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30.06.2018

Der Kampf um die richtige Schule und die Bezirksgrenzen

Wegen Schulbezirksgrenzen musste Familie aus der Panoramastraße mit Kurpfalz-Grundschule vorliebnehmen - Mutter hielt dagegen

Von Carolina Paul

Schriesheim. Christiane Hedrich wohnt mit ihrer fünfköpfigen Familie in der Panoramastraße an der Ecke zum Kehlweg. Eigentlich eine schöne Wohngegend mit den Weinbergen in unmittelbarer Nähe. Aber genau das wurde zum Problem für sie. Ihr sechsjähriger Sohn Wilhelm sollte dieses Jahr eingeschult werden, allerdings nicht in die gut 500 Meter entfernte Strahlenberger Grundschule, sondern in die rund 1,2 Kilometer entfernte Kurpfalz-Grundschule. Der dreifachen Mutter ist der Schulweg über die B 3 nicht nur zu gefährlich, die Strecke stelle ein organisatorisches Problem dar.

"Die ersten beiden Jahre würde ich ihn auf keinen Fall alleine laufen lassen. Dann müsste ich aber auch immer mit dem Auto fahren, schließlich müssen auch die anderen beiden Kinder pünktlich in ihren Einrichtungen sein", erzählt Hedrich, die unter der Woche alleine für die Kinder verantwortlich ist. Hinzu kommt das soziale Umfeld des Jungen, das laut seiner Mutter darunter leiden würde: "Das Nachbarsmädchen, mit dem mein Sohn sehr gut befreundet ist, geht ab September in die Strahlenberger Schule - und das nur, weil sie im Kehlweg wohnt", so Hedrich.

Genau zwischen Panoramastraße und Kehlweg verläuft eine der Grenzen, die die Schulbezirke festlegt. Die Grenzen zieht die Stadt Schriesheim selbst, sie ist dazu gesetzlich verpflichtet. Jedes Jahr würden die Geburtsraten pro Straße abgeglichen, um zu überprüfen, ob eine Änderung an den Grenzen vorgenommen werden muss, so Hauptamtsleiter Edwin Schmitt: "Momentan haben wir eine optimale Lösung. Eine Änderung ist nicht vorgesehen." Eine Häufung von Beschwerden sei ihm nicht aufgefallen. Es gebe zwar "Härtefälle" (wie Schmitt sie nennt), die an den Grenzen wohnen, aber das ließe sich nicht vermeiden. "Die Betroffenen können einen Antrag auf Schulbezirkswechsel stellen und ihre Gründe aufführen", so Schmitt weiter. Genau das tat auch die Familie von Wilhelm und fügte dem Antrag noch einen langen Text hinzu, in dem sie erklärte, wieso der Besuch der anderen Schule nachteilig für sie ist. Den Antrag stellte die Familie ordnungsgemäß bei der zugewiesenen Kurpfalz-Grundschule, die diesen ans zuständige Schulamt nach Mannheim weiterleitete.

"Nach drei Wochen kam die Absage. Unsere Gründe wären nicht ausreichend gewesen", erinnert sich Hedrich. Dennoch war sie der Meinung, dass das Amt nicht genügend auf ihre Argumente eingegangen sei. Im zweiten Anlauf war sie schließlich erfolgreich: Ihrem Widerspruch wurde stattgegeben. Hedrich vermutet, dass ein Telefonat ausschlaggebend war: "Ich habe beim Schulamt angerufen, die waren da alle sehr freundlich. Dem Zuständigen habe ich dann die Situation noch einmal geschildert und angemerkt, dass wir vor Gericht ziehen würden." Dass einem Widerspruch stattgegeben wird, hat laut dem Zuständigen des Schulamts in Mannheim, Schulrat Endrick Ebel, nichts mit der Androhung eines Gerichtsverfahrens zu tun.

Ein Widerspruch werde nur zugelassen, wenn nach der Prüfung befunden wird, dass die Gründe ausreichend sind, um einen Schulbezirkswechsel zu veranlassen. Eine Prüfung aller angegebenen Gründe werde bei jedem Antrag durchgeführt: "Es kann sein, dass Familien beim zweiten Mal andere Gründe anführen als beim ersten, oder es ist die Kombination aus Gründen. Manchmal stellt sich auch im Gespräch heraus, dass es noch andere Sachverhalte gibt, die einen Schulbezirkswechsel nötig machen. Und die Eltern wussten gar nicht, dass das ein Grund dafür sein könnte."

Vielleicht war das auch bei Familie Hedrich der Fall. Die Gründe, die zugelassen werden, seien insgesamt aber äußerst "eng umrissen", wie Schulrat Ebel erklärt. Demnach seien zum Beispiel individuelle medizinische Gründe solche Besonderheiten, etwa Krankheiten oder notwendige Therapien, die an Termine gebunden sind, die wiederum nur mit der Halbtags- oder Ganztagsschule vereinbar sind.

Diese Notwendigkeit liegt bei Familie Hedrich nicht vor. Der Wunsch nach einer Halb- oder Ganztagsschule könnte aber auch bei Eltern entstehen, die beide in Vollzeit berufstätig sind. Das Schulamt entscheide bei solchen Fällen immer dem Allgemeinwohl nach: "Es wird abgewogen: Was ist zumutbar und was nicht", sagt Ebel: "Es wird geprüft, ob sich durch die zugewiesene Schule ein unverhältnismäßiger Nachteil für Kind und Eltern ergeben würde." Das wäre dann der Fall, wenn ein Elternteil auf Teilzeit umstellen oder den Beruf aufgeben müsste, weil die Schulform des Kindes es nicht anders zulässt. Damit würde sich für die Familie nicht nur ein Nachteil, sondern gleich mehrere ergeben, die ein Schulbezirkswechsel beheben würde.

Christiane Hedrich findet es aber genauso wichtig, dass ihr Sohn seine Freundschaften weiter pflegen kann, und sieht hier das Eltern- über das Kindswohl gestellt. Ein ganz anderes Thema ist die Anzahl der Schüler in der zweizügigen Strahlenberger Grundschule und der dreizügigen Kurpfalz-Grundschule: "Keine Schule darf mit der Schülerzahl unter- oder überfordert sein", sagte Schmitt. Das könnte aber passieren, hätte man keine Schulbezirke, die die Kinder verteilen. Glücklicherweise hat sich für die Hedrichs das Blatt gewendet, künftig dürfen alle drei Kinder die Strahlenberger Grundschule besuchen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung