Schriesheim im Bild 2023

21.07.2018

Firmen im Gewerbegebiet kämpfen mit langsamen DSL-Verbindungen

idicos GmbH hat Datenspeicher deshalb nach Heidelberg verlegt

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Dort, wo einst das Herzstück seiner Firma stand, herrscht gähnende Leere. Gilbert Lauer steht in einem kleinen Raum im zweiten Stock des ehemaligen Duscholux-Verwaltungsgebäudes vor einem schwarzen Schrank. Nur zwei kleine Server sind übrig geblieben, sie müssen die Verbindung nach Heidelberg halten. Denn dort steht seit etwa drei Jahren der eigentliche Produktiv-Server mit allen Kundendaten in einem Rechenzentrum, weil das Internet im Schriesheimer Gewerbegebiet zu langsam ist.

Gilbert Lauer ist einer von drei Geschäftsführern der idicos GmbH. Seine Kollegen und er sind ausgebildete Chemiker, seit 2001 leiten sie die Firma, die sich auf IT- und Softwarelösungen spezialisiert hat. "Wir machen etwas Ähnliches wie SAP, nur in Klein", sagt Lauer, Aufgaben wie "Server-, Client- und Storagevirtualisierung" oder die Entwicklung von "Monitoring Systemen". Dabei geht es um große Datenmengen: Viele Unternehmen wollen ihre Daten in Deutschland speichern, weil sie hier dem deutschen Recht unterliegen. "Es geht dabei um Vertrauen", sagt Lauer. "Wenn ich das nicht anbieten kann, sind die Kunden weg." Die Daten sind jetzt in Heidelberg.

Kreative Lösungen zu finden sei eine Stärke von Naturwissenschaftlern, sagt Lauer. Sie hätten eine höhere Frustrationstoleranz. Was das Server-Problem angeht, stößt aber auch der Chemiker an seine Grenzen: "Wenn wir ein Update haben, spielen wir es abends ein und hoffen, dass es morgens fertig ist." Dann muss die Verbindung mit höchstens 16 Megabit pro Sekunde mitmachen.

Bei größeren Datenmengen reicht dieses Tempo aber nicht aus: "Dann fährt ein Mitarbeiter mit dem Laptop nach Heidelberg zum Rechenzentrum", sagt Lauer. Mit dem Auto, Parkplätze gebe es vor dem Gebäude ja genug. Deshalb zog das Unternehmen auch ursprünglich nach Schriesheim: Das alte Zuhause in der Ladenburger Boveristraße wurde zu klein. "Räume, Parkplätze, Anbindung an die RNV, das ist alles gut hier", sagt Lauer. Über das Internet kann er das nicht behaupten.

Dabei liegt die Datenautobahn so nah: Unter den Gleisen der RNV-Bahnen verläuft eine Hochgeschwindigkeitstrasse, eine Backbone-Leitung, mit Glasfaserkabeln des Zweckverbands High-Speed-Netz Rhein-Neckar. "Uns trennen zehn Meter von einer hervorragenden Internetverbindung." Lauer zeigt gen Westen.

Wann das Gewerbegebiet schnelleres Internet bekommt, ist momentan ungefähr so unklar wie die Antwort auf die Frage, ob Schriesheim mit einer weißen Weihnacht rechnen darf. "So weit sind wir noch nicht", sagt Wirtschaftsförderer Filsinger. "Jetzt sind erst mal die Ortsteile dran, das hat der Gemeinderat so entschieden." Am Mittwoch, 25. Juli, will das Gremium in seiner Sitzung den Ausbau in die Hände des Zweckverbands legen.

Wenn die Leitungen nach Altenbach und Ursenbach gelegt sind, könnte das Gewerbegebiet drankommen. Seit zehn Jahren sitzt dort die idicos GmbH. Ob er sich vorstellen könnte, weitere zehn Jahre auf schnellere Verbindungen zu warten? "Das wäre nicht akzeptabel", sagt Geschäftsführer Lauer. "Wir hoffen, dass das nur ein temporärer Zustand ist." Noch einmal umzuziehen, habe man in der Firma schon diskutiert, sich wegen der Kosten aber bisher dagegen entschieden.

Unter Druck setzen wolle er die Stadt nicht, sagt Lauer. "Der Bürgermeister kann ja auch nicht irgendwo eine Zehn-Gigabit-Leitung herzaubern." In große Anbieter wie die Telekom oder 1&1 setzt er aber kaum noch Hoffnung. Erstere habe kürzlich am Spännigweg einen Verteilerkasten für schnellere Verbindungen hergerichtet. "Eine Leitung zu uns war aber nicht machbar."

Und selbst, wenn es sie gäbe, wäre sie eine kostspielige Angelegenheit: Die Höly GmbH, die direkt neben dem erneuerten Verteilerkasten Motorräder verkauft, hat auf eine schnellere Alternative zu ihrer Sechs-Megabit-Leitung verzichtet. "Es ist eine katastrophale Verbindung", sagt Mitarbeiter Kai Bartl. "Aber das neue Angebot war schlicht zu teuer. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis muss schon passen."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung