Schriesheim im Bild 2023

27.06.2018

Schriesheimer Weinberge: "Die Trauben sind in sehr gutem Zustand"

Rundgang mit WG-Geschäftsführer Harald Weiss und Rebschutzwart Peter Haas - Anlagen blieben vom Unwetter verschont

Von Anna Manceron

Schriesheim. Wein ist ein Getränk, das die Menschheit fasziniert. Schon immer. Ob auf römischen Tonvasen oder in den Grabkammern der alten Ägypter: Bilder von prallen, saftigen Trauben findet man überall und in jeder Epoche. "Der Wein war eine wilde Pflanze - und der Mensch hat sie gezähmt", sagt Harald Weiss, Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Schriesheim.

Mit der Hand fährt er durch das satte, grüne Laub. Langsam lässt Weiss den Blick nach unten gleiten, am Rebstock entlang. Bis er hängen bleibt, an den Trauben mit den festen, runden Beeren. Hier, in den Weinbergen südlich der Strahlenburg, wachsen viele verschiedene Sorten: Müller-Thurgau, Grauburgunder, Riesling. Aber auch Spätburgunder und St. Laurent.

Mit dabei ist auch Peter Haas. Der Rebschutzwart der Winzergenossenschaft fährt regelmäßig durch die Weinberge und hat ein Auge auf die Reben. Dabei kontrolliert der 70-jährige Winzer zuerst die Blätter.

Viele hat er in den vergangenen Wochen bei sich schon entfernt - damit die Trauben nach dem Regen schneller trocknen und nicht faulen. Kleinere Flächen entlaubt Haas mit der Hand. Bei größeren benutzt er eine Maschine, mit der die Blätter von den Reben abgesaugt werden.

Hier und da schneidet Haas auch kleine Äste ab. "Jetzt ist die Zeit, wo die Geiztriebe rausgeschnitten werden", erklärt der 70-Jährige. Gemeint sind kleine Seitentriebe des Rebstocks, die zwar genug Trauben, aber zu wenig Blätter haben. Die brauchen die Trauben aber, um sich zu ernähren.

"Die Blätter sind sozusagen die Zuckerfabrik der Beeren", erklärt Haas. Pro Traubenhenkel braucht ein Trieb etwa sieben Blätter. Hat er die nicht, kommt er weg, so der Winzer.

Bei seinem Rundgang hält Haas auch nach Pilzkrankheiten und Fäulnis Ausschau: "Das sind die größten Feinde des Winzers", sagt Haas. Besonders gefürchtet ist der sogenannte Echte Mehltau. Sind die Reben von diesem Pilz befallen, bildet sich ein weißgrauer Belag auf den Beeren. Damit Wein zu machen, ist unmöglich.

Haas und Weiss entdecken jetzt aber weder Pilze noch faulen Beeren. Überhaupt scheinen die beiden äußerst zufrieden zu sein. "Wir können auf jeden Fall aufatmen", sagt Weiss. "Die Trauben sind in sehr gutem Zustand." Anders als die Weinbauern in der Pfalz sind die Schriesheimer von den Folgen der Unwetter der letzten Wochen verschont geblieben. Sogar etwas weniger als sonst hat es geregnet, aber das sei kein Problem: "Wir haben hier einen guten Boden, der viel Wasser speichern kann", erzählt Haas. Auch die Hitze habe den Reben nicht geschadet.

Ob es ein guter Jahrgang wird, können die Winzer noch nicht sagen. Dafür sei es noch zu früh. Aber: "Das Potenzial für einen Top-Jahrgang ist auf jeden Fall da. Man sieht schon jetzt, dass das sehr reife Trauben werden", so Weiss. Dabei spüren die Winzer ganz deutlich, wie sich das Klima in der Region in den letzten 30 Jahren verändert hat.

"Mit jedem Jahrzehnt sind wir eine Woche früher dran mit der Lese", sagt Harald Weiss. "Der Mensch nimmt solche Veränderungen nicht direkt wahr, die Natur schon", fügt Haas hinzu. Dieses Jahr sind die Trauben sogar so schnell gewachsen, dass die Reben zwei bis drei Wochen Vorsprung haben.

Später, im Frühherbst, fahren Harald Weiss und Peter Haas dann zusammen durch die Weinberge und holen sich die ersten Trauben. Drei Wochen lang. Die Stichproben nehmen sie mit ins Kelterhaus. Mit einem Refraktometer messen sie dort den Öchslegrad.

Je höher der Zuckergehalt, desto kräftiger ist später der Most. Und das ist die Chance für den Wein. Also geht es am Ende doch um jedes Grad. Dementsprechend legen die Winzer ihre Lesetermine fest.

Eine Winzerweisheit sagt: Blütetermin plus 100 Tage ist der Lesetermin. Dabei spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle, zum Beispiel das Wetter in der Lesezeit. Darauf schauen die Mitglieder der Winzergenossenschaft im Herbst ganz genau. Es ist ein schmaler Grat jedes Jahr. Und manchmal hilft nur hoffen.

Bis dahin dauert es aber noch. Solange machen die Winzer ihre Arbeit und halten ihre Trauben gesund. Viel anders haben es die alten Ägypter eigentlich auch nicht gemacht - nur ohne die ganze Technik.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung