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12.07.2018

Ein von der Liebe geprägtes Leben

Ein von der Liebe geprägtes Leben

Veronika Kern trat mit 85 noch einmal vor den Traualtar - Am Mittwoch schickte Ministerpräsident Kretschmann Grüße zum 90. Geburtstag

Bürgermeister Hansjörg Höfer überreichte Veronika Kern die Urkunde aus Stuttgart. "Ich hoffe, dass ich noch ein paar Jahre leben und bei meinen Kindern bleiben darf", sagte sie. Foto: Dorn

Von Carolina Paul

Schriesheim. 90 Jahre kämpfen, lieben und glauben. Veronika Kern kommt ursprünglich aus Memmingen im Allgäu, kam der Liebe wegen in der Nachkriegszeit nach Mannheim und zog für ihren verstorbenen Mann Karl Neubauer nach Schriesheim. Fast ein ganzes Jahrhundert voller Veränderungen, wissenschaftlichen Fortschritts und Errungenschaften der modernen Zeit hat die gelernte Friseurin miterlebt und blickt auf ein bewegtes Leben zurück.

Glaube und Familie als Stützen

"Meine schönste Jugendzeit ist dahingewesen", sagt Veronika Kern über die Kriegsjahre. Acht Kilometer musste sie damals jeden Tag zu ihrer Arbeitsstelle zurücklegen, ein Fahrrad konnte sich ihr Vater nicht leisten. "Wir waren so, so arm, aber es herrschte ganz viel Liebe in unserem Haus", erinnert sie sich. Ihren Eltern ist sie bis heute sehr dankbar für ihre Fürsorge und Liebe, die sie ihr entgegengebracht haben: "Ich habe ein ganz wunderbares Elternhaus genossen."

Die Liebe prägte ihr Leben in vielerlei Hinsicht. Dreimal war sie verheiratet, verlor einen Mann an Krebs und wagte im stolzen Alter von 85 Jahren noch einmal den Schritt vor den Altar. 2013 war es, als sie Karl Neubauer heiratete. Auch der Südwestrundfunk berichtete damals in einem Fernsehbeitrag. Karl Neubauer, damals 90 Jahre alt, verstarb zwei Jahre später. Das Alleinsein macht Veronika Kern seitdem zu schaffen.

Ganz allein ist sie aber nicht: "Ich habe drei Kinder, sechs Enkel und vier Urenkel, die sich aufopfernd um mich kümmern." Jeden Dienstag kommt einer ihrer Söhne vorbei und donnerstags schaut ihre Enkeltochter nach dem Rechten. Die Fürsorge der Familie war auch an ihrem Geburtstag allgegenwärtig, als das Enkelkind anrief, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Schon am Abend davor war die Enkeltochter, die Kern großgezogen hatte, vorbeigekommen: "Ich hab mich noch gewundert, was sie so spät hier macht. Sie sagte, sie wolle nur den Kuchen herrichten."

Was Kern nicht ahnte, war, dass ihr ihre Enkeltochter einen Geburtstagstisch im Wohnzimmer vorbereitet hatte, mit einem Luftballon, auf dem eine 90 abgebildet war. "Ich habe mich so gefreut", erzählt das Geburtstagskind über den Moment, als sie am Morgen die Überraschung entdeckte. "Meine Familie gibt mir so viel Kraft. Sie sagen immer: Mutti, lass nicht nach", sagt Kern mit einem Lächeln im Gesicht. Dass sie mitunter gesundheitliche Probleme hat, war am Mittwoch kaum zu erkennen.

Für ihren Geburtstag hatte sich die gepflegte ältere Dame schick gemacht. "Ich hoffe, dass ich noch ein paar Jahre leben und bei meinen Kindern bleiben darf. Die liebe ich über alles", wünscht sich Kern für ihre Zukunft. "Heute wird groß gefeiert. Die Familie trifft sich ab 17 Uhr in einer Gaststätte in Mannheim."

Dann soll auch kräftig gesungen werden, denn das ist ihre Leidenschaft schon seit ihrer Kindheit: "Früher saßen wir oft auf einer Wiese und haben einfach gesungen". Bis heute singt sie von Herzen gerne, sobald irgendwo eine bekannte Melodie spielt. "Wo man singt, da lass dich nieder. Böse Menschen haben keine Lieder", sagt Kern über ihre Leidenschaft.

Neben der Familie und Musik ist auch der christliche Glaube eine feste Säule in ihrem Leben. Sie betet jeden Tag den Rosenkranz und würde gerne öfter in die Kirche gehen, das lasse ihr Knie aber nicht zu. Pastoralreferent Marc Rahmann von der katholischen Kirche besuchte sie gestern aber und überbrachte ihr Glückwünsche und eine Urkunde des Erzbischofs. "Der hat wunderbare Worte gefunden", freut sich Veronika Kern.

Obwohl es ihr Geburtstag war, machte sie Rahmann besonders glücklich, als sie fragte, ob er Pastoralreferent sei: "Sie sind mit die Erste, die die Bezeichnung überhaupt kennt", so Rahmann strahlend. Auch Bürgermeister Hansjörg Höfer war gekommen, gratulierte ihr und brachte der 90-Jährigen eine Urkunde von Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit.

Gemeinsam aßen die Drei gestern noch ein Stück Kuchen miteinander und stießen mit einem Gläschen Sekt auf Veronika Kern an.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung