum ist eine Interessengemeinschaft heute noch wichtig?

Klahr: Die IG ist ein wichtiges Forum, weil der Branich kein echter Stadtteil ist, und somit auch keinen Ortschaftsrat besitzt. Die IG ist daher Ansprechpartner für die Bewohner und politisches Sprachrohr. Egal, ob es um Straßenbeleuchtung, Schlaglöcher oder Wildwechsel geht. Auch der soziale Zusammenhalt wird durch unsere Arbeit gefördert. Heute wie vor 70 Jahren wird hier Nachbarschaftshilfe gelebt.

Welche Vorhaben haben Sie schon umgesetzt?

Klahr: Unsere ersten Handlungen waren die Treppenputzaktion, die Vorbereitung für die Ferienspiele am 30. Juli, aber auch die neuen Datenschutzbestimmungen haben ziemlich viel Zeit beansprucht.

Welche langfristigen Ziele haben Sie sich gesteckt?

Klahr: Auf der einen Seite wollen wir lieb gewonnene Traditionen wie die Ausflüge zur Landesgartenschau fortführen. Auch das Ruf-Taxi werden wir massiv unterstützen. Da wir keine öffentliche Anbindung an das Straßenverkehrsnetz haben, ist es gerade für ältere Anwohner, die nicht so mobil sind, sehr wichtig.

Becher: Auf der anderen Seite wollen wir aber auch verstärkt die jüngeren Bewohner ansprechen. Zum einen durch die Neuen Medien, also eine Homepage und eine Facebook-Seite, vor allem aber auch weiterhin durch Mund-zu-Mund-Propaganda, durch den persönlichen Kontakt. Gerade die Treppenputz-Aktion hat zuletzt gezeigt, wie schön Jung und Alt zusammenarbeiten können. Viele junge Familien siedeln sich auf dem Branich an. Auch für sie wollen wir da sein.

Wie genau soll diese Unterstützung aussehen?

Klahr: Zum einen beteiligen wir uns an den Ferienspielen. Langfristiges Ziel ist aber auch, wieder einen möglichen Kinderspielplatz am Wendehammer des Blütenwegs in die Diskussion zu bringen.

Welche Kindheitserinnerungen verbinden Sie mit dem Branich?

Becher: Ich kann mich noch gut an die vielen Stromausfälle erinnern und wie die ganze Familie bei Kerzenlicht zusammensaß. Jeden Tag waren wir im Wald spielen und sind den weiten Weg runter zur Schule gelaufen. Heute ist das natürlich ein wenig anders.

Schon immer musste sich der Branich auch mit Vorurteilen herumschlagen. Schließlich waren es Auswärtige, größtenteils Mannheimer, die sich dort nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Not heraus ansiedelten. Spüren Sie heute noch eine gewisse Gegenwehr?

Klahr: Ja, früher hieß es immer "Di do owwe", aber ich denke, das hat sich gewandelt. Uns ist wichtig, zu betonen, dass es eben kein reines Millionärsviertel ist. Es leben dort viele Menschen wie du und ich. Von der Studentenbude bis zum Unternehmer oder Professor. Wir wollen für alle da sein. Auch Nicht-Mitglieder dürfen bei uns Ideen einbringen.

Was ist für Sie besonders am Branich?

Becher: Es ist ein schöner Platz zum Wohnen. Naturnah, entspannt, zurückgezogen. Was noch auffällt: Viele, die einmal ausgezogen sind - wie wir beide auch - kehren wieder zurück. Er ist wie ein Magnet, der einen wieder zurückholt.

Was wünschen Sie sich für den Berg?

Klahr: Ein öffentlicher Treff wäre schön - wie damals das Restaurant "Schauinsland". Damals hat man sich bei einem Abendspaziergang im Biergarten getroffen, heute klafft dort eine Baugrube. Mal sehen, ob in dieser Richtung irgendwann einmal etwas passiert. Erst einmal aber macht es uns einfach großen Spaß, über den Berg nachzudenken - und auch ein wenig darüber hinaus.

Info: Jeden ersten Freitag im Monat treffen sich die IG-Mitglieder um 19.30 Uhr im Hotel Ludwigstal. Kontakt: info@branich-ig.de

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung