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27.07.2018

Kurpfalz-Gymnasium Schriesheim: Wenn die Abstimmung zum Krimi wird

Kurpfalz-Gymnasium Schriesheim: Wenn die Abstimmung zum Krimi wird

Rat stimmt für Einstieg in Sanierungs-Planungsphase - Elternbeirat glücklich

Hitzige Diskussion bei schwülen Temperaturen: Fast zwei Stunden lang debattierte der Gemeinderat am Mittwochabend über die Sanierungsplanung des Kurpfalz-Gymnasiums und stimmte letztlich mit überraschend breiter Mehrheit für ein Gesamtkonzept. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Christiane Haase reckte beide Fäuste in die Höhe. "Tschaka!", rief die Vorsitzende des Gesamtelternbeirats erschöpft, aber glücklich, nachdem der Gemeinderat zuvor bei neun Gegenstimmen dafür votiert hatte, bei der Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums (KGS) in die Planungsphase einzusteigen. Den Antrag der Grünen Liste, nur eine Teilsanierung zu planen, hatte das Gremium zuvor bei Stimmengleichheit und einer Enthaltung abgelehnt.

"Das war wie ein Tatort", sagte Patrick Schmidt-Kühnle, Elternbeiratsvorsitzender am KGS, unmittelbar nach der Abstimmung. "Das war ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung." Vorausgegangen war eine hitzige Diskussion im schwülen, voll besetzten Ratssaal, dessen neues Kühlungssystem dem Besucherandrang wenig entgegenzusetzen hatte.

Dass auch die Emotionen hochkochten, lag vor allem daran, dass CDU-Fraktionschef Michael Mittelstädt gegen Ende der Diskussion den Gegnern des Verwaltungsvorschlags, der Grünen Liste (GL) und den Freien Wählern (FW), vorwarf, Unwahrheiten zu verbreiten und Angst zu schüren.

FW-Stadtrat Bernd Hegmann hatte zuvor behauptet, dass wegen der Sanierung Maßnahmen wie ein Neubau des Feuerwehrhauses gestrichen werden müssten. Im Finanzplan der Stadt sind diese jedoch weiterhin vorgesehen.

Dennoch wies seine Fraktion den Vorwurf scharf zurück: "Ich bin entsetzt über diesen emotionalen Ausbruch", sagte FW-Stadtrat Wolfgang Metzger. GL-Fraktionschef Christian Wolf mahnte dazu, die Meinung von Gegnern und Befürwortern zu respektieren. Sein SPD-Kollege Sebastian Cuny forderte im Gegenzug dazu auf, den Befürwortern nicht zu unterstellen, dass sie die Stadt an den finanziellen Abgrund führen wollten. Es gehe vielmehr um ein Vortasten, um herauszufinden, was am Ende machbar sei.

Während sich der Ton damit gegenüber der März-Sitzung, in der der Gemeinderat mit 14-zu-12-Mehrheit den Grundsatzbeschluss für die Sanierung gefasst hatte, verschärfte, blieben die Argumente ähnlich: Eine Mehrheit innerhalb der Grünen Liste und Freien Wähler halten eine Generalsanierung für zu teuer.

Mittlerweile plant Kämmerer Volker Arras in seinem Finanzierungsplan mit Kosten von rund 21 Millionen Euro. "Bei dieser Summe ist völlig klar, dass wir keine Generalsanierung mehr machen können", so Christian Wolf. Deren Kosten waren zuvor auf Grundlage von zu sanierenden Quadratmetern auf rund 32 Millionen Euro geschätzt worden.

Die Verwaltung, SPD, CDU, FDP-Stadtrat Wolfgang Renkenberger sowie Barbara Schenk-Zitsch (GL) und Matthias Meffert (FW) wollen dagegen den Bundeszuschuss von 6,7 Millionen Euro nicht verlieren und mit der Planung einer Generalsanierung ein Gesamtkonzept für das KGS erstellen lassen.

"Diese Planung ist unerlässlich, wenn wir das Gymnasium nachhaltig sanieren wollen", sagte Renate Hörisch-Helligrath (SPD), die selbst bis 2016 Lehrerin am KGS gewesen war. Die bisherigen Renovierungen hätten nicht immer sinnvoll ineinandergegriffen. Dem stimmte Bürgermeister Hansjörg Höfer zu: "Dass wir konzeptlos sind, haben wir alle als Schwäche erkannt."

FDP-Stadtrat Renkenberger sagte, die Pro-Kopf-Verschuldung werde sich beim aktuellen Finanzierungsplan zwar verdoppeln oder verdreifachen. Die Erhaltung des Schulstandorts sei ihm das aber wert: "Schriesheim ist keine Schlafstadt in der Metropolregion." Das KGS sei Kern dieses Schulstandorts.

Nachdem der Antrag der Grünen Liste zur Planung einer Teilsanierung abgelehnt worden war, fand sich letztlich eine deutlich breitere Mehrheit für die Planung einer Generalsanierung: 18 Gemeinderäte stimmten dafür, darunter auch Mitglieder der Grünen Liste und der Freien Wähler. "Wir wollen auch nicht, dass der Bundeszuschuss wegfällt", erklärte Robert Hasenkopf (GL) seine Zustimmung.

Elternvertreterin Christiane Haase wertete dies als positives Signal: "Es war eine schwere Geburt. Aber wir sind froh, dass jetzt mehr Gemeinderäte dafür gestimmt haben."

HINTERGRUND
Wie es jetzt bei der Sanierung weitergeht

Sommer 2018: Die Verwaltung bereitet die Vergabe vor. Die Planung zur Sanierung des KGS muss europaweit ausgeschrieben werden, weil der Auftrag so groß und teuer ist. Außerdem ist die Stadt verpflichtet, ein Gremium zu bilden, dass das Verfahren begleitet. Ihm werden Bürgermeister Hansjörg Höfer, Bauamtsleiter Markus Schäfer, Hauptamtsleiter Edwin Schmitt, Schulleiter Jürgen Sollors, Vertreter des Gemeinderats, ein Rechtsanwalt und ein Architekt angehören. Welche Firmen mit der Planung beauftragt werden soll, wird nach einem komplizierten Punktesystem entschieden.

November 2018: Wenn alles glatt läuft, entscheidet der Gemeinderat am 21. November über die Vergabe der Planung. Erst dann können die beauftragten Unternehmen mit ihrer Arbeit beginnen.

Frühestens Frühjahr 2019: Die beauftragten Firmen legen ihre Ergebnisse vor: ermittelte Grundlagen zur Sanierung, eine Vorplanung samt Kostenschätzung und eine Entwurfsplanung mit Kostenberechnung. Erst dann verfügt die Stadt über verlässliche Zahlen, wie viel eine Generalsanierung des KGS tatsächlich kosten würde. Und erst dann steht fest, wie hoch das Honorar der Planer tatsächlich sein wird. Die bisher genannten 1,5 Millionen Euro sind lediglich eine Schätzung der Stadt, das Honorar bemisst sich anteilig an der vorgelegten Kostenberechnung zur Sanierung.

Frühjahr 2019: Die Stadt muss sich auf Grundlage der Planungen und Berechnungen entscheiden, wie viel sie am Schulgebäude sanieren kann und will. Mit dem Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe muss die Verwaltung verhandeln, ob und wie viel des Bundeszuschusses von 6,7 Millionen Euro sie bei einer geänderten Planung behalten darf. Da die Stadt in ihrer Finanzplanung schon jetzt mit Baukosten von rund 21 Millionen Euro statt ursprünglich geschätzten 32 Millionen Euro kalkuliert, ist davon auszugehen, dass mit dem RP auf jeden Fall verhandelt werden muss.

15. Juni 2019: Will die Stadt die Millionen vom Bund behalten, muss sie bis zu diesem Datum mit den Sanierungsarbeiten beginnen - also die erste Firma mit Arbeiten beauftragen. Andernfalls ist die Bewilligung durch das RP hinfällig und es gibt keine 6,7 Millionen Euro Zuschuss aus dem Förderprogramm des Bundes.

31. Dezember 2022: Die Arbeiten für die Sanierung müssen abgeschlossen und abgenommen sein. Sonst muss die Stadt den Zuschuss von 6,7 Millionen Euro verzinst zurückzahlen. Falls die Sanierung mehr kostet als berechnet, muss die Stadt für die Steigerung zahlen.

31. Dezember 2023: Alle Aufträge an Firmen, die an der Sanierung beteiligt waren, müssen bis zu diesem Datum abgerechnet sein. Sonst muss die Stadt den Zuschuss von 6,7 Millionen Euro verzinst zurückzahlen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung