Schriesheim im Bild 2023

23.08.2018

Warum ein Schulverbund so schwierig ist

Umliegende Gemeinden zahlen nichts für Schüler am Kurpfalz-Gymnasium – Schriesheim steckt bei diesem Thema in einer Zwickmühle

Von Frederick Mersi

Schriesheim/Bergstraße. Der Diskussionsabend der Grünen Liste zur Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums ist schon fast zu Ende, als Landtagsabgeordneter Uli Sckerl nach kontroversen Debatten eine weitere Alternative ins Spiel bringt: "Wir brauchen einen Schulzweckverband Schriesheim." Andere Gemeinden machten sich "bei vielen Pflichtaufgaben einen schlanken Fuß", kritisiert Sckerl. "Es wird nicht gehen, dass Schriesheim diese Aufgabe allein trägt."

Die Idee ist nicht neu. Schließlich machen Dossenheimer, Hirschberger und Wilhelmsfelder laut Schriesheims Bürgermeister Hansjörg Höfer 40 bis 50 Prozent der Schüler am Kurpfalz-Gymnasium aus. Doch die Stadt steckt seit der Entscheidung zum Bau des Schulzentrums in einer Zwickmühle: Auf der einen Seite wirbt sie laut Höfer aktiv um Schüler aus anderen Gemeinden, um das Gymnasium zu stärken. Auf der anderen Seite bekommt sie dafür von den Nachbarkommunen keinen Cent. Nur das Land zahlt einen Ausgleich von rund 210 Euro pro auswärtigem Schüler. Die zugesagten 6,7 Millionen Euro vom Bund für die geplante Generalsanierung wären eine Premiere.

Bürgermeister Höfer reagierte auf Sckerls Vorschlag gegenüber der RNZ sehr zurückhaltend: "Ich glaube nicht, dass es einen Schulverbund geben wird." Als das Schulzentrum errichtet worden sei, habe Schriesheim auch eine Entscheidung gegen einen Schulverbund getroffen und deshalb Fördermittel vom Land erhalten. Die Nachbargemeinden hätten einen anderen Weg gewählt: "Sie haben zum Teil auch den Preis dafür gezahlt, kein Schulstandort zu sein." Deshalb sehe er kein ernsthaftes Interesse aus den Nachbarkommunen an einer finanziellen Beteiligung.

Hirschbergs Bürgermeister Manuel Just will ein solches Szenario auf Nachfrage nicht unbedingt ausschließen: "Vorstellen kann ich mir grundsätzlich vieles." Es gebe jedoch "schwerwiegende Gründe" gegen einen Schulverbund: Hirschberger Kinder und Jugendliche besuchten "in einer erheblichen Zahl" auch Schulen in Weinheim, Heidelberg und zwischenzeitlich auch Heddesheim. Bei einem Schulverbund mit Schriesheim stelle sich daher die Frage nach der Gleichbehandlung anderer Gemeinden, und: "Das positive Image, das mit einem Schulstandort einhergeht, hätte Schriesheim weiterhin exklusiv für sich", so Just.

Ähnlich sieht das sein Amtskollege Christoph Oeldorf aus Wilhelmsfeld: Viele Schüler aus seiner Gemeinde machen sich morgens nicht auf den Weg nach Schriesheim, sondern nach Neckargemünd und Heidelberg. Würde Wilhelmsfeld einen Schulverbund mit Schriesheim schließen, könnte das auch in anderen Städten finanzielle Begehrlichkeiten wecken.

Doch über lockere Gespräche ist die Diskussion zwischen den Verwaltungschefs in den vergangenen Jahren nie hinausgegangen: "In meiner Amtszeit wurde ein Schulzweckverband noch nicht thematisiert", so Oeldorf. "Eine Abstimmung zwischen den Schulträgern findet derzeit nicht statt." Das bestätigt der Dossenheimer Bürgermeister Hans Lorenz: "Die Frage eines Schulverbundes wurde zwar immer mal wieder angesprochen, aber der Vorschlag wurde nie offiziell von der Stadt Schriesheim an uns herangetragen."

Sollte sich die Weinstadt nun doch dafür entscheiden, müssten alle vier Gemeinderäte der Bildung eines Zweckverbandes zustimmen. Zuvor müssten die Verwaltungen darüber beraten, wer welchen Teil der Kosten an Betrieb und Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums zu tragen hat. Dossenheims Bürgermeister Lorenz hält eine Zustimmung aber für unwahrscheinlich: "Politisch glaube ich, dass es sehr schwierig ist, Argumente zu finden, dass die Frage der Bildung eines Schulverbundes dann diskutiert werden soll, wenn die Schule einen hohen Sanierungsbedarf hat."

Stattdessen verweisen die Verwaltungschefs aufs Land Baden-Württemberg: "Es lässt sich sicherlich trefflich darüber streiten, ob es vor dem Hintergrund der anstehenden Sanierungsaufgaben bei einer Vielzahl von Schulträgern im gesamten Land nicht einer besseren finanziellen Ausstattung dieser Schulträger bedarf", sagt Manuel Just. Eine weitere Alternative: Der Kreis könnte die Trägerschaft für weiterführende Schulen übernehmen. Christoph Oeldorf argumentiert ähnlich: "Eine kreis- oder landesweite Lösung der Problematik ist von kreis- beziehungsweise landespolitischen Entscheidungen abhängig."

Und so nimmt Landespolitiker Sckerl die Nachbarkommunen in die Pflicht, die ihrerseits wiederum das Land in der Verantwortung sehen. Dessen aktuelles Förderprogramm greift aber nicht, weil Schriesheim schon 6,7 Millionen Euro vom Bund bekommt. Währenddessen wirbt die Stadt weiter um Gymnasiasten - und versucht gleichzeitig, die Kosten für eine Generalsanierung zu drücken. Mit 21 Millionen Euro kalkuliert die Kämmerei derzeit. Höhere Summen könnte sich die Stadt laut Rechtsaufsicht derzeit kaum leisten, ohne sich zu übermäßig zu verschulden.

Die Planungen sollen allein etwa 1,5 Millionen Euro kosten. Vor der Sommerpause fand sich nach langer und emotionaler Diskussion eine Mehrheit für die Vergabe im Schriesheimer Gemeinderat. Anfang 2019 sollen die Ergebnisse vorgestellt werden. Doch egal, ob sich die Stadträte dann für eine Generalsanierung entscheiden oder nicht: Auf Geld aus den Nachbargemeinden kann Schriesheim vorerst nicht hoffen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung